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Tod in der Marsch

Tod in der Marsch

Titel: Tod in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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noch heiß geduscht, hatte sich aber aus
Rücksichtnahme auf seine Vermieterin nicht getraut, zu dieser Stunde das Wasser
laufen zu lassen.
    Er war von einer inneren Unruhe gepackt, die ihn so
aufwühlte, dass er sich auf seiner Matratze hin und her wälzte. Mehrfach hatte
er zu einem Buch gegriffen, versucht, sich mit Lesen abzulenken, und gehofft,
dass ihn dabei der ersehnte Schlaf überkommen würde, aber sein sich ständig
weiterdrehender Verstand ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. So hatte er die
Lektüre wieder aus der Hand gelegt, nachdem ihm bewusst geworden war, dass er
keine Zeile des Gelesenen aufgenommen hatte – um kurze Zeit später mit der
gleichen Prozedur erneut zu beginnen.
    Es war noch dunkel, als er sich mühsam aus seinem Bett
quälte und ins Badezimmer wankte. Im Spiegel sah er sein müdes Gesicht, das
eine Farbe angenommen hatte, als wäre es von einem Maskenbildner kunstvoll mit
grauer Asche geschminkt worden.
    Das also war Heiligabend!
    Zum Morgen empfand er die ausgedehnte heiße Dusche als
wohltuend, musste aber feststellen, dass alle weiteren Bemühungen im Bad ohne
sichtbaren Erfolg blieben.
    Mit leerem Magen stapfte er, die Hände tief in seine
Winterjacke vergraben, den Kopf durch eine Baseballkappe notdürftig geschützt,
zur Dienststelle zurück. Das Angebot seiner Wirtin, ihm ein Frühstück zu
servieren, hatte er dankend abgelehnt. Er hätte das Geschwätz der alten Dame
und ihre wie immer neugierigen Fragen nicht ertragen können.
    Es schneite immer noch. Der Schnee war jetzt liegen
geblieben und bildete eine durchgehend weiße Decke. Beim Öffnen der Tür seines
Büros drang der aromatische Duft heißen Kaffees in seine Nase. Erstaunt
registrierte er, dass Große Jäger und Mommsen schon anwesend waren.
    Der Oberkommissar saß an seinem Schreibtisch, hatte
seine schneenassen Füße wie gewohnt auf der Schublade seines Schreibtisches und
kümmerte sich nicht im Mindesten darum, dass die Feuchtigkeit von seinen
Schuhen in das Möbelstück hineintropfte. Er rauchte. Mit seiner linken Hand
hielt er einen Becher, an dem außen getrocknete Spuren darauf hinwiesen, dass
dieses Trinkgefäß schon seit geraumer Zeit nicht mehr abgespült worden war.
    Gelegentlich nahm er laut schlürfend einen Schluck
dampfenden Kaffee zu sich.
    Mommsen stand in der Ecke des Raumes und war damit
beschäftigt, Tee aufzubrühen. Er sah kurz über die Schulter zu Christoph und
ließ ein knappes »Moin« hören, während Große Jäger außer einem leichten
Kopfnicken dem Eintretenden keinen weiteren Gruß entbieten wollte.
    Auf der Ecke des Schreibtisches stand ein Tablett mit
belegten Brötchen.
    Fragend zog Christoph die Augenbraue hoch, bevor
Mommsen zu erklären begann: »Die hat Karlchen uns zubereitet. Er meint, wenn
wir uns hier schon die Nächte um die Ohren schlagen und selbst am Heiligabend
zum Dienst müssen, sollten wir wenigstens etwas Handfestes zum Frühstück
haben.«
    Christoph nahm eines auf die Faust, lehnte den Kaffee
ab und trank stattdessen einen Becher Tee, den Mommsen meisterlich aufzubrühen
wusste.
    Dann rief Christoph die Bereitschaft an und bat darum,
dass von Dirschau aus seiner Zelle zu ihnen ins Büro gebracht würde. Kurz
darauf rief der Dienst habende Beamte zurück und erklärte, dass es noch einige
Minuten dauern würde, da Herr von Dirschau gerade sein Frühstück zu sich nähme,
das er sich auf eigene Kosten aus einem nahe gelegenen Hotel hatte kommen
lassen.
    Große Jäger wollte gerade aufspringen und murmelte
etwas von »diesen Service werde ich schon selbst übernehmen«, doch Christoph
besänftigte ihn.
    Zehn Minuten später wurde der Mann hereingeführt.
    Von Dirschau war gewaschen und rasiert, konnte aber
die Spuren, die diese Nacht auch bei ihm hinterlassen hatte, nicht verbergen.
    Er nahm auf dem Stuhl vor Christophs Schreibtisch
Platz.
    Christoph erklärte ihm noch einmal die gegen ihn
bestehenden Verdachtsmomente, machte ihn auf seine Rechte aufmerksam und wies
zudem darauf hin, dass ihm jederzeit das Recht auf anwaltlichen Rat zustehen
würde.
    Der Gutsbesitzer lehnte ab.
    »Liegt Ihnen denn schon ein Ergebnis aus Freiburg
vor?«, wollte von Dirschau wissen.
    »Hier fragen nur wir«, gab ihm Große Jäger barsch zur
Antwort.
    »Also nicht.«
    Von Dirschau saß auf dem Stuhl, hatte die Beine
übereinander geschlagen, die Hände vor der Brust verschränkt und sah
interessiert in die Runde.
    Christoph fasste noch einmal den bisherigen Stand der
Ermittlungen

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