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Tod in den Anden

Tod in den Anden

Titel: Tod in den Anden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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der Schirmherrschaft der FAO und Hollands stand und dessen erste Ergebnisse sie jetzt überprüfen wollten. Es war ein Sieg, den sie beide vor einigen Monaten in einem chinesischen Restaurant in San Isidro gefeiert hatten. Fast vier Jahre Anträge, Memoranden, Vorträge, Artikel, Briefe, Verhandlungen, Empfehlungen. Bis sie es geschafft hatten. Die Sache war in Gang. Statt sich auf Weide- und Subsistenzwirtschaft zu beschränken, begannen die Indios der Gemeinschaften mit Bäumen zu arbeiten. Wenn die Mittel die gleichen blieben, würden in einigen Jahren erneut dichte Wälderaus Queñua-Bäumen den Höhlen voller magischer Inschriften und Zeichnungen Schatten spenden; wenn der Frieden wiederhergestellt wäre, könnten Archäologen aus aller Welt kommen und diese Botschaften der fernen Vorfahren entziffern. Es war nötig, daß mehr Länder und Stiftungen Geld gaben. Mehr Entwicklungshelfer wurden gebraucht, die den Bauern beibrachten, zum Kochen und Heizen Tiermist statt Holz zu verwenden; eine Forschungsstation war erforderlich, mindestens zehn Baumschulen mehr mußten eingerichtet werden. Und schließlich . . . Obwohl Señora d’Harcourt eine praktische Frau war, ließ sie sich bisweilen von der Phantasie fortreißen und bog die Wirklichkeit, die sie gleichwohl bestens kannte, weil sie sich ihr halbes Leben lang mit ihr herumgeschlagen hatte, ihren Wünschen gemäß zurecht.
    Sie kamen kurz nach Mittag in Huancayo an und machten Rast, um eine Kleinigkeit zu essen und damit der Fahrer tanken und den Motor und die Reifen des Jeeps überprüfen konnte. Sie gingen in ein Restaurant, an einer Ecke des Platzes.
    »Fast hätte ich den spanischen Botschafter überzeugt mitzukommen«, erzählte Señora d’Harcourt dem Ingenieur. »Er konnte nicht, weil ich weiß nicht was für eine Delegation aus Madrid eingetroffen ist. Er hat mir versprochen, daß er das nächste Mal mitkommen wird. Und daß er Schritte unternehmen wird, um zu sehen, ob die spanische Regierung uns hilft. Auch dort kommt die Ökologie allmählich in Mode, scheint es.«
    »Ich würde zu gern mal Europa kennenlernen«, sagte Cañas. »Der Großvater meiner Mutter stammte aus Galicien. Ich muß Verwandte dort haben.«
    Während des zweiten Teils der Strecke konnten sie sich kaum unterhalten, so heftig schlingerte und holperte der Jeep auf der zerstörten Straße. Die Löcher und Einbrüche zwischen Acostambo und Izcuchaca waren derart groß, daß sie daran dachten, umzukehren; obwohl sie sich an den Sitzen und an der Decke festhielten, wurden sie in den Schlaglöchern gegeneinander geworfen und fast aus dem Fahrzeug geschleudert. Der Fahrer amüsierte sich: »Achtung! Wilder Stier in Sicht!« krähte er. Sie kamen im Dunkeln in Huancavelica an. Es war kalt, und sie hatten sich Pullover, Wollhandschuhe und Schals angezogen.
    Im Hotel de Turistas erwartete sie der Präfekt, der Instruktionen aus Lima erhalten hatte. Er wartete, bis sie geduscht hatten, und lud sie im Hotel zum Essen ein. Dort fanden sich auch die beiden Techniker des Ministeriums ein, die sie begleiten sollten. Und es erschien der Kommandant der Garnison, ein junger Mann mit sauber gestutztem Schnurrbart. Er grüßte militärisch und gab ihnen die Hand.
    »Es ist eine große Ehre, eine so wichtige Person zu empfangen, Señora«, sagte er, nachdem er sich die Dienstmütze abgenommen hatte. »Ich lese immer Ihre Seite in El Comercio. Und ich habe Ihr Buch über den Callejón de Huaylas gelesen. Schade, daß ich es nicht bei mir habe, damit Sie es mir signieren können.«
    Er kündigte ihnen an, daß die Patrouille sich bereit halte; sie könnten die Tour um sieben Uhr morgens beginnen.
    »Eine Patrouille?« Señora d’Harcourt warf dem Ingenieur einen fragenden Blick zu.
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, daß wir keine Eskorte wollen«, sagte dieser, an den Präfekten gewandt.
    »Und ich habe es so an den Kommandanten weitergeleitet«, erwiderte der Präfekt, die Schultern zuckend. »Aber ich bin hier nicht am Ruder. Hier ist Notstandsgebiet, die Gegend untersteht dem Oberbefehl der Armee.«
    »Es tut mir sehr leid, Señora, aber ich kann nicht zulassen, daß Sie das Gebiet ohne Schutz betreten«, erklärte der Kommandant. Er bemühte sich, liebenswürdig zu sein. »Es ist gefährlich, die Subversiven nennen es ›befreites Territorium‹. Zu große Verantwortung für mich. Ich versichere Ihnen, die Patrouille wird sich in nichts einmischen.«
    Señora d’Harcourt seufzte und tauschte mit dem

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