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Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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fühlte Martin sich sicher. So würde niemand etwas gegen ihn unternehmen.
    Garenne hielt vor einem langen, flachen Gebäude. «Wir sehen uns jetzt die Keller an. Es wird Sie erstaunen, dass wir die alkoholische Gärung, also die Umwandlung des Zuckers in Alkohol, nach wie vor in großen Eichenfässern durchführen. Sie sind seit Jahrzehnten in Gebrauch, der Wein wird dadurch authentischer.»
    Was mag Grivot sich darunter vorstellen?, fragte sich Martin und zog auf der Treppe zum Gärkeller den Kopf ein, aber es war überflüssig. Sie traten in einen hohen, langen und hell erleuchteten Raum. In drei Reihen standen die lackierten, von schwarz glänzenden Fassreifen zusammengehaltenen Bottiche auf gemauerten Podesten. Sie reichten bis knapp unter die Decke, der Zwischenraum war jedoch so groß, dass sie von oben gefüllt werden konnten.
    Garenne trat an den elektronischen Melder für Kohlenmonoxid. «Früher ging man mit einer Kerze in den Keller, Monsieur Grivot. Wenn sie verlöschte, wusste man, dass es tödlich enden konnte. Unsere modernen Geräte lösen Alarm aus, aber wir sorgen sowieso für die entsprechende Belüftung.»
    Martin war beeindruckt. Eine derartige Professionalität hätte er Garenne nach seinem überheblichen Auftritt beim Dinner nicht zugetraut, auch wenn bereits Château Clairmont einen guten Eindruck gemacht hatte. Falls Garenne hier tatsächlich das Kommando führte, dann war an seiner fachlichen Kompetenz wenig auszusetzen. Nur -weshalb ließ er Moulin de la Vaux dann so verkommen?
    Im Barriquekeller blieb Grivot fasziniert stehen, ihm klappte der Unterkiefer herunter, was Garenne nicht entging. Voller Stolz betrachtete dieser die Reihen von Eichenfässern, die bei der festlichen Beleuchtung matt cremefarben schimmerten. Im Raum hing der leichte Duft von Holz und Wein. Über allem lag die feierliche Stille einer gotischen Kathedrale, es fehlten nur Weihrauch und die Litanei eines Priesters.
    Na, dafür haben wir ja Garenne, dachte Martin, den diese Szenerie kaum noch beeindruckte. Probieren - ja, aber Kellerbesuche? Er konnte Jacques gut verstehen, der es satt hatte, dauernd in der Kälte zu arbeiten. Als Garenne bemerkte, dass Martins Blick ihm und nicht der Umgebung galt, bekam sein Mund wieder einen verächtlichen Zug: «Das sind weit mehr als 1000 Fässer, alle zu je 225 Litern, zwei Jahrgänge Haut-Bourton, dazu kommen noch die für unseren Zweitwein, für den wir die Trauben unserer jungen Rebstöcke und gebrauchte Fässer verwenden. Alles Eiche aus den Wäldern von Limoges ... Aber das wird Ihnen wenig sagen.»
    «Wir haben mit Fässern aus Allier die besten Ergebnisse erzielt», warf Martin beiläufig ein.
    «Ach, was Sie nicht sagen? Die hat sicher Ihr verstorbener Freund eingeführt. Madame Latroye sollte verkaufen -dann könnten Sie sich auch Ihren Aufgaben in Deutschland besser widmen.»
    Eindeutiger ging es nicht, Garenne wünschte ihn möglichst weit weg - und Caroline sollte verkaufen. Also steckte er mit Fleury unter einer Decke.
    Garenne wandte sich brüsk ab, schleifte Grivot durch die Reihen der Barriques und setzte seinen Vortrag fort. Immer wieder zielten seine Äußerungen darauf ab, Martins Kompetenz in Frage zu stellen. Ein Deutscher könne unmöglich die französische Philosophie des terroir verstehen, das Zusammenspiel von Boden, Klima und Landschaft; ein Laie wie Martin könne niemals den richtigen Zeitpunkt wählen, um den Wein zum langfristigen Ausbau in Eichenfässer umzufüllen. Schließlich kam Garenne zum Ende.
    «Unsere kleine Führung soll nicht in der Theorie stecken bleiben, Messieurs. Wein, das ist etwas Konkretes, im Moment des Degustierens liegt die Wahrheit. Wir werden jetzt probieren.»
    Da hast du verdammt Recht, dachte Martin und erinnerte sich an den Abend, als er den gefälschten Haut-Bourton verkostet hatte. Sie kehrten an die Erdoberfläche zurück und gingen zum Probenraum.
    «Wo haben Sie das Verkosten gelernt, Monsieur Martin?» An dem wuchtigen Holztisch blieb Garenne stehen und betrachtete die darauf aufgereihten Flaschen. Pappmanschetten waren über die Etiketten gezogen, Hals und Schulter der Flaschen jedoch blieben frei.
    «Ich möchte es Ihnen nicht zu einfach machen», erklärte Garenne, bevor Martin auf seine Frage eingehen konnte. «Es sind vier Crus und vier Zweitweine, alle aus den neunziger Jahren. Mehr verrate ich nicht.» Er nahm einen Block mit selbst klebenden Etiketten, schrieb Nummern von eins bis acht darauf und drückte sie

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