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Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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leicht auf die Manschetten.
    «Was ist in diesen wunderbaren Wandschränken?» Grivot machte aus seiner Neugier keinen Hehl und musterte interessiert das Mobiliar.
    Garenne, in jedem Moment darauf bedacht, sich in Szene zu setzen, schloss einen der Schränke auf. «Silber und Kristall. Kühler für Champagner, Karaffen, Leuchter, zusammengetragen aus ganz Frankreich, das Château gehört unserer Familie allerdings erst seit etwas mehr als 60 Jahren.»
    Grivot reckte sich, um die glänzenden und funkelnden Schätze besser in Augenschein nehmen zu können. «Ein Vermögen, alles Antiquitäten und alles echtes Silber?» Als er merkte, dass Garenne kurz davor war, unleidlich zu werden, fügte er noch hinzu: «Ich meine das als Feststellung - nicht als Frage.»
    Martin langweilte sich. Er hatte zu viele Châteaus gesehen, diese Sachen begeisterten ihn schon längst nicht mehr. Oft genug gehörte eh schon alles der Bank. Und wie war das hier? Bislang hatte Sichel sich nicht gemeldet.
    «Monsieur Grivot. Wenn Sie um 18 Uhr wieder in Bordeaux sein wollen, dann sollten wir uns beeilen. Lassen Sie uns anfangen.» Martin griff nach einem Glas.
    «Ach, solche Sachen bekommt man nicht alle Tage zu Gesicht. Und sie sind wirklich gut versichert, Monsieur Garenne?»
    «Es kostet mich zumindest einen Haufen Geld.»
    «Wir könnten Ihnen ein Angebot unterbreiten, dazu müssten wir jedoch genau ...»
    «Etablieren Sie sich erst einmal, Monsieur, ganz in Ruhe. Dann sehen wir weiter. Man trifft sich immer wieder. Wenn ich Ihnen einen Tipp geben darf, sozusagen als Alteingesessener: Seien Sie vorsichtig. Bordeaux kann für einen Neuling gefährlich sein, Fangeisen und Fallstricke, wohin sie blicken, und zack - holen Sie sich eine blutige Nase.» Während dieser Worte drehte Garenne sich zu Martin um. Aus seinem Gesicht war jede Verbindlichkeit gewichen.
    «Wenn Sie Rat brauchen, Verbindungen suchen, Monsieur Grivot, dann kommen Sie erst einmal zu mir. Sie gefallen mir, Sie haben Humor, ich kann Sie mit wichtigen Leuten bekannt machen. Ach, Monsieur Martin, was ich Sie noch gar nicht gefragt habe: Wie geht es mit dem Pechant voran? Haben Sie sich nicht ein bisschen weit vorgewagt, so ganz allein?»
    «Im jetzigen Stadium kann ich nicht viel sagen», antwortete Martin gelassen, die Provokation überhörend. «Die Trauben waren ausgereift, extraktreich, Zuchthefe haben wir nicht verwendet. Sie wissen selbst am besten, wie es ist. Die Gärung ist durch, ich bin absolut zufrieden ... ich lasse den Wein noch einige Tage auf der Maische.» Das alles war unverfänglich, kein Hinweis, der auf jeden anderen Wein nicht auch zutreffen würde.
    Ein wenig verschnupft füllte Garenne die Gläser. Das Probieren verlief in aller Stille. Martin schrieb die Nummern der Weine auf und machte sich dazu Notizen. Garenne behagte das Schweigen nicht. Er platzte mit seiner Frage heraus: «Haben Sie mit Ihrem verstorbenen Freund auch mal den einen oder anderen Cru aus meinem Haus probiert? Auf einer Auktion vielleicht oder im Frühjahr, wenn wir die neuen Jahrgänge für die Subskription vorstellen?»
    Wollte Garenne herausbekommen, ob er den gefälschten Haut-Bourton kannte und ihn vom Original unterscheiden konnte? Martin beschloss, ihn zappeln zu lassen. «Nein, das heißt ja. Zusammen nie. Aber jeder für sich schon.» Sollte Garenne darunter verstehen, was er wollte. «Ich hatte bis vor kurzem einen Ihrer Weine im Sortiment, den von 1989, davon habe ich die letzten Flaschen vor kurzem verkauft - an zwei Franzosen, komisch, nicht?»
    «Das ist nicht ungewöhnlich. Franzosen kennen diese Weine besser als Ihre Landsleute und wissen sie zu schätzen.»
    «Merkwürdig fand ich nur, dass ich einen der Herren auf Château Clairmont wieder gesehen habe, er ist dort Geschäftsführer. Clairmont gehört auch Ihnen, nicht wahr?»
    «Da haben Sie sich ja bereits umgesehen, wie man mir berichtet hat.» Garenne drehte sich zur Seite und stieß mit dem Ellenbogen ein Glas vom Tisch, das in hundert Splitter zerbrach.
    Der Kommissar blieb neben seinem Wagen stehen und betrachtete das Château. «Der Mann ist kindisch.»
    «Wieso das?» Martin wollte möglichst rasch zurück nach Saint-Émilion, in eine normale Umgebung, zu vernünftigen Menschen. Er fand Garenne und seine Welt unerträglich, seine falsche Höflichkeit widerlich. Gleichzeitig machte ihn seine eigene Hilflosigkeit, irgendetwas in die Hände zu bekommen, mit dem er Garennes Schuld an Gastons Tod beweisen konnte,

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