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Tod in der Walpurgisnacht

Tod in der Walpurgisnacht

Titel: Tod in der Walpurgisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wahlberg
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OP-Schwester anziehen ließ, damit für sie nicht extra eine neue, sterile Mehrfach-Packung geöffnet werden musste.
    »Du bist wirklich tüchtig, Schwesterchen«, brach Sam das Schweigen.
    »Findest du?«
    Hilda war erstaunt.
    »Na, schließlich bist du Ärztin geworden und so! Wenn das M…«
    Er verstummte.
    »Wenn was?«, fragte sie.
    »Wenn das Mama und Papa wüssten«, sagte er und schluckte schwer; Hilda sah, wie sein Adamsapfel hoch- und runterwanderte.
    Sie starrte stur aus dem Fenster über eine triste Landschaft, die sich schon bald in ein fließendes Frühlingsgrün verwandeln würde, und ließ das angenehme Gefühl, sichtbar und gelobt zu sein, auf sich wirken.
    Hilda ließ sich zufrieden und schweigend bequemer in den Sitz sinken. Lejla arbeitete, Sam musste zur Arbeit nach Hjortfors, doch sie selbst hatte frei und konnte ihn begleiten. Sie hatten keine Eile, es musste nicht alles sofort erzählt werden.
    Plötzlich dachte sie an Pär Rosenkvist. Was wohl mit dem Hinweis geschehen war, den sie der Polizei gegeben hatte? Ob sich jemand darum kümmerte?
    »Woran denkst du?«, fragte Sam.
    »Ach, nichts Besonderes«, erwiderte sie. »Jedenfalls nichts Wichtiges.«
    Sodann machte sich wieder ein angenehmes Schweigen breit, das sie fast einnicken ließ, während draußen vor dem Fenster der Wald vorbeizog. Die Tannenwipfel standen kerzengrade, es war völlig windstill und regnete nicht.
    Sam kürzte auf einer kleineren Straße über Bäckebo und Alsterbro ab. Er erzählte, dass er bei schlechter Straßensituation die besseren Straßen über Blomstermåla und Ruda nach Högsby nahm und von dort aus nach Hjortfors fuhr.
    »Der Wald beruhigt mich«, sagte er und ließ den Blick über Stämme, Nadeln und Moos schweifen.
    Außer einigen Lichtungen, Seen und vereinzelten Häusern wurde der Wald hier durch nichts unterbrochen. An manchen Stellen im Wald lag noch Schnee, und der konnte durchaus bis Ostern liegen bleiben.
    »In meiner ersten Zeit in Lund habe ich den Wald schrecklich vermisst«, erzählte sie. »Da genießen alle die Weite und das Licht. Es dauert eine Weile, bis man sich daran gewöhnt.«
    Sam machte Musik an, während Hilda ihm von dem Glasobjekt aus Ruda berichtete, das sie auf dem Flohmarkt in Oskarshamn gekauft hatte und das in ihrer kleinen Küche auf dem Fensterbrett stand.
    »Die Glashütte ist geschlossen worden«, sagte Sam.
    »Ich weiß«, meinte Hilda.
    Sie sprachen nicht über die Dinge, die sie nicht voneinander wussten. Nicht über die Familie Lager in Kalmar oder die Kjellkvists in Oskarshamn. Auch nicht über das Medizinstudium in Lund oder die Kunsthochschule in Stockholm. Und kein einziges Wort über Hjortfors.
    Als sie das Ortsschild erreichten, verkrampfte sich Hilda auf dem Beifahrersitz. Sie wagte kaum zu atmen.
    Sam sah sie an.
    »Bist du gespannt?«, fragte er.
    Sie nickte, konnte aber kein Wort herausbringen.
    »Aber du bist doch schon mal hier gewesen, seit …?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Nicht?«
    Sie schüttelte wieder den Kopf.
    »Oh, Mann«, sagte er und griff nach ihrem Arm.
    Plötzlich wurde ihr klar, dass Sam möglicherweise eine völlig andere Einstellung zu Hjortfors hatte, die nicht so dramatisch und belastend war, obwohl auch ihm dort Übles widerfahren war. Wieder tauchte das rote Auto, das ihn geholt hatte, in ihrer Erinnerung auf. Das Auto, von dem sie nur noch den Kofferraum gesehen hatte. Sie hatte sich nicht einmal verabschieden können, er war völlig ohne Vorwarnung plötzlich weg gewesen.
    Hatte Familie Lager all das tatsächlich wiedergutmachen können?
    Doch bestimmt lebte in Sam noch die Erinnerung an den Tag, als der Sturm kam und ihren Vater nahm. Das würde sie ihn später fragen, vielleicht am Abend, wenn die Dämmerung hereinbrach, sie sich gegenübersaßen und aßen und etwas Gutes tranken. Dann würde sich der Troll vielleicht rauswagen.
    Sam fuhr jetzt über die Hauptstraße, die direkt durch den Ort und an der Glashütte vorbei führte. Er fuhr so langsam, dass sie fast das Gefühl hatte, er wolle ihr die Gelegenheit geben, sich zu akklimatisieren und nichts zu verpassen.
    Als Erstes entdeckte sie natürlich den Schornstein, der wie eh und je neben der Straße aufragte. Ihr Herz schlug nicht schneller, und sie atmete vollkommen normal.
    »Wir fahren am Supermarkt vorbei, ich muss einkaufen«, sagte Sam.
    Hilda nickte. Sie konnte ja im Auto sitzen bleiben. Aber dann stieg sie doch aus und schlich vorsichtig hinter Sam an den Regalen

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