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Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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nie wieder. Die beiden waren ... unangenehm, ganz unsympathisch.» Frau Schnor schüttelte sich. «Und so was leistet sich einen Second Cru; ich habe nachgesehen, 115 Euro die Flasche. Teuer, nicht?»
    Martin nickte geistesabwesend. Schon wieder dieser Haut-Bourton. Wieso war auf einmal alle Welt hinter diesem Wein her? Hatte er die Kiste wieder zurückgeräumt?
    Er rannte ins Büro, um den Kellerschlüssel zu holen, und hastete nach unten. Auf dem Tisch mitten im Raum stand noch die Kiste mit den sechs Flaschen Haut-Bourton. Drei nahm er heraus, den Rest packte er oben ins Regal und rannte wieder ins Büro. Die Flaschen versteckte er hinter den Aktenordnern, wie auch die letzte von Gastons Flaschen. Frau Schnor blickte ihm verständnislos nach.
    «Ich erkläre es Ihnen später», japste Martin und lehnte sich an den Tresen, keine Sekunde zu früh.
    Ein silbergrauer BMW mit französischem Kennzeichen fuhr auf den Hof. Martins Herz schlug bis zum Hals. War das der Wagen, den er abends vor dem Gasthaus gesehen hatte?
    Zwei Männer von sehr unterschiedlicher Statur stiegen aus. Der Fahrer mochte an die vierzig Jahre alt sein, er war klein und schlank, trug das glänzende schwarze Haar zurückgekämmt; ein kurz geschnittener Bart umrandete den Mund. Ein mediterraner Typ, wahrscheinlich Korse, schätzte Martin. Behände stieg der Fremde aus, zog ein dunkles Sakko über, rückte die unaufdringlich gemusterte Krawatte zurecht und versuchte durch die Schaufensterscheibe zu sehen. Sein massiger Begleiter stemmte sich vom Beifahrersitz. Der rothaarige Mann war jünger, aber sein Gesicht leicht aufgedunsen und ziemlich blass, er bewegte sich schwerfällig und zog im Gehen den Reißverschluss seiner Lederjacke zu. Herr und Kettenhund, kam Martin in den Sinn. Hatten die beiden seinen Wagen aufgebrochen?
    Der Korse sah Martins Wagen und nickte kaum merklich der Lederjacke zu. Sie gingen auf die Ladentür zu, als ein schwarzer Audi auf den Hof fuhr und ihnen versehentlich den Weg abschnitt. Herr und Kettenhund machten einen Bogen um den Wagen, und es schien ihnen gar nicht zu passen, dass ihnen jemand in den Laden folgte.
    «Herr Bongers?», fragte die Lederjacke, während sein Begleiter sofort die Regale inspizierte. Ohne die Antwort abzuwarten, sprach er weiter: «Sie wurden uns als Spezialist für Bordeaux-Weine empfohlen. Wir suchen ein ganz außergewöhnliches Gewächs von einem der besten Châteaus im Médoc. Es heißt Haut-Bourton. Wir brauchen den Jahrgang 1989. Ihre Angestellte sagte», er deutete mit dem Kopf auf Frau Schnor, «dass Sie den vielleicht haben. Ein hervorragender Tropfen aus einem überdurchschnittlich guten Jahr», fügte er wichtigtuerisch hinzu.
    Ein Kenner drückt sich zurückhaltender aus, dachte Martin und betrachtete die Hände seines Gegenübers. Als Gerüstbauer hätte er ihn sich vorstellen können, als Zimmermann, aber von Wein verstand der Mann nichts. Der Text wirkte einstudiert.
    «Der Wein ist überall ausverkauft. Haben Sie eventuell noch einige Flaschen davon - im Keller? Zufällig?»
    Der Korse interessierte sich ausschließlich für die französischen Weine in den Regalen, zog hier und da eine Flasche heraus und legte sie nach kurzer Betrachtung zurück, aber er hörte genau zu.
    Der weiß, was er sucht, dachte Martin, als er aufblickte und in die kalten Augen des Mannes sah, der ihn verstohlen musterte.
    «Sie sind Franzose?», fragte ihn Martin auf Französisch.
    Der Angesprochene nickte gelangweilt.
    «Einige ältere Bordeaux habe ich wohl noch - im Keller», sagte Martin in seiner Sprache, um ihn ins Gespräch zu ziehen. «Ob ein Haut-Bourton dabei ist, kann ich nicht sagen. Ich habe ihn mal geführt, ja, auch diesen 1988.» Kaum hatte er es ausgesprochen, als er korrigiert wurde.
    «1989!» Die Stimme des Korsen war hart und unnachgiebig. «Und du gehst mit runter und ...», zischte er seinem Begleiter auf Französisch zu.
    Martins Gedanken überschlugen sich. Möglicherweise waren die beiden ganz normale Kunden und sein Verdacht unbegründet. Andererseits konnten sie es gewesen sein, die ihn verfolgt und seinen Wagen aufgebrochen hatten. Er warf einen Blick aus dem Fenster und betrachtete den BMW. Er hatte ihn vor dem Hotel gesehen und war von so einem Typ beinahe gerammt worden. Jetzt fragten sie nach dem Haut-Bourton. Wenn er mit der Lederjacke in den Keller gehen würde, wäre es, als ob man ihn zu einem Grizzlybären in den Käfig sperren würde. Wie weit würden sie gehen, um an

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