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Tod im Weinkontor

Tod im Weinkontor

Titel: Tod im Weinkontor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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macht das Haus
Leyendecker wohl mit den lieblichen Weinen von Rhein und Mosel,
doch man hat dort auch ausgezeichnete Franzosen im
Angebot.«
    »Habt Ihr gehört, was Ludwig Leyendecker
zugestoßen ist?«, fragte Andreas.
    »Zugestoßen ist wohl das falsche Wort«,
meinte Zell und trank ebenfalls seinen Pokal leer, füllte
sich aber nicht nach. »Es ist schrecklich. Ich habe
Leyendecker nur wenige Male gesehen, doch mir schien er ein
ruhiger, freundlicher und besonnener Mann zu sein. Nun, man kann
sich täuschen, und manchmal brodelt etwas unter der
Oberfläche, das niemand sieht oder bemerkt.«
    »Wie meint Ihr das?«
    »Ganz allgemein.« Zell sah Andreas scharf an.
»Darf ich jetzt den Grund Eures Besuches
erfahren?«
    Andreas zog das kleine Zauberbuch hervor und hielt es Zell
entgegen. Der Drucker wurde blass. Offenbar hatte er den Band
sofort erkannt. »Was soll ich mit diesem Buch
anfangen?«, fragte er unwirsch.
    »Ich glaube, es hat Euch einmal gehört«,
meinte Andreas.
    »Ich handle nur mit gedruckten Büchern.«
    »Ich habe anderes gehört.«
    »Und wenn schon. Ich erinnere mich nicht an dieses
Buch.«
    »Schlagt es auf und lest ein wenig darin«, meinte
Andreas und stützte die Hände auf den Oberschenkeln ab.
Neugierig sah er Zell an.
    Dieser nahm das Buch mit spitzen Fingern entgegen und
blätterte darin herum. Er räusperte sich.
    »Erinnert Ihr Euch daran?«
    »Ich habe es nie gelesen.«
    »Das glaube ich Euch sogar, aber Ihr habt es von Ulrich
Heynrici, dessen Ruf sicherlich auch zu Euch gedrungen ist, im
Tausch gegen ein Exemplar des ›De Officiis‹
genommen und dann weiterverkauft.«
    Es war Zell deutlich anzusehen, was er gerade dachte: Soll ich
es zugeben und die Gefahr eingehen, vor das bischöfliche
Inquisitionsgericht geladen zu werden? Oder soll ich es
abstreiten? Andreas seufzte. Wie oft mochte die Angst vor der
Inquisition die Wahrheit bereits behindert haben? Konnte man mit
Drohungen überhaupt zum Recht kommen? Andreas entschied
sich, wie bei Heynrici zu verfahren. Da er sich schon einmal
über seine Pflicht dem Bischof gegenüber hinweggesetzt
hatte, fiel es ihm nicht mehr so schwer. »Ihr braucht keine
Angst zu haben. Niemand wird je erfahren, dass Ihr dieses Buch
verkauft habt.«
    Zell sah ihn misstrauisch an und klappte das Buch wieder zu.
Er stand wie angewurzelt da; sein Gesicht war eine einzige
Frage.
    Andreas fuhr fort: »Ich werde Euch nicht anzeigen. Ich
bin kein Hexenschnüffler und kein Handlanger der
Inquisition. Mir geht es nur darum, Licht in das Dunkel um den
Tod von Ludwig Leyendecker zu bringen.«
    »Steht sein Tod in Zusammenhang mit diesem Buch?«,
fragte Zell argwöhnisch und warf einen zweifelnden Blick auf
den kleinen Band in seiner Hand.
    »Es wäre möglich. Angeblich hat er die
schwerste Sünde begangen, die ein Mensch begehen
kann.«
    »Selbstmord?«, fragte Zell und schaute aus dem
Fenster. Er klang erschüttert. »Das… das wusste
ich nicht.«
    »Er hat einen Abschiedsbrief hinterlassen, in dem er als
Grund für seinen Selbstmord angegeben hat, er habe den
Teufel beschworen und darüber tiefste Reue
empfunden.«
    »Hatte er Erfolg?«, fragte Zell rasch.
    »Mit der Beschwörung? Ich weiß es nicht. Um
ehrlich zu sein, weiß ich gar nichts mehr. Aber ich
bezweifle, dass dies der Grund für seine schreckliche Tat
war – wenn es überhaupt seine eigene Tat
war.«
    »Wollt Ihr damit etwa andeuten, dass er – ermordet
wurde?«
    »Ich könnte mir vorstellen, dass ich der Wahrheit
einen Schritt näher komme, wenn ich weiß, wer ihm
dieses Buch untergeschoben hat, denn er selbst wird es wohl kaum
bei Euch gekauft haben.« Er sah Zell auffordernd an. Dieser
drehte sich vom Fenster weg und schaute an dem Geistlichen vorbei
in eine imaginäre Ferne.
    Zell holte tief Luft, als wolle er etwas sagen. Er
öffnete den Mund, schloss ihn wieder. Dann endlich schaute
er dem Geistlichen in die Augen. »Ich muss Euch
enttäuschen. Dieses Buch hat Ludwig Leyendecker vor mehr als
einem Monat bei mir gekauft.«

 
ACHTZEHN
     
     
    Anton Lautensack begleitete Elisabeth auf dem Weg zu ihrer
neuen Freundin und Schwester im Geiste, Anne Palmer. Nun erntete
sie auf der Straße keine bösen oder abschätzigen
Blicke mehr. Elisabeth musste sich ein Lächeln verkneifen.
Sobald ein Milchgesicht von einem männlichen Wesen neben
einer Frau herlief, galt sie als ehrbar, aber wehe, wenn sie
allein unterwegs war. Waren Frauen

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