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Tod im Weinkontor

Tod im Weinkontor

Titel: Tod im Weinkontor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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gemacht hatten.«
    »Hast du sie sehen können?«, fragte Elisabeth
atemlos.
    »Ja. Glaubst du, das ist wichtig?«
    »Wenn du sie deutlich sehen konntest, war das auch
Ludwig möglich«, dachte Elisabeth laut nach. »Er
hat möglicherweise einige der Männer gekannt und
gehört, worüber sie sprachen. Wenn es ihn derart
entsetzt hat, dass er London fluchtartig verlassen hat, ohne sich
von seiner Liebsten gebührend zu verabschieden, muss es
sehr, sehr wichtig gewesen sein.«
    »Ihr wollt damit sagen, dass dieses belauschte Treffen
im Zusammenhang mit dem Tod Eures Bruders steht?«, meinte
Anton, dem deutlich anzusehen war, dass er sich an seiner eigenen
Denkleistung erfreute.
    Anne sah ihn zweiflerisch an. »Das glaube ich kaum. Wer
sonst als mein über alles geliebter Gemahl sollte Ludwig
umgebracht haben?«
    »Haben die Männer bemerkt, dass Ludwig sie
belauscht hat?«, warf Elisabeth ein.
    »Ich weiß es nicht, aber wozu soll das wichtig
sein?«
    Sie mussten unbedingt nach Köln zurück, und zwar so
schnell wie möglich. Doch vorher wollte Elisabeth diesem
Master Foyles und seiner Herberge einen kleinen Besuch
abstatten.
     
    Anton Lautensack begleitete sie, denn es stellte sich heraus,
dass er das Waterstone Inn kannte. Es lag nicht weit entfernt in
der Bush Lane, einer nach Norden abzweigenden Seitenstraße
der Thames Street. Die Herberge war ein altes Fachwerkhaus mit
einem windschiefen Giebel, aber es machte einen recht gepflegten
Eindruck, und der Unrat vor seiner Tür war kaum
größer als vor der Tür eines beliebigen
Wohnhauses. Anton Lautensack führte die beiden Frauen in das
Innere des Wirtshauses, in dem bereits eifrig gezecht wurde, denn
es war inzwischen recht spät geworden. Einige der Gäste
schauten die beiden Damen zwar scheel und begehrlich an, doch
niemand wagte eine böse Bemerkung zu machen. Die Gegenwart
Anton Lautensacks wirkte Wunder.
    Der junge Kaufmann redete auf Englisch mit dem Wirt. Dieser
schaute die beiden Frauen neugierig an, stellte den Humpen fort,
den er soeben füllen wollte, und sagte etwas, das Elisabeth
nicht verstand. Anton kaufte seinen Begleiterinnen je einen
Becher Weißwein – »vom Rhein, gekauft vom
Bonenberg’schen Handelshaus«, wie er stolz sagte
–, und die drei setzten sich an das Ende eines der langen
Tische.
    »Was hat er gesagt?«, wollte Elisabeth wissen. Sie
rührte den Wein nicht an. Anne dagegen nahm einen Schluck
und verzog das Gesicht. Er schien ziemlich sauer zu sein.
    »Es waren Kölner Kaufleute, die am fraglichen Abend
das Gemach an der Rückseite des Hauses für sich
beansprucht hatten«, erklärte Anton. »Der Wirt
weiß nicht, worum es bei dieser Zusammenkunft ging, aber er
war sicher, dass die Handelsherren, fünf oder sechs an der
Zahl, verschiedenen Gewerben angehörten. Es waren wohl auch
ein oder zwei Weinhändler darunter. Angeblich sind sie so
überstürzt aufgebrochen, dass sie zu zahlen vergessen
haben, weswegen Mr. Foyles sehr verstimmt über sie ist. Er
hat versucht, sie im Stalhof aufzutreiben, doch dort musste er
erfahren, dass sie alle nach Köln abgereist waren. Sie haben
sich seitdem nicht mehr hier blicken lassen.«
    »Wir müssen so schnell wie möglich nach
Köln zurück«, sagte Elisabeth entschlossen.
»Dort laufen alle Fäden zusammen.« Sie setzte
den Becher an die Lippen und stürzte den Wein in einem Zug
herunter. Er war wirklich entsetzlich sauer.
     
    Es war Anton, der an diesem Abend auf die passende Idee kam.
Als der Lärm in der Herberge immer stärker zunahm und
sich die drei nur noch brüllend unterhalten konnten, schlug
der junge Mann, der inzwischen Anne genauso eindringlich
anstarrte wie Elisabeth, den beiden vor, sich als Pilgerinnen zu
verkleiden. In diesem Aufzug würden sie an Bord eines jeden
Schiffes gehen können und keinerlei Aufsehen erregen. Anne
und Elisabeth hatten dem sauren, unvermischten Wein heftig
zugesprochen und stimmten dem Plan begeistert zu. Der Alkohol
hatte die dunklen Wolken, die ihre Gemüter verfinstert
hatten, fortgeblasen. Inzwischen erschien ihnen ihre Suche wie
ein großes Abenteuer, in dem es nur Gefahren gab, die man
meistern konnte. Fröhlich schlugen sie die Becher
gegeneinander. Doch in jedem Kelch ist die Neige bitter.

 
NEUNZEHN
     
     
    Die Stadt glitt an ihnen vorbei. Elisabeth stand an der Reling
der Kogge »Saint Bernard of Quaritch« und betrachtete
die vorbeiziehenden Häuser. Sie zog sich die

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