Tod in Bordeaux
Bichots Arbeitszimmer nicht mehr zu retten sei. Man hatte zwar einen der besten Restauratoren damit beauftragt, aber die Leinwand war von Glassplittern geradezu zerfetzt - für den Experten ein tragischer Verlust.
«Und weißt du, wen wir in Bordeaux getroffen haben, rein zufällig?», fragte Charlotte lauernd.
«Wenn du so fragst, bleibt nur einer übrig», grummelte Martin. Er zog die Gummistiefel aus, hängte die Drillichjacke über den Stuhl und setzte sich an den Küchentisch, während die Frauen ihre Einkaufstüten auspackten.
«Genau. Monsieur le Commissaire. Er hat ein wenig mehr erzählt, als in den Zeitungen stand. Er war von Anfang an nur hinter dem Korsen her. Durch den Mord an Gaston sind sie auf LaCroix gekommen, dann an den Lagerleiter und über den an Drapeau.»
«Glaubt ihr ihm, ich meine, dem Kommissar?»
Caroline beachtete den Einwurf nicht. «Der Korse heißt in Wirklichkeit Francois Mezzavia. Grivot hatte seine Spur verloren, bis er ihn hier wieder fand. Mezzavia war auf Korsika in Anschläge verwickelt, übrigens dieselbe Handschrift wie bei dem in deinem Laden. Für den Prozess gegen die Separatisten ist er ein wichtiger Zeuge. Aber Grivot meint, er würde eher sterben als reden.»
«Ich hatte die ganze Zeit über das Gefühl, dass er mich an der Nase herumführt», sagte Martin, und Charlotte merkte, dass er sich noch immer darüber ärgerte.
«Grivot blieb nichts anderes übrig. Die Fahndung war geheim, nicht einmal ich durfte etwas davon wissen. Die wollten die Hintermänner ...»
Martin winkte ab. «So wie Fleury? Den haben sie immer noch nicht geschnappt. Da muss Sichel ran, der findet den bestimmt.»
Caroline zog wieder die wattierte Jacke über, es war kalt geworden, und machte sich auf den Weg nach Saint-Émilion, um die Kinder von der Schule abzuholen. Jetzt, im November, musste sie bereits am frühen Nachmittag die Scheinwerfer einschalten.
Martin sah ihr nach, bis die Rücklichter des Wagens in der Dämmerung verschwanden. «Habt ihr über alles gesprochen?»
Charlotte nickte und sprühte sich etwas Eau de Parfum von Dior innen auf ihr Handgelenk und ließ Martin daran schnuppern. «Caroline will auf jeden Fall zurück ins Languedoc. Hier erinnert sie alles zu sehr an Gaston. Sie hat mit ihrem Vater gesprochen. Zusammen werden sie ihre alte Kellerei wieder aufbauen.»
«Dann wird sie uns alles verkaufen?»
«Ja, auch wenn wir nicht alles auf einmal bezahlen können. Das Haus ist nicht so teuer, aber der Weinberg, bei dem Wert, den Gastons Weine mittlerweile haben.»
«Ich verkaufe das Haus in Frankfurt, außerdem bekomme ich das Geld von der Versicherung, da kommt einiges zusammen. Und wenn wir es uns teilen ...»
«50 Prozent für jeden von uns, vom Land und dem Haus, Martin, wir machen einen Vertrag. Und wenn dann noch meine Eltern ihr Land beisteuern ...»
«Sichel bringt einen Entwurf mit», unterbrach Martin und fasste sich an den Kopf: «Verdammt, fast hätte ich es verschwitzt, ich muss zum Flughafen ...»
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