Tod im Tower: John Mackenzies erster Fall (German Edition)
ihren Wagen durch den morgendlichen Verkehr.
„Wie geht es Ihnen heute Morgen, John?“, fragte sie teilnahmsvoll.
„Schon etwas besser, danke. Es ist wirklich sehr nett von Ihnen, mich zu fahren.“
„Keine Ursache. Mit Ihrer Hand hätten Sie das heute nicht geschafft.“ Sie manövrierte geschickt in eine enge Parklücke.
John hatte eine exakte Liste erstellt, welche Zutaten er für die Fütterungen der nächsten Tage benötigen würde, nur um festzustellen, dass Joe Cavanaugh, der Besitzer von Cavanaughs Fleisch und Geflügel – frisch auf den Tisch genau wusste, was er brauchte. Der Fleischer lachte über Johns verblüfftes Gesicht.
„Mann, ich habe seit Jahrzehnten das Privileg, das Fleisch und die Eier für die königlichen Raben zu liefern, ebenso wie mein Vater vor mir. Ich kenne mich aus. Und heute gebe ich Ihnen noch einen besonderen Leckerbissen mit.“ Er überreichte John ein längliches Paket, das in braunes Papier eingeschlagen war. „Ein Hase, den habe ich gestern selbst geschossen. Den legen Sie den Vögeln so hin, wie er ist, mit Fell und allem. Sie werden sehen, was die Kerlchen für eine Freude daran haben. Manchmal brauchen die das einfach, das frische Fleisch direkt von den Knochen herunterzufetzen, so wie draußen in der Natur.“ Eingedenk seiner gestrigen Erfahrung konnte John nur zustimmend nicken. Dann wurde der Fleischer ernst.
„Eine Schande ist das mit George. Unsere Polizei ist wirklich noch dümmer, als ich immer geglaubt habe. Wie können die Bullen nur darauf kommen, er hätte diesen Mord begangen?“ Er zog eine Zeitung hinter der Theke heraus.
„Königlicher Rabenpfleger unter Mordverdacht“ – unter der riesigen Schlagzeile prangte ein Archivbild von George, wie er in seiner Beefeater–Uniform vor dem Rabenhaus posierte.
„Und in diesen Schundblättern wird sein Ruf jetzt natürlich in den Dreck gezogen. Junger Mann, ich sage Ihnen, ich kenne George Campbell jetzt seit über zehn Jahren – der Mann ist kein Mörder.“ Erbost warf er die Zeitung hin.
Auf dem Rückweg überflog John den Artikel im Daily Mirror, den Cavanaugh ihnen überlassen hatte. Dann ließ er die Zeitung verwirrt sinken.
„Bis auf die üblichen wilden Spekulationen über Mädchenhändlerringe und Drogenkartelle blablabla steht hier überhaupt nichts drin. Nicht einmal die Sache mit Georges Fingerabdrücken auf dem Rucksack von Julia Feldmann wird erwähnt. Offensichtlich weiß die Presse lediglich, dass George verhaftet wurde, aber nicht, warum. Ich frage mich, weshalb…“ Nachdenklich knetete er seine Unterlippe.
„Aber auch dieser substanzlose Schrott wird von Hunderttausenden gelesen und beschädigt George und seine ganze Familie.“ Frustriert ballte er die Hände zu Fäusten und zuckte gleich darauf vor Schmerz zusammen.
„Wenn wir nur irgendwas tun könnten! Aber so lange sich George weigert, mit seinem Anwalt oder Mullins zu reden, stochern wir nur im Nebel herum.“
„Machen Sie sich keinen Vorwurf. Sie und Chief Mullins tun doch wirklich Ihr Möglichstes. Haben Sie aus unserem Gespräch mit Sid etwas Neues erfahren?“
John seufzte. „Leider nein. Was er gesagt hat, bestätigt die Darstellung von Nigel Owen bis ins Detail. Hm. Ich würde gerne auch mit Marcia und Richard sprechen. Denken Sie, Marcia ist wieder stabil genug, dass ich ihr einige Fragen stellen könnte?“ Bonnie überlegte und schüttelte dann den Kopf.
„Ihr Arzt hat ausdrücklich gesagt, wir sollen sie in Ruhe lassen, da sie immer noch sehr angeschlagen ist. Aber ein Gespräch mit Richard könnte klappen: Ich bin sicher, dass er im Verlauf des Tages herkommt, um seine Mutter zu besuchen. Wie wäre es, wenn ich Sie benachrichtige, sobald er da ist?“
„Eine hervorragende Idee, Bonnie. Der Doc hat mich für heute vom Dienst befreien lassen, also erreichen Sie mich in meiner Wohnung oder im Rabenhaus.“
Bonnie sah ihn belustigt an. „Haben Sie denn immer noch kein Mobiltelefon?“
„Doch. Meine Schwester hat mir eines geschenkt, aber ich kann mich noch nicht daran gewöhnen, es immer bei mir zu tragen. Meistens liegt es irgendwo in der Wohnung oder der Akku ist leer. Ich hasse diese Dinger. Bei der Army musste ich Tag und Nacht eines bei mir tragen, um für Notfälle erreichbar zu sein. Sie können sich vorstellen, dass es kaum einmal etwas Gutes bedeutet hat, wenn es dann geklingelt hat. Seit ich den Dienst quittiert habe, genieße ich den Luxus, nicht mehr überall und immer erreichbar zu
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