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Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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Marie und Victor. Ihre Wohnung ist groß genug. Wir gehen wieder nach Hause, wenn meine Mutter kommt, allein halte ich es da nicht aus.»
    Sie schwieg eine Weile, nur ihr Atem war zu hören. «Martin, kannst du ... kannst du vielleicht kommen? Klar, dein Geschäft, aber lässt es sich nicht einrichten? Bitte, nur für einige Tage. Ich ... ich brauche dich, wir brauchen jemanden, der weiß, was Gaston wollte, wir müssen den Wein machen.»
    «Ich habe auch schon daran gedacht. Ich spreche mit Frau Schnor, ob sie es sich zutraut, jetzt, wo die Saison beginnt, den Laden alleine zu führen. Meinst du, dass eine Woche reicht?»
    Caroline schwieg, Martin sah ihr flehendes Gesicht fast vor sich und befreite sie aus der Verlegenheit: «Ist gut», sagt er beruhigend, «ich komme bestimmt.»
    «Wann sprichst du mit Frau Schnor?»
    «Heute oder morgen, verlass dich auf mich, ich komme! Dann können wir auch klären, wer bei dir im Haus gewesen ist.»
    Das war Caroline nicht so wichtig wie die Gewissheit, dass Martin ihr helfen würde, und sie verabschiedeten sich kurz.
    Martin legte den Hörer zurück und sah sich um. Ein merkwürdiges Gefühl von Unwirklichkeit und Stille ergriff von ihm Besitz. Von draußen drang kein Laut in den Raum, und nur der Rechner unter seinem Schreibtisch brummte leise. Martin stand auf und lief rastlos auf und ab. Er fühlte sich wie ein Hamster im Rad, der nicht von der Stelle kommt. Sein Blick blieb am Schaufenster hängen. Es lagen noch die Sommerweine in der Auslage, dabei klatschte Regen gegen die Fensterscheibe. Die Winterweine waren an der Reihe, die Roten und Schweren, die Fülligen und Warmen, mit richtig viel Tannin zum fetten Gänsebraten.
    Frau Schnor erreichte er erst am Abend, trotzdem kam sie sofort in den Laden. «Wir besprechen das persönlich.»
    Die Nachricht von Gastons Tod war auch für sie ein Schock. Sie mochte seinen Charme, die Art, wie er sie «Madame» nannte und ihr immer ein kleines Geschenk mitbrachte.
    «Natürlich fahren Sie, Herr Bongers. Selbstverständlich werden wir der armen Frau helfen.» Ihre Zuversicht färbte auf Martin ab. «Mein Mann wird zwar Zicken machen, wenn ich so viel arbeite», sie zuckte mit den Schultern, «aber die macht er immer. Und alles Wichtige kann ich Ihnen auf den Laptop umleiten. So, jetzt dekorieren wir das Schaufenster.»
    Frau Schnor schrieb in schnörkeliger Schrift die Preisschilder für die Weine, gemeinsam räumten sie den Laden um, schleppten Kisten, staubten Flaschen ab, dachten sich Sonderangebote aus, und Frau Schnor drapierte die Ladenhüter mit besonderer Sorgfalt. Ihre Unverdrossenheit ließ Martin nicht auf trübe Gedanken kommen, und als sie sich spät am Abend verabschiedeten, bedankte er sich überschwänglich.
    Frau Schnor wiegelte ab. «Wenn das Geschäft der Freundschaft keinen Raum mehr lässt, verliert das Leben seinen Sinn.»
    Den Montagvormittag verbrachte Martin mit Telefonaten, den Nachmittag mit der Auslieferung der in Bordeaux gekauften Crus - das Geschäft hatte sich mal wieder gelohnt, doch zum ersten Mal hatte er dabei so etwas wie ein schlechtes Gewissen. Nicht etwa, weil er den Staat betrog, nein, er erinnerte sich nur daran, dass Gaston ihn gefragt hatte, wann sie damit aufhören würden. Was hatte ihn dazu bewogen?
    Als er wieder zurückkam, empfing ihn Frau Schnor, die das Geschäft um 15 Uhr geöffnet hatte, ein wenig ratlos: «Da waren zwei Herren, die wollten nur von Ihnen bedient werden. Sie haben nach einem ganz bestimmten Wein gefragt. Warten Sie, hier, der Name.» Sie gab Martin den Block. «Haben wir den?»
    Martin fuhr auf und starrte sie an.
    «Was ist? Habe ich es falsch aufgeschrieben?» Sie machte einen Schritt zurück.
    «Sind Sie sicher? War es dieser Wein?» Martin tippte auf das Papier.
    «Ja, ganz sicher, Haut-Bourton.»
    «Was haben die beiden gesagt?»
    «Nun, eigentlich nichts weiter. Sie haben lediglich nach dem Jahrgang 1989 gefragt, und ich habe gesagt, dass nur Sie wüssten, was im Keller liegt.»
    «Waren es Franzosen?»
    «Der eine sprach Deutsch, ohne Akzent, ein unangenehmer Mensch. Man soll ja keine Vorurteile haben, aber als der reinkam, habe ich mich gefürchtet. Da war noch der andere, ein Kleiner, elegant, aber schmierig, der hat nichts gesagt. Mögen Sie Männer mit lackierten Fingernägeln?»
    Frau Schnor blickte auf die Uhr. «Sie müssten jeden Moment wiederkommen, wenn überhaupt. Sie wissen, wie manche Leute sind. Erst spielen sie sich auf, dann sieht man sie

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