Tod in der Walpurgisnacht
Kindern. Sie hatten sich zu Hause aufgehalten, waren aber auch zum Großeinkauf in den Supermarkt gefahren.
Dann hatten sie am Abend zusammen mit guten Freunden, die auf Mysingsö wohnten, Walpurgis gefeiert. Claesson und Jasinski bekamen Namen und Adresse dieser Freunde, und Sofia betonte, dass deren Haus neu und sehr schön sei. Dieses Mysingsö, dachte Claesson bei sich, scheinbar wollten plötzlich alle dort wohnen. Es war da ziemlich viel gebaut worden, exklusive Einfamilienhäuser mit viel Glas und Terrassen und großen offenen Grundstücken, die natürlich sehr schön auf der südlichen Halbinsel vor der Stadt lagen. Mit dem Fahrrad war es ein wenig weit, aber sonst kein schlechter Ort zum Wohnen.
Sofia Skoglund-Bladh und ihre Familie hatten also das Maifeuer gesehen, das auf einem Floß im Wasser entzündet worden war, und waren dann mit den im Auto schlafenden Kindern nach Döderhult zurückgefahren.
»Ich bin gefahren«, sagte sie und wollte damit sagen, dass sie im Verlauf des Abends keinen Alkohol getrunken hatte. Sie war also in keiner Weise in die Ereignisse in Hjortfors verwickelt, das war ganz offensichtlich.
»Hatten Sie während dieser Tage Kontakt zu jemandem aus Ihrer Familie?«, fragte Jasinski.
»Nein.«
»Haben Sie seither mit Ihrer Mutter gesprochen?«
»Ja, gestern«, sagte Sofia Skoglund-Bladh.
Jasinski nickte.
»Gibt es etwas Besonderes, worüber Sie und Ihre Mutter nachdenken?«
»Ja«, antwortete sie ein wenig hitzig und sah zum ersten Mal etwas mitgenommen aus. »Natürlich haben wir darüber gesprochen, wer etwas derart Bestialisches getan haben könnte«, erwiderte sie mit Tränen in den Augen. »Das ist doch grotesk, auf einem Scheiterhaufen zu verbrennen!«
Sie holte tief Luft, ihr Atem stockte, und die Tränen liefen.
»Entschuldigen Sie«, sagte sie und wischte sich mit dem Handrücken über die Wange.
Kein Grund sich zu entschuldigen, dachte Claesson. Jasinski wartete.
»Wir bemühen uns herauszufinden, was geschehen ist«, sagte Jasinski dann und machte eine kurze Pause. »Haben Sie irgendeine Idee, wer Ihrem Vater das hätte antun können?«, fragte sie und beugte sich vor.
Sofia Skoglund-Bladh starrte sie verzweifelt an.
»Nein«, sagte sie in bestimmtem Ton, und ihr Gesicht schien weiß zu werden. »Ich habe wirklich keine Ahnung. Papa war alt und krank, soweit ich weiß, hatte er keine Feinde, aber es ist auch lange her, seit ich in Hjortfors gelebt habe.«
»Wann haben Sie Ihren Vater zuletzt gesehen?«, mischte sich Claesson ein.
Sofia Skoglund-Bladh dachte nach.
»Das ist über einen Monat her. Wir fahren inzwischen nicht mehr so oft dorthin«, sagte sie. »Aber ich habe ungefähr einmal in der Woche oder vielleicht jede zweite Woche mit ihm telefoniert.«
Es war keineswegs unnormal, wenn man mit um die dreißig eher spärlichen Kontakt zu seinen Eltern hatte, dachte er.
»Und wann haben Sie ihn das letzte Mal angerufen?«
Sie musste wieder nachdenken.
»Ich denke, es war Montag vorige Woche. Er hatte nach dem Mittagessen kurz in der Glashütte vorbeigeschaut. Manchmal ging er dorthin, obwohl er ja pensioniert war. Er saß gern dort und schaute den Arbeitern zu. Glas ist sein Leben gewesen.«
Claesson plante, die Glasfabrik am folgenden Tag zu besuchen, vielleicht auch schon heute. Lundin wollte sich darum kümmern.
»Wie würden Sie Ihre Beziehung zu Ihrem Vater beschreiben?«, fragte Claesson.
»Da gibt es nichts Besonderes zu erzählen, alles wohl ziemlich gewöhnlich.«
»Standen Sie einander nah?«
Sie starrte einen kurzen Augenblick aus dem Fenster. »Mama ist mir näher, aber ich bin ja auch ein Mädchen«, ergänzte sie und lächelte etwas schief. »Natürlich war es traurig, dass Papa so krank wurde, mit dem Krebs und allem.«
»Haben Sie darüber gesprochen?«
»Nein, das haben wir nicht. Es passte meinem Vater überhaupt nicht, krank zu sein, er war immer gesund gewesen. Und nun versuchte er so zu leben, als ob nichts wäre.«
»Und wie ging es ihm, was meinen Sie?«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Ich weiß es nicht! Er hat sich schon sehr verändert, wurde mager und ausgezehrt, und es war schwer, da zuzusehen. Aber Mattias hat viel mehr gemacht, hat sich um Papa gekümmert.«
»Die Beziehung Ihres Bruders zu Ihrem Vater war also gut?«
»Auf jeden Fall! Mein Bruder hat fast jeden Tag nach der Arbeit bei Papa gesessen. Vor allem, als mit seiner Freundin Schluss war, also mit Madelaine, und die ist schon vor einem oder
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