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Tod in der Walpurgisnacht

Tod in der Walpurgisnacht

Titel: Tod in der Walpurgisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wahlberg
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gehen konnte. Der Junge, der einmal Eberhard Lind gewesen war, zwar groß für sein Alter, aber dennoch nur ein Kind.
    Und dann dieser großkotzige Name. Wo seine Mutter den nur herhatte? Eberhard!
    Doch er erinnerte sich, dass viele Kinder von Glasarbeitern mit seltsamen Namen wie William, Eugen, Eijnar und Verner bedacht worden waren, zwischen Karl, Stig, Sven oder Jan, wie er selbst hieß. Das war immer eine Frage von Traditionen.
    Das Telefon klingelte, Ebbe ging ran.
    »Nee, jetzt nicht, ich komm später!«, sagte er.
    Doch die Person am anderen Ende blieb hartnäckig.
    »Mama braucht Hilfe«, sagte Ebbe und sah Lundin mit dem Hörer in der Hand hilflos an. »Sie kommt nicht aus dem Sessel hoch. Es geht schnell.«
    »Geh nur. Ich warte hier.«
    Lundin sah sich mit dem vertrauten Unbehagen, in der Wohnung anderer Leute herumzuschnüffeln, vorsichtig um. Schlafzimmer, Wohnzimmer und Küche, das war schnell angeschaut. Alles war ordentlich und mit Möbeln ausgestattet, die mindestens fünfzig Jahre auf dem Buckel hatten. Er sah Fotografien von einer Frau, nicht sonderlich schön, aber doch mit einer gediegenen Ausstrahlung. Und Kinder, eines davon sah aus wie Ebbe in einer jüngeren und moderneren Ausgabe. Ebbe hatte auch Enkelkinder, das wusste er.
    Ebbe durchlebte und überlebte die Schule auf eine sonderbare Weise, so wie das Leben einem eben mitspielen konnte. Doch er hatte es geschafft. Lundin hatte damals mit sich selbst genug zu tun, doch sicherlich waren Ebbes Probleme sehr viel größer gewesen als seine eigenen und überdies anderer Natur, das hatte er schon damals irgendwie geahnt.
    Lundin ging in die Küche zurück und setzte sich. Im Treppenhaus waren immer noch keine Schritte zu hören.
    Es war schwer zu begreifen, was das Problem mit Ebbe gewesen war.
    Die Tür ging auf, und Ebbe nahm wortlos Platz. Obwohl er körperlich arbeitete, hatte er gut zugelegt, der Bauch wölbte sich unter der Weste. Wahrscheinlich war er immer noch bärenstark, dachte Lundin. Das hatte der Himmel gerecht verteilt, denn die Muskelstärke war sicherlich Ebbes Rettung gewesen. Und die Tatsache, dass er arbeitsam war.
    »Kannst du mir nur zur Sicherheit noch mal erzählen, wann du am Tag vor Walpurgis beim Feuer warst?«, fragte Lundin und nahm sich noch einen Keks aus der mit Huflattich verzierten Schale.
    »Am Freitagabend bin ich noch vorbei, hauptsächlich um zu sehen, ob alles in Ordnung war«, erwiderte Ebbe mit monotoner Grammophonstimme, als hätte er das alles schon viele Male erzählt. »Da war es vielleicht sechs oder sieben Uhr. Oder auch fünf, das habe ich ja vorher gesagt, ich weiß es nicht mehr so genau.«
    »Ah ja. Das heißt, dass im Prinzip auch nach Einbruch der Dunkelheit noch jemand hätte hinfahren können, was meinst du?«, fragte Lundin.
    Ebbe nickte. »Und dann war ich am Morgen gegen halb sieben dort. Jetzt, wenn es so hell ist, wacht man ja früh auf, ich wollte einfach noch mal sehen, ob alles in Ordnung war.«
    Die Stimme klang jetzt etwas lebendiger.
    »Verstehe«, sagte Lundin und schluckte. Sein Blick fiel auf die Zeitung, die mit dem Bild von Ebbe aufgeschlagen auf dem Küchentisch lag. Er griff danach. »Darf ich mal sehen?«
    »Klar«, sagte Ebbe mit schlecht verborgenem Stolz.
    »Ein gutes Bild«, sagte Lundin und lächelte ihm aufmunternd zu.
    Den Artikel hatte er bereits gelesen.
    »Woher hast du denn das mit Kiruna?«
    »Ach, die Kinder von meinem Sohn haben das irgendwo im Netz aufgetrieben«, sagte er und nickte zum Wohnzimmer hin.
    Lundin wandte sich um und konnte einen Computer mit großem Bildschirm sehen. Ein relativ neues Modell.
    »Manchmal kommen sie nach der Schule hierher und sitzen dann am Computer. Also die Kinder. Meistens spielen sie irgendwelche Spiele, die sind wirklich unglaublich gut darin«, fuhr Ebbe begeistert fort.
    »Wie viele Enkel hast du?«
    »Zwei. Beides Jungen«, meinte Ebbe.
    »Und wann ist … wie hieß noch deine Frau?«
    Lundin wusste, dass sie tot war.
    »Kristina. Sie ist vor zehn Jahren gestorben. Brustkrebs.«
    Lundin lag es auf der Zunge zu sagen, dass sie dann ja etwas gemeinsam hatten, dass seine Mona auch Brustkrebs gehabt hatte und Operation und Chemotherapie durchgemacht und überlebt hatte. Doch das wäre natürlich falsch gewesen, denn hier ging es ja nicht um ihn. Er vertrat die Hüter des Gesetzes. Man vergaß nur zu leicht, wie das die anderen in Anspannung versetzte.
    »Sieh dir doch bitte mal das Bild hier an«, sagte Lundin, schlug die

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