Tod in der Walpurgisnacht
verabschieden.
»Gibt es eine Frage, die Sie uns gern stellen würden?«, fragte Jasinski.
»Gibt es einen Verdächtigen?«
»Das können wir leider nicht beantworten«, sagte Jasinski. »Wir arbeiten sehr intensiv an dem Fall.«
Claesson erklärte noch, dass sie ihr nicht verbieten konnten, mit den Massenmedien zu sprechen, wenn die sich bei ihr meldeten, dass es aber die Ermittlungsarbeit der Polizei unter Umständen sehr beeinträchtigen könnte, wenn sie das tat.
»Wir wären also dankbar, wenn Sie davon Abstand nehmen würden.«
»Das ist das Letzte, was ich machen würde«, sagte sie verzweifelt. »Diese Sache mit meinem Vater in der Zeitung verbreiten!«
Sie saßen im Auto.
»Heutzutage sind es die Frauen, die Schluss machen«, sagte Claesson, als sie das friedliche Döderhult hinter sich gelassen hatten und auf der Hauptstraße nach Westen fuhren.
»Wie das?«, fragte Jasinski und sah ihn erstaunt an.
»Die Freundin von Mattias Skoglund, die eine Ausbildung machen will und nach Kalmar zieht, während er bei seinem alten, kranken Papa sitzt und seine Jugend verschwendet. Und dann das Mädel von Martin Lerde, die einfach weg ist. Man muss Martin doch nur ins Gesicht sehen, um zu begreifen, dass das keine lustige Zeit für ihn war.«
Jasinski starrte aus dem Fenster. Was war denn das jetzt für ein Gedankensprung? Warum grübelte Claesson darüber nach?
»Also in meinem Fall war es Janos, der sich einen Seitensprung erlaubt hat«, sagte sie schließlich ohne Bitterkeit, sondern nur, um gerecht zu argumentieren. »Und Lerde ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, der geht seine eigenen Wege, und nur wenige Frauen wollen mit einem Mann zusammenleben, der sie weder sieht noch hört.«
Ist das so?, fragte sich Claesson und überlegte, wie gut es ihm gelang, Veronika zu unterstützen. Oder rechnete er damit, dass alles von selbst lief und dass, wenn man Kinder zusammen hatte, alles sicher und gut rollte. Ein Flirt wäre in dem Zusammenhang nur ein Spiel, etwas Ungefährliches, wie ein Kick und eine Aufmunterung. Federleicht. Man ist schließlich auch nur ein Mensch.
»Was hältst du von Sofia Skoglund-Bladh?«, fragte Jasinski unvermittelt.
»Ich glaube, sie hatte so wenig Kontakt mit ihren Eltern wie möglich. Im Unterschied zu ihrem Bruder hat sie, als sie von zu Hause auszog, die Verbindung gekappt. Und ich denke, das muss man auch nicht weiter komisch finden.«
Jasinski hielt in Högsby an der Tankstelle an und kaufte eine Banane und einen Joghurt. Claesson wollte nichts. Dann fuhren sie weiter durch den Wald, vorbei an großen und kleinen Höfen.
In Hjortfors angekommen, zeigte Claesson ihr den Weg zum Folkets Hus.
»Ist so an die hundert Jahre her, dass ich in Hjortfors war«, sagte Jasinski, »aber die Glashütte hat sich nicht verändert.«
Das Haus war verschlossen, die Kollegen waren wahrscheinlich unterwegs und putzten Klinken.
Während er Lundin anrief, der den Schlüssel verwaltete, vernahm er dröhnende Musik aus den Kellerräumen. Die Tür zu den Räumen lag auf der anderen Seite des Gebäudes.
»Was ist denn das für ein Lärm?«, fragte Jasinski.
»Sie haben einen Trainingsraum vermietet. An den Wochenenden nur ein paar Stunden täglich und ansonsten wohl nur abends. Ich glaube, dort wird geboxt.«
»Gut. Dann gehen wir mal runter und sehen nach. Hier können wie ja nicht stehen bleiben. Hat die Tochter von Skoglund nicht gesagt, dass ihr Bruder boxt? Dann muss das ja wohl hier sein.«
Der Kies knirschte unter den Schuhsohlen. An der hinteren Hausecke führte eine Betontreppe zu einer Tür, die nicht verschlossen war. Sie betraten eine Diele und einen kleineren Raum, der die Rückseite der Bühne darstellen musste, denn dort lag eine Menge Kram, der offensichtlich nicht zum Maifeuer gekarrt worden war. Alte Theaterrequisiten, Bühnenbilder und Dekorationen aus Plastik oder Krepppapier.
Claesson rüttelte an einer Tür zur Bühne, in der Hoffnung, so zu seinem Hauptquartier zu gelangen, doch sie war verschlossen. Auf diesem Wege konnte man sich also nicht reinschleichen, um zu belauschen, was er und die Kollegen redeten, und das war gut zu wissen. Unnötige Lecks waren immer ärgerlich. Vermutlich war diese Tür später eingesetzt worden, damit man das Gebäude auch anderweitig vermieten konnte.
Eine Treppe führte zum Trainingsraum hinunter. Je weiter sie nach unten kamen, desto lauter dröhnte die Musik. Die Luft stand still, die Augen mussten sich erst an die
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