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Tod im Weinkontor

Tod im Weinkontor

Titel: Tod im Weinkontor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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hatte nur Augen für Elisabeth.
    »Könnte es Schwierigkeiten geben?«, fragte
Elisabeth den jungen Mann.
    »Jeder Kapitän wird Euch fragen, woher Ihr kommt.
Allein reisende Damen haben einen, äh, zweifelhaften Ruf.
Außerdem wäret Ihr den Nachstellungen der Matrosen
hilflos ausgeliefert. Und wie wollt Ihr überhaupt an ein
Schiff kommen? Im Stalhof könnt Ihr nicht an Bord gehen,
denn Heinrich wird Euch suchen lassen. Und ich habe keine Ahnung,
welches Schiff von wo an der Themse in Richtung Kontinent ablegt.
Wie Ihr vielleicht wisst, gibt es große Differenzen
zwischen der Insel und der Hanse. Es sind schwierige
Zeiten.«
    Elisabeth und Anne sahen sich an. »Sollen wir warten,
bis dein Mann zurückkommt?«, fragte Elisabeth.
    »Das kann noch Monate dauern«, gab Anne
zurück.
    Monate! Elisabeth stellte fest, dass sie bereits jetzt Heimweh
nach Köln hatte, auch wenn das Leben dort für sie nicht
gerade einfach sein würde, denn von nun an musste sie
Heinrich aus dem Weg gehen und auf eine Möglichkeit sinnen,
wie sie ihren Lebensunterhalt erwirtschaften konnte, falls es ihr
nicht gelingen sollte, die Mitgift von ihrem Gatten
zurückzufordern. Erst jetzt begriff sie, dass heute ihr
ganzes Leben zusammengebrochen war. Einzig der Gedanke daran,
Ludwigs Mörder zu fassen, gab ihr Hoffnung.
    Und da war noch Andreas…
    »Ich will nicht warten, bis Edwyn nach London
zurückkommt«, sagte Anne. »Ich will von hier
verschwunden sein, bevor er mir das Leben in dieser schrecklichen
Stadt wieder zur Hölle macht.«
    Anton sah sie mitfühlend an. »Ihr müsst ein
schlimmes Leben geführt haben«, sagte er zu ihr,
während er in dem kleinen Kontorzimmer auf und ab ging.
    »Manchmal war es sehr aufregend, aber meistens war es
schrecklich«, pflichtete Anne ihm bei. »Erst Ludwig
Leyendecker hat mir wieder Freude am Leben gebracht. Er sagte,
dass auch er eine unglückliche Ehe führe, obwohl er
natürlich unter keinerlei Gewalttätigkeiten zu leiden
hatte. Aber er suchte Zärtlichkeit, und die bekam er bei
seiner Frau nicht.«
    »Wo habt ihr euch eigentlich getroffen?«, fragte
Elisabeth. »Es gibt in Dowgate eine Herberge der besseren
Art, dessen Besitzer Ludwig gut kannte. Immer, wenn er nach
London kam, sind wir ins Waterstone Inn gegangen. Master Dillon
Foyles hat uns ein verschwiegenes Zimmer unter dem Dach gegeben.
Es waren Stunden des Himmels.« Anne lächelte versonnen
und wehmütig, die Anwesenheit Antons hatte sie vollkommen
vergessen. »Ludwig war so zärtlich. Und so
verständnisvoll. Wir waren immer so glücklich nach
unseren Liebesstunden und haben uns schon auf die nächsten
gefreut. Nur beim letzten Mal war es seltsam. Es tut mir Leid,
dass wir so auseinander gegangen sind.«
    Elisabeth lehnte sich auf ihrem Stuhl vor. »Wie meinst
du das?«
    »Bei unserem letzten Gespräch hatte ich nicht mehr
daran gedacht, aber es ist auch nicht wichtig. Es ist nur
traurig, dass wir in Missstimmung voneinander geschieden sind.
Wir konnten ja nicht wissen, dass es für immer war.«
Ihr Blick wurde tränenfeucht.
    »Habt Ihr Euch gestritten?«, wollte Anton wissen,
der sehr neugierig zugehört hatte.
    »Ludwig hat die Herberge fluchtartig verlassen, ohne
mich auch nur in die Nähe meines Hauses zu begleiten. Er
hatte mir gesagt, dass er etwas Schreckliches erfahren habe, als
er zum Abort im Hof ging und an einem offen stehenden Fenster
vorbeikam. Er war so verwirrt, dass er sofort nach Köln
aufbrechen wollte. Wahrscheinlich war es etwas
Geschäftliches.«
    Elisabeth fühlte sich, als würde ihr der Boden unter
den Füßen fortgezogen. Sie erinnerte sich an das
Gespräch mit dem ehrwürdigen Ulrich Heynrici, dem
Ludwig mitgeteilt hatte, dass er in London Schlimmes vernommen
hatte. Lag hier der wahre Grund für den Tod ihres Bruders?
»Was war das, was er mit angehört hat?«, fragte
sie Anne.
    Ihre Freundin sah sie verständnislos an. »Ich
weiß es nicht, aber es ist wohl kaum wichtig. Als ich mich
kurze Zeit vorher ebenfalls erleichtern musste, bin ich auch an
diesem Fenster vorbeigekommen und habe die Männer gesehen,
die dort in dem Zimmer saßen und beim Wein die Köpfe
zusammensteckten.«
    »Hast du hören können, worüber sie
gesprochen haben?«, wollte Elisabeth wissen.
    Anne kratzte sich am Kinn. »Es hat mich nicht
interessiert.
    Ich habe nicht zugehört. Ich weiß nur, dass ich auf
diese Männer böse war, weil sie mir meinen Ludwig
abspenstig

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