Tod in der Walpurgisnacht
Claesson den Mann, der sogar eine Mütze mit Ohrenklappen trug. »Dann erzählen Sie mir doch mal, auf welche Weise Sie nichts mit dieser Sache zu tun haben.«
»Ich hab schließlich den Haufen aufgeschichtet. Und das garantiere ich Ihnen, da lag keine Leiche drin. Das schwöre ich bei meiner alten Mutter.«
Die musste ja mindestens hundert sein, dachte Claesson.
»Das heißt, Sie haben alles für das Feuer aufgebaut?«
»Klar. Seit über vierzig Jahren bin ich hier für das Maifeuer zuständig, und bisher hat sich noch nie jemand beschwert.«
Nee, dachte Claesson, bisher hat aber wohl auch noch keine Leiche dringelegen.
»Und das ist wirklich mächtig viel Arbeit, das kann ich dem Herrn Schutzmann versichern«, fuhr Eberhard Lind fort, und Claesson nickte.
»Wann waren Sie zuletzt hier?«, fragte Claesson.
»Gestern Abend so gegen siebzehn Uhr. Und da war es hier so ruhig und friedlich wie auf’m Gottesacker. Und der Scheiterhaufen sah genauso aus, wie er ausgesehen hatte, seit ich ihn am Tag zuvor fertig gemacht hatte. Man muss darauf aufpassen, damit nicht irgendwelche verdammten Grünschnäbel herkommen und damit irgendwelchen Mist bauen oder schon vorher das Zündeln anfangen.«
»Ist das denn schon mal vorgekommen?«
»Nee, das nicht, aber ich hab auch immer drauf aufgepasst, also auf das Brennmaterial.«
Claesson notierte den Namen des Mannes.
»Wen haben sie denn hier abgelegt?«, fragte Eberhard Lind mit wachem Blick.
»Wir wissen nicht mehr als Sie«, erwiderte Claesson und versuchte, die Reaktion des Mannes mit der Mütze zu deuten.
Es war natürlich nicht ausgeschlossen, dass er derjenige gewesen war, der die Gelegenheit ergriffen hatte, die Leiche in dem Reisighaufen unterzubringen. Er hatte die besten Voraussetzungen. Aber das war zu einfach, dachte Claesson im nächsten Moment.
»Ist er völlig verbrannt, also sozusagen verkohlt?«, fragte Eberhard Lind mit angewiderter Miene.
»Das kann ich nicht sagen«, antwortete Claesson und fügte im Stillen hinzu, dass es viel schwieriger war, eine Leiche anzuzünden, als man meinen sollte.
Das Männlein hatte mit offenem Mund dagestanden, jetzt ging er davon.
»Ebbe wollte, dass das Feuer dieses Jahr ganz was Besonderes werden sollte«, hörte Claesson einen der Wachleute sagen. »Am liebsten sollte es höher sein als das in Kiruna, das stand in der Zeitung. Aber jetzt ist ihm wohl das Maul gestopft!«
Claesson war nicht einmal imstande, den Mund zu verziehen.
Als der erste Streifenwagen zum See runtergefahren kam, seufzte er erleichtert. Der Wagen kam aus Kalmar, und zwei Polizisten in Uniform sprangen heraus. Ein hochaufgeschossener junger Mann begrüßte sie, es war Lasse Lundin.
»Hallöchen!«, sagte Lasse etwas zurückhaltend.
»Hier gab’s ein Maifeuer, das es in sich hat«, sagte Janne und ergriff die Hand seines Sohnes.
Lasse sah sich um. Er hatte eine Kollegin dabei, groß und breitschultrig und deutlich älter als Lasse. Sie hieß Ella.
»Waren viele Leute hier?«, fragte Lasse Lundin, um das Schweigen zu brechen.
»Es war voll«, erklärte Janne. »Maienlieder und Reden, das Übliche.«
»Ihr könnt ja auf jeden Fall mal absperren«, schlug Claesson vor.
»Da ich scheinbar der Leiter der Ermittlungen bin«, sagte Peter Berg etwas säuerlich mit einem Blick auf Claesson, »zumindest heute Abend, sage ich mal, wir sollten einen Streifenwagen haben, der heute Nacht den Platz observiert.«
Lasse Lundin und Ella sahen einander an.
»Ein Streifenwagen aus Oskarshamn?«, fragte Ella.
»Das ist eigentlich egal«, meinte Peter Berg.
Es war schwer zu sagen, ob Lasse Lundin und Ella der Gedanke gefiel, über Nacht in Hjortfors bleiben zu müssen. Doch Claesson hatte das Gefühl, dass sie nicht unglücklich darüber waren, wenn er auch nicht sagen konnte, weshalb er schon nach so kurzer Zeit zu dieser Einschätzung gelangte. Es war irgendwie die Stimmung zwischen den beiden. Sie ging sicher auf die vierzig zu, Lasse war zehn Jahre jünger. Ob Lundin etwas merkte? Claesson hatte nicht vor, das anzusprechen. War ja auch möglich, dass er sich täuschte.
Benny Grahn und Gunnel Borg arbeiteten sich systematisch in den leider völlig durchnässten Reisighaufen hinein. Sie machten Fotos und hatten alles eingesammelt, was ihnen irgendwie brauchbar erschien.
»Das wird nicht viel geben«, murmelte Benny.
»All die Leute, die hier herumgestiefelt sind, haben Spuren vernichtet. Und dann das Wasser. Jede DNA -Spur wird durch Wasser
Weitere Kostenlose Bücher