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Tod in den Anden

Tod in den Anden

Titel: Tod in den Anden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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um die Setzlinge der Queñua-Bäume zu holen, die sie um ihre Saatfelder und am Ufer von Seen und kleinen Flüssen pflanzten. Das Zentrum der Gemeinschaft mit dem Kirchlein aus Ziegelsteinen und seinemstumpfen Turm, der kleinen Schule aus Lehm und dem mit unbehauenen Steinen gepflasterten Platz lag halbverlassen da. Aber der Bürgermeister und die Stadträte, mit ihren Amtsstäben ausgestattet, führten sie durch die Baumschule, die in gemeinschaftlicher Arbeit errichtet worden war. Sie schienen begeistert über das Aufforstungsprogramm zu sein. Sie sagten, bislang hätten die Bauern der Gemeinschaft hoch in den Bergen gelebt, in großer Entfernung voneinander, aber wenn die geplante Zusammenlegung Wirklichkeit würde, dann könnten sie alle Strom und Trinkwasser erhalten. Im schwächer werdenden Licht konnte man das weite Land mit den großen Flecken der Saatfelder sehen und ein felsenhartes Gelände, das anstieg, bis es sich in den Wolken verlor. Der Ingenieur Cañas atmete tief und breitete die Arme aus:
    »In dieser Landschaft verschwindet meine Lima-Neurose!« rief er begeistert. »Geht es Ihnen nicht auch so, Señora? Wir hätten uns irgendein Fläschchen mitnehmen sollen, gegen die Kälte.«
    »Wissen Sie, wann ich diesen Anblick zum ersten Mal genossen habe? Vor fünfundzwanzig Jahren. Von der gleichen Stelle aus, wo Sie jetzt stehen. Ist es nicht wunderbar?«
    Neben der Baumschule lag ein Rancho, in dem man essen konnte. Der Ingenieur und Señora d’Harcourt waren andere Male dort abgestiegen und würden es auch dieses Mal tun. Aber die Familie von einst war auf eine alte Frau zusammengeschrumpft, die ihnennicht erklären konnte, wohin ihre Verwandten gegangen waren und warum. Die Hütte war leer, mit Ausnahme einer kleinen Pritsche. Die Frau blieb stumm und machte sich zu schaffen, schürte das Feuer, rührte im Topf und wandte ihnen den Rücken zu. Der Bürgermeister und die Stadträte kehrten nach Hause zurück. Sie blieben allein im Zentrum der Gemeinschaft zurück. Die beiden Wächter der Baumschule hatten sich in ihrem Häuschen eingeschlossen, nachdem sie eine eiserne Querstange heruntergelassen hatten. Das kleine, mit Bambusrohr umzäunte Gehege, das Señora d’Harcourt mit Schafen und Hühnern erinnerte, war leer, und die Pflöcke waren herausgerissen. Zwischen den Strohballen des Daches flatterte an der Spitze eines Stockes ein ausgefranstes rotes Tuch.
    Als der Ford mit dem Präfekten und den Technikern in Huayllarajcra eintraf, funkelten die Sterne an einem tiefschwarzen Himmel. Der Ingenieur und Señora d’Harcourt packten aus. In einer Ecke der Hütte hatten sie ihre Schlafsäcke ausgebreitet, sie hatten die Kissen aus Gummi aufgeblasen und waren dabei, auf einem tragbaren Spirituskocher Kaffee warm zu machen.
    »Wir glaubten schon, Sie hätten einen Unfall gehabt«, sagte der Ingenieur zur Begrüßung. »Ich wollte gerade los, um Sie zu suchen.«
    Aber der Präfekt war ein ganz anderer Mensch geworden; der gefällige, freundliche kleine Mann vonHuancavelica schäumte vor Wut. Sie hatten eine Reifenpanne gehabt, in der Tat, aber das war es nicht, was ihn rasend machte.
    »Wir müssen sofort zurück«, befahl er, während er ausstieg. »Wir können hier nicht die Nacht verbringen, auf keinen Fall.«
    »Trinken Sie einen Kaffee, essen Sie einen Keks und bewundern Sie die Aussicht«, beruhigte ihn der Ingenieur. »Diesen Anblick haben Sie nirgendwo auf der Welt. Kommen Sie, regen Sie sich nicht auf.«
    »Begreifen Sie denn nicht?« Der Präfekt hob die Stimme; sein Kinn zitterte, und er blinzelte mit den Augen, als sei er geblendet. »Haben Sie nicht die Inschriften, die Parolen auf dem ganzen Weg gesehen? Weht da nicht eine rote Fahne über unseren Köpfen? Der Kommandant hatte recht. Es ist tollkühn. Wir können uns nicht so in Gefahr bringen. Und Sie weniger als jeder andere, Señora.«
    »Wir sind wegen einer Arbeit hergekommen, die nichts mit Politik zu tun hat.« Sie versuchte ihn zu beruhigen.
    »Aber wenn Sie sich unsicher fühlen, dann kehren Sie ruhig in die Stadt zurück.«
    »Ich bin kein Feigling.« Der Präfekt hatte eine veränderte Stimme, sie überschlug sich. »Es ist einfach leichtsinnig. Wir sind in Gefahr. Wir können hier nicht die Nacht verbringen. Weder ich noch die Techniker, noch der Ingenieur. Hören Sie auf mich, lassen Sie uns zurückfahren. Wir können mit der Patrouillewiederkommen. Bringen Sie die Leute nicht in dieser Weise in Gefahr, Señora.«
    Der Ingenieur

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