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Tod im Weinkontor

Tod im Weinkontor

Titel: Tod im Weinkontor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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kurzen Wams
beugte sich ihr vertraulich entgegen und flüsterte:
»Euer Mann sucht Euch schon den ganzen Tag. Er ist in einer
schrecklichen Laune. Seht Euch vor. Ruft nach mir, wenn Ihr Hilfe
braucht.«
    Elisabeth kicherte und kam sich dabei sehr unfraulich vor. Sie
schlenderte ohne Eile durch die Gänge, Hallen und Korridore,
bis sie vor der Tür zum gemeinsamen Gemach stand. Sie
drückte die Klinke hinunter und betrat die Unterwelt.
     
    »Du Hure, du säufst bei Tage und treibst dich
herum! Ich schlage dich tot!«, schrie Heinrich und holte
zum Schlag aus. Elisabeth glaubte nicht, dass er seine Drohung
wahr machen würde.
    Der erste Schlag traf sie an der Wange, der zweite am Kinn.
Sie taumelte zurück, konnte einfach nicht glauben, was sie
erlebte. Der körperliche Schmerz war viel geringer als der
seelische. Sie weinte. Die Welt verschwamm vor ihren Augen.
    »Du entkommst mir nicht. Du bist immer schon ein
schreckliches Weib gewesen und hast mir meine Rechte verweigert,
aber jetzt ist Schluss!« Er packte sie mit beiden
Händen an den Schultern und schüttelte sie durch.
    »Und du hast den Ehevertrag gebrochen. Wenn wir wieder
zu Hause sind, werde ich dich um Hab und Gut bringen!«,
schrie Elisabeth.
    »Und wie willst du das anstellen?«, höhnte
Heinrich. Seine feisten, blassen Wangen zitterten. »Bei wem
willst du deine Rechte geltend machen? Dein Bruder ist tot, und
seine Witwe hat mir nichts zu befehlen.« Er lachte
böse.
    »Ich werde mich an die Obrigkeit wenden. Oder ich suche
mir einen neuen Vormund. Unser Vertrag ist schriftlich aufgesetzt
und hat Rechtsgültigkeit.«
    »Du willst mir etwas von Rechtsgültigkeit
erzählen! Nein, wie gelehrt ist doch meine Frau.« Er
versetzte ihr eine schallende Ohrfeige. »Ich brauche dein
schäbiges Geld nicht mehr. Mit den guten Geschäften,
die ich hier in London gemacht habe, bin ich endlich
unabhängig. Du bist mir nur noch ein Klotz am Bein. Ich habe
meinen guten Wein zum Vierfachen des üblichen Preises
verkauft. Ich mach jetzt meine Geschäfte allein. Ich hab den
Londonern die nächste Ernte schon aufgeschwatzt. Mein Wein
ist der Beste und Süßeste. Sogar ohne die Honigwaben.
Die hab ich nach der Probe aus den Fässern genommen. Das
reicht denen hier schon. Mir kann niemand das Wasser reichen
– du schon gar nicht!« Eine weitere Ohrfeige traf
Elisabeth.
    Sie sah in sein zornverzerrtes Gesicht und wusste
plötzlich, dass er bis zum Äußersten gehen
würde. Der Hass in seinen Augen hatte kaum mehr etwas
Menschliches. Und da kam ihr ein schrecklicher Gedanke.
    Was war, wenn Anne Unrecht hatte? Wenn ihr Mann nicht Ludwigs
Mörder war? Wenn Heinrich ihn getötet hatte, um den
Ehekontrakt gefahrlos brechen zu können? Aber warum hatte er
sie dann nicht schon sofort nach Ludwigs Tod vergewaltigt? Warum
hatte er sich so lange hinhalten lassen?
    All diese Gedanken schossen ihr zwischen zwei Schlägen
durch den Kopf. Sie spürte Blut auf der Lippe. Blut an der
Nase. Blut tropfte auf ihr hochgeschlossenes Kleid und das
Brusttuch. Heinrich legte die Hände um ihren Hals und
drückte zu. Er war von Sinnen, als ob ein böser Geist
in ihm steckte. »Wo bist du den ganzen Tag gewesen? Hast
bei anderen Männern gesteckt! Du Hure! Ich bringe dich um!
Du Hexe!«
    Elisabeth versuchte, seine Hände wegzudrücken, doch
es gelang ihr nicht. Rote Nebel tanzten vor ihren Augen.
    »Ich habe es satt, dich jeden Tag sehen zu
müssen!«, spie er aus. »Du hast dich immer
für etwas Besseres gehalten. Ich hätte dich niemals
genommen, wenn ich nicht dein Geld gebraucht hätte! Aber
jetzt ist Schluss!«
    Wie viel Hass musste sich im Laufe der Zeit in ihm angestaut
haben! Und dieser Hass machte ihn ungeheuer stark.
    Elisabeth konnte nicht einmal mehr röcheln. Ihr Blickfeld
verengte sich. Schwärze kroch von den Rändern nach
innen. Etwas knackte und krachte. In ihren Ohren rauschte es.
    Etwas durchdrang die dichter werdende Finsternis. Heftige
Bewegungen. Der Druck um ihren Hals verringerte sich.
    »Was willst du, du nichtswürdiger Zwerg!«,
brüllte Heinrich. »Du hast hier nichts
verloren!«
    Elisabeth hustete und hielt sich an der Wand fest. Im Zimmer
stand der linkische junge Mann, mit hochrotem Kopf, und schrie:
»Lasst Eure Frau los, Bonenberg!«
    »Und was ist, wenn ich es nicht tue?«, höhnte
Heinrich, trat aber einen Schritt von Elisabeth zurück.
    »Dann werdet Ihr bereuen, je Hand an sie gelegt zu
haben!«,

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