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Tod im Weinkontor

Tod im Weinkontor

Titel: Tod im Weinkontor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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denn keine Menschen? Manche
Theologen erdreisteten sich sogar, die Frage zu stellen, ob denn
Frauen eine Seele haben. Vermutlich versuchten sie, dem von ihnen
verabscheuten Geschlecht das abzusprechen, was ihnen selbst
bereits vor langer Zeit abhanden gekommen war.
    Sogar der Lärm in der Thames Street schien heute
gedämpfter zu sein. Elisabeth warf verstohlene Seitenblicke
auf ihren jugendlichen Retter. Ihm wuchs noch kein Bart, und er
wirkte seltsam fremd in dem gefältelten, zu kurzen Wams und
mit dem schmucken Barett auf dem langhaarigen, leicht
eiförmigen Kopf. Sein Gang war genauso linkisch wie seine
Haltung, und doch wurde er als Mann akzeptiert. Manche der
kleinen Straßenhändler grüßten ihn sogar
unterwürfig. Er nickte höchstens einmal kurz –
nicht aus Herablassung, sondern weil es ihm offenbar peinlich
war, für etwas Besseres gehalten zu werden. Elisabeth war
sehr erstaunt darüber, dass dieser Junge ihren Mann
niedergestreckt hatte. Anscheinend hatte er sich in sie
verliebt.
    »Arbeitet Ihr auch im Weinhandel?«, fragte sie
ihn, während sie am Kirchhof von All Hallows
vorbeigingen.
    Anton räusperte sich und sagte nur: »Ja.«
    »In welchem Kontor seid Ihr beschäftigt?«
    »In dem von… von Hermann Langenhag.«
    »Habt Ihr meinen Bruder gekannt?«
    Anton Lautensack sah Elisabeth innig an. »Ludwig
Leyendecker, nicht wahr?« Anton blieb mitten auf der
Straße stehen. Eine Taube erhob sich mit lautem
Flügelschlag aus einem der Kirchhofbäume und flatterte
dicht über ihren Köpfen davon. »Ich habe davon
gehört. Wir alle haben davon gehört. Es ist
schrecklich«, flüsterte er. »Hat er wirklich mit
dem Teufel…?«
    Elisabeth warf ihm einen vernichtenden Blick zu, unter dem der
arme Anton zusammenzuschrumpfen schien. »Ich bin hier, um
das Gegenteil zu beweisen, und es scheint mir gelungen zu sein,
auch wenn die Auflösung anders war, als ich erwartet
hatte.«
    Anton schaute sie mit großen Augen an. »Ihr jagt
einem Mörder nach?«
    Elisabeth lächelte angesichts seines Erstaunens.
»So kann man es nennen.«
    »Darf ich Euch dabei helfen?«
    »Versprecht Euch nicht zu viel.«
    »Was sollte ich mir denn versprechen?« Anton wurde
rot wie die Sonne am Abend.
    Elisabeth ging mit schnellen Schritten weiter. Anton
bemühte sich, nachzukommen. »Es ist nur so…,
nur, dass…«, stammelte er.
    Inzwischen hatte Elisabeth die Tordurchfahrt zu Palmers Kontor
und Wohnhaus erreicht, trat in das Dunkel und auf den Hof und
lief die wenigen Stufen zum Portal hoch. »Ich danke Euch,
dass Ihr mich hergebracht habt«, sagte sie zu Anton
Lautensack, der am Fuß der Treppe stehen geblieben war.
»Ihr könnt jetzt zurückgehen.«
    »Nein, das kann ich nicht.«
    Elisabeth sah ihn fragend an. »Warum nicht?«
    »Ich habe Euch angeschwindelt. Ich arbeite für
Euren Gemahl, und ich glaube nicht, dass es klug von mir
wäre, in den Stalhof zurückzukehren.« Er richtete
den Blick auf den Boden. »Ich habe mir wohl jede Aussicht
genommen, einmal ein erfolgreicher Kaufmann zu werden. Aber das
wollte ich auch nie. Ich wollte gerne Stadtmusikus
werden.«
    Elisabeth lächelte ihn an. »Dann kommt mit
hinein.«
    Eine Magd mit Buckel führte die beiden zu Anne Palmer in
die Schreibstube des Kontors. Die junge Frau saß über
dicken Stapeln von Papieren und schrieb eifrig mit einem langen
Gänsekiel, den sie immer wieder in das kleine Tintenfass vor
ihr eintauchte. Als sie die beiden Besucher bemerkte, sprang sie
auf und kam ihnen entgegen. Elisabeth und Anne umarmten sich
herzlich, dann sah Anne ihren Begleiter und bedachte ihn mit
einem fragenden Blick. Elisabeth erzählte von dem zweiten
schrecklichen Erlebnis mit Heinrich und lobte ihren jugendlichen
Retter. Anton wurde wieder einmal rot und verneigte sich vor
Anne.
    »Was wollt Ihr jetzt tun?«, fragte der junge
Kaufmann wider Willen die Frauen, nachdem sie sich auf die beiden
einzigen Stühle im Raum gesetzt hatten und er stehen bleiben
musste. Anne berichtete ihm von ihrer Überzeugung, dass ihr
Gatte Ludwig aus Eifersucht ermordet habe, und von ihrer beider
Wunsch, nach Köln zu reisen, da Edwyn Palmer dort
geschäftlich längere Zeit bleiben wolle.
    »Ihr wollt allein nach Köln reisen?«,
wunderte sich Anton Lautensack.
    »Warum nicht?«, hielt ihm Anne entgegen und
lächelte ihn an. Elisabeth bemerkte, dass ihre Freundin
diesen kaum den Kinderjahren entwachsenen Knaben anziehend fand.
Anton jedoch

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