Tod in der Walpurgisnacht
ganzes Vogelorchester zu hören. Claes Claesson wurde schon gegen drei Uhr früh davon wach. Natürlich war das schön! Das m usste er sich schließlich einreden: Es war einfach unerreicht schön, und man durfte nicht klagen, auch wenn das so früh am Morgen viel zu viele quicklebendige Laute waren.
Er lag vollkommen unbeweglich und versuchte, sich schwer zu machen, um besser wieder in den Schlaf eintauchen zu können, in diesen behaglichen Zustand, den er, je älter er wurde, immer mehr schätzte. Guter Schlaf machte das Leben leichter, schlechter Schlaf war der Hölle nicht unähnlich.
Er konnte sich nicht aufraffen, das Bett zu verlassen, obwohl er eigentlich die Packung mit Ohrstopfen suchen sollte, die Veronika gekauft hatte. Diese rosafarbenen, weichen Proppen, die sie sich zu gern in die Gehörgänge steckte, um das Bett mit ihm teilen zu können.
Das Licht der Morgendämmerung drang durch jede Ritze. Das störte und hielt ihn weiterhin hellwach.
Er schüttelte das Kissen und drapierte es so um seinen Kopf, dass es sowohl Licht wie Geräusche dämpfte, und konnte noch einmal einschlafen.
Als Claes einigermaßen ausgeschlafen die Haustür öffnete und durch den Garten ging, war es kurz vor sieben. Ein leichter Nieselregen legte sich wie ein dünner Film auf sein Gesicht.
Anzünder, war sein erster Gedanke. Heute Abend würde man viel Anzünder benötigen. Oder vielleicht nahmen manche auch Benzin.
Es war Samstag und der letzte Tag im April, Walpurgisnacht. Überall im Land wurden die Maifeuer entzündet. In Oskarshamn richtete ein Verein auf einem Floß im Meer ein Maifeuer aus. Das war natürlich schön. Aber dieses Jahr würden sie nicht hingehen, sie würden den Abend in der Kate von Janne Lundin verbringen.
Während der Kies unter den schief getretenen Holzschuhen knirschte, betrachtete er den Himmel etwas eingehender, konnte aber nur unterschiedliche Grauschattierungen erkennen. Aber das Licht drang schon hindurch. Mit etwas Glück würde es im Laufe des Tages besser werden.
Am Briefkasten blieb er stehen. Er war nackt unter dem Morgenmantel, und kühle, frische Luft wirbelte unter den dicken Frotteestoff auf Oberschenkel, Hintern und Geschlecht. Er schauderte behaglich. Das war das Leben! Der Frühling, das Licht und die Wärme, die jetzt langsam kommen würden. Und die Beschaulichkeit. Die gepflegten und geschnittenen Bäume und Gärten in dem ruhigen Wohnviertel.
Aber das Beste von allem: Er war nicht allein. Hinter den Holzwänden in der Dreißigerjahre-Villa, deren Wände seit langem gestrichen gehörten, lagen Veronika, Klara und die kleine Nora. Seine Familie, seine ganz eigene Familie. Er war der letzte der Geschwister gewesen, der eine Familie gegründet hatte. Gunilla, die älteste von ihnen und mit Markus verheiratet, lebte mit ihren vier Söhnen, von denen drei im Schlingelalter und einer schon aus dem Haus waren, in Stockholm. Gunilla stand ihm am nächsten. Ulf, der jünger als er und mit Lilja verheiratet war, war kürzlich nach Färjestaden auf Öland gezogen, direkt auf der anderen Seite der Brücke. Ihre beiden Kinder, eine Tochter und ein Sohn, waren schon ausgeflogen. Obwohl der Bruder viel näher wohnte, hatte er doch engeren Kontakt zu der Schwester in Stockholm. So war es schon immer gewesen.
Er zog die Zeitung aus dem Kasten, dessen Deckel scheppernd zuklappte. Dann schlenderte er zurück und erfreute sich dabei an dem blauen Meer aus Szilla und den Osterglocken, die zu beiden Seiten des Gartenweges in hellgelben Gruppen leuchteten. Er hatte sie selbst zusammen mit Klara eingesetzt, einer aufgeweckten Vierjährigen, die jetzt in dem Alter war, in dem Kinder gerne helfen. Angeblich verging das wieder.
Heute Abend würden sie ausgehen. Mit zwei kleinen Kindern an einem Maifeuer zu stehen und zu frieren gehörte nicht zu den Dingen, auf die er sich wirklich freute. Es wäre schöner gewesen, zu Hause zu bleiben, die Kinder ins Bett zu bringen und abzuhängen, wie man es heutzutage nannte. Lundins hatten sie, fürsorglich und freundlich, wie sie nun mal waren, eingeladen, bei ihnen zu übernachten. Doch mit zwei Kleinkindern war das eine Zumutung, und so hatte Veronika sich angeboten zu fahren. Natürlich würde es Bier und Kurze geben, deshalb hatte er das Angebot gern angenommen und versprochen, das nächste Mal zu fahren.
Das berühmte Lundin’sche Sommerhaus, oder der kleine Hof, lag am Rand von Hjortfors, einem alten Glasbläserort, ungefähr vierzig Kilometer
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