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Tod in der Walpurgisnacht

Tod in der Walpurgisnacht

Titel: Tod in der Walpurgisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wahlberg
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Ungewöhnliches.
    Es war schon viele Jahre her, dass Claesson Janne überholt hatte und sein Chef geworden war. Claesson selbst dachte nur mehr selten darüber nach. Ob Janne das tat, wusste er nicht. Natürlich konnte es immer sein, dass er selbst vieles für selbstverständlich hielt und dass er vielleicht auch ein wenig selbstzufrieden war. Veronika wies ihn manchmal darauf hin, dass er keineswegs immer so ein verdammt guter Mensch war, wie er selbst glaubte.
    »Wer hat gesagt, dass ich das denke?«, versuchte er sich zu verteidigen.
    »Niemand«, erwiderte sie. »Aber du strahlst es aus«, fügte sie dann hinzu, was immer sie damit meinte.
    Es war schon gut, jemanden zu Hause zu haben, der das eigene Selbstbild ab und zu geraderückte, dachte er.
    Er öffnete die Tür und trat ins Haus. Kaffeeduft schlug ihm entgegen. Veronika war angezogen und hatte den Tisch gedeckt. Sie musste an diesem Vormittag ein paar Stunden arbeiten, während er frei hatte und mit den Kindern zu Hause blieb.
    Er warf die Zeitung auf den Küchentisch.
    »Was meinst du, wie es heute Abend wird?«, fragte sie.
    »Am besten nehmen wir die Daunenjacken mit«, meinte er. Bestimmt war es die von Wind, Schnee und Kälte gestählte Wikingerseele, die das ganze Volk im Frühling an den Feuern stehen und singen ließ.

Kapitel 9
    J anne Lundin half seiner Frau, die Tüten mit den verschiedenen eingelegten Heringen aufzuschneiden und den Inhalt in kleine Tongefäße zu schütten. Früher hatte Mona den Hering immer selbst eingelegt, aber jetzt fand sie, dass es mindestens ebenso gute fertig eingelegte Fische zu kaufen gab. Glasmästarsill, Löksill, Senapssill und noch ein Stück Gravadlachs. Und dann natürlich Fleischbällchen für die Kinder – die waren allerdings selbstgemacht.
    Sie standen Seite an Seite, und das hatten sie in ihrem Leben schon so oft getan, dass der eine Körper den anderen vermisste, wenn er nicht da war. Als Mona an Brustkrebs erkrankt und operiert worden war und man nicht gewusst hatte, wie das »Ergebnis« sein würde, wie der Arzt es ausgedrückt hatte, ehe die mikroskopische Analyse des Tumors da gewesen war, da fühlte sich Janne, als stehe er nackt in der Kälte.
    Aber das war jetzt vorbei. Der Brustkrebs lag weit hinter ihnen, und sie standen wie immer dicht beieinander.
    Janne war mehr er selbst, wenn er hierherkam, vernünftiger, bedächtiger, zufriedener. Die Lichtung, auf der das Haus in der Sonne lag, der See, das Rauschen des Waldes, die Stille – alles das trug dazu bei. Wenn er hier war, spürte er den Dingen nach, hier hatte er sowohl Zeit wie Ruhe dazu, nichts sonst trübte die Sicht. Und manchmal konnte er in einen fast überirdischen Zustand geraten. Einige Leute meinten, das sei eine Alterserscheinung, doch er fand es gar nicht so schlimm, älter zu werden. Ganz und gar nicht. Es fiel ihm leichter, sich selbst anzunehmen.
    Deshalb musste er manchmal innehalten und ein paar tiefe Atemzüge nehmen, wenn ihn das belastende Gefühl überfiel, die Zeit würde ihm davonlaufen. Es geschah, wenn er es am wenigsten ahnte. Als Gegenmittel zwang er sich dann dazu, das anzusehen, was ihm alles schon geschenkt worden war. Es war unbestreitbar, aber eigentlich nicht schlimm, dass der Tod immer näher rückte. Er empfand Respekt, jedoch keine Furcht. Der Übergang würde vielleicht eine Prüfung sein. Leiden zu müssen.
    »Ob die Mädchen wohl mit zum Feuer gehen?«, fragte Mona. »Es wird ja nicht vor acht Uhr angezündet.«
    »Sonst müssen wir eben zu Hause bleiben«, meinte Janne.
    Ach ja, die Kinder! Diese kleinen Mädchen, in die Mona so vernarrt war. Klara und die kleine Nora, die beiden Kleinen von Claesson. Kinder machten gute Laune.
    Sie hatten selbst noch keine Enkelkinder, und es war ihnen auch klar, dass das noch eine Weile dauern würde, bis sie zu diesem Nachtisch des Lebens gebeten würden, von dem alle so schwärmten. Das ganze Leben lang gab es immer etwas, das man anderen und sich selbst gegenüber verherrlichen und an dem man sich erfreuen konnte. Die Sache mit den Enkelkindern spielte sich natürlich in einer ganz anderen Liga ab als vornehme Titel, eine schicke Villa oder ein niedriges Handicap im Golf. Kleine, weiche Körper, Toben und Lärmen und Lachen und nicht zuletzt das eigene Erbgut, das weitergereicht wurde.
    Doch darauf hatten sie keinen Einfluss, sie mussten sich gedulden. Lasse war weit davon entfernt, für Kinder bereit zu sein, das hatte er seinen Eltern durch seinen unsteten

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