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Tod in der Walpurgisnacht

Tod in der Walpurgisnacht

Titel: Tod in der Walpurgisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wahlberg
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    Hilda, Dienstag, den 15. März 2011
    D ie Luft wirkte erfrischend, und Hilda wurde gleich wach, als sie sich auf das Fahrrad setzte und ins Krankenhaus fuhr. Das Morgenlicht blendete, und sie genoss die Fahrradtouren.
    Gestern hatte sie den Tag über frei gehabt, weil sie in der Nacht gearbeitet hatte. Jetzt aber war sie die einzige Ärztin im Krankenhaus, während der Bereitschaftsdienst zu Hause blieb und bei Bedarf ins Krankenhaus gerufen werden konnte.
    Sie bog auf den Fahrradweg ein. Ihr war warm, und sie knöpfte die rote Jacke auf, die sie aus einer Umzugskiste ausgegraben hatte. Der schwarze Wintermantel hing an der Garderobe. Jetzt ging die Welt in Farben – auch sie selbst trug einen türkisen Schal, schwarz-grau gestreifte, blickdichte Strümpfe unter dem bleistiftgrauen Cordrock und Stiefel mit Ledersohlen. Die Handschuhe würde sie noch eine Weile brauchen. Wenn sie die erst ablegte, würde der Frühling richtig da sein. Bald.
    Es ging auf halb acht zu, und die Stadt wachte langsam auf. Sie stieg vom Fahrrad, schloss es ab und eilte zum Eingang des Krankenhauses, während die Gedanken in ihrem Kopf kreisten wie Raubvögel um ihre Beute.
    Sie musste unbedingt Samuel erreichen! Sie würde keine Ruhe finden, ehe sie ihm nicht von der Krankenakte erzählt hatte.
    Heute war Dienstag, und sie hatte noch ein paar Tage Zeit, um nach ihm zu suchen. Vielleicht sollte sie nach Stockholm fahren. Aber am einfachsten war es wohl, mit seinen Adoptiveltern in Kalmar zu sprechen.
    Seit sie die Akte ihrer Mutter gefunden hatte, dachte sie fast ununterbrochen an sie. Die unangenehmen Strömungen hatten sich gelegt, und stattdessen durchfuhr sie jedes Mal, wenn sich die Mutter vor ihrem inneren Auge zeigte, eine Flut von Wärme, und ihr Herz begann laut zu schlagen. Sie ließ es geschehen, ohne es zu unterdrücken oder abzuschneiden.
    Sie war systematisch durch alle Behandlungszimmer auf der Notaufnahme gegangen, um zu sehen, ob sie sich an den Tag erinnerte, an dem sie mit ihrer Mutter hier gewesen war, aber die Wandfarben schienen neu und die Schiebetüren modern. Auf Nachfragen erfuhr sie, dass die Notaufnahme vor fünf Jahren renoviert worden war.
    Sie besaß nicht einmal ein Foto von ihrer Mutter, abgesehen von einem, das in einem Karton vergraben im Zimmer am Axel-Munthes-Stig lag. Aber es gab einen großen, weißen Umschlag, von dem sie sehr wohl wusste, wo er sich befand. Sie hatte es immer vermieden, den Umschlag in die Hand zu nehmen, und nur sehr selten die Bilder herausgenommen, um die hohe Stirn, die lange, schmale Nase und das sanfte Lächeln der Mutter zu studieren. Auf manchen Bildern wirkte das Lächeln nicht so natürlich. Sie sah kokett aus, aber Hilda erinnerte sich an ihre Mutter nicht als jemanden, der sich darstellte. Die Haare kräuselten sich dunkel um die Wangen, und sie sah Hilda mit stetem Blick an.
    Es war Hilda immer schwergefallen, die Bilder anzusehen, sofort stiegen ihr Tränen in die Augen, und dann war es anstrengend, Britta-Stina und Robert ihr verweintes Gesicht erklären zu müssen. Hast du wieder geweint? Bist du nicht froh, bei uns zu sein? Sind wir nicht genug? Vielleicht magst du uns ja nicht oder hasst uns gar?
    Da war es besser, wenn die Fotos in ihrem Umschlag blieben.
    Soweit sie sich erinnern konnte, hatten Britta-Stina und Robert sie auch nicht ermuntert, Bilder von ihrer Mutter aufzustellen. Vielleicht fürchteten sie, dass die Erinnerung an das Geschehene sie traurig machen würde. Es wurde auch nicht darüber gesprochen. Britta-Stina und Robert wollten ihr ein neues Leben schenken, das so wenig wie möglich von den vergangenen, verletzenden und schrecklichen Ereignissen enthalten sollte. Sie wollten das und wollten ihr damit nur Gutes. Sie verstanden das einfach nicht, und das war ja auch nicht einfach zu verstehen, dachte sie.
    Natürlich haben sie auch nicht vorgeschlagen, dass sie doch das Foto von Papa hinstellen sollte, auf dem er zusammen mit der Arbeitergruppe vor der Glashütte abgebildet war. Auf dem Foto grinsten alle so breit, dass man meinen könnte, jemand habe einen Witz erzählt. Das Bild kam von einer Zeitung, die eine Reportage über die Glasbläserei gemacht hatte. Sie erinnerte sich, dass ihre Mutter die Zeitung hinterher angerufen und das Bild bestellt hatte, und es kam in einem braunen Kuvert, auf dem das Logo der Zeitung prangte. Ihre Mutter war stolz und lehnte die glänzende, schwarzweiße Fotografie an eine Glasvase, die auf dem Geschirrschrank

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