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Tod in Innsbruck

Tod in Innsbruck

Titel: Tod in Innsbruck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Avanzini
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kaum. Aus welchem Grund sollte sie ihn so tief in ihr Innerstes schauen lassen?
    »Kannst du mir schöne Joggingrouten empfehlen?«, fragte sie stattdessen, um ein unverfängliches Thema bemüht. »Am Inn entlang habe ich alle Richtungen durch, das wird langsam langweilig.«
    »Warst du schon auf der Hungerburg? Da gibt es einige interessante Laufstrecken.«
    »Von der Burg habe ich schon gehört.« Mette hatte ihr erzählt, dass sie mit ihrer Tante dort wohnte.
    Robert lachte. »Das ist keine Burg, sondern ein Siedlungsgebiet, das den Berghang im Norden von Innsbruck überzieht. Du hast von dort eine wunderbare Aussicht, die Stadt liegt dir zu Füßen.«
    »Also gehobene Wohngegend.«
    »Kann man so sagen. Und es gibt zahllose Wege durch den Wald, von sanft bis steil ansteigend.«
    Während er von den landschaftlichen Vorzügen Innsbrucks schwärmte, glänzten seine Augen wie geschmolzene Schokolade. Vera ertappte sich bei dem plötzlichen Wunsch, durch Roberts dichten Haarschopf zu wuscheln. Stattdessen griff sie sich selbst ins Haar und versuchte, eine Strähne um ihren Finger zu wickeln.
    Sie hatte sich schon lange nicht mehr so stark zu jemandem hingezogen gefühlt, und das erschreckte sie. Sie würde sich doch nicht … Nein, das würde sie auf gar keinen Fall. Sie fand ihn einfach nur sympathisch. Er war der nette, harmlose Kumpel von nebenan. Punkt. Vera zog zu fest an der Strähne. Plötzlich hielt sie einige abgerissene Haare in der Hand.
    »Was hast du gesagt?« Als sie sich wieder in die Gegenwart einklinkte, hatte Robert das Thema gewechselt.
    »Ich wollte wissen, was du gerade singst.« Er lächelte.
    »In erster Linie muss ich Atem- und Stimmübungen machen. Und dann soll ich zwei Lieder von Schumann lernen.«
    »Aus ›Frauenliebe und -leben‹?«
    »Hey, woher kennst du das? Ich dachte, du bist Jazzfan!«
    »Schließt das aus, dass man auch gern Klassik hört? Ich mag gute Musik, die Richtung ist mir egal. Und ich besitze eine große CD-Sammlung.« Roberts Spinnenfinger tanzten auf der Theke. »Zum Beispiel habe ich eine Aufnahme von diesem Liedzyklus mit Brigitte Fassbaender.«
    »Wow! Stimmt es, dass sie die Intendantin eures Landestheaters ist?«
    »Richtig. Nur schade, dass sie selbst nicht mehr auftritt. Die würde heute noch die meisten ihrer jungen Kolleginnen in Grund und Boden singen.« Ein Einsprengsel in Roberts Iris leuchtete golden auf. »Wenn du willst, leih ich dir die CD.«
    Ein rauchiger Schatten legte sich über seine Augen. »Du kannst auch zu mir kommen und dir die Aufnahme anhören.« Seine Nase begann zu zucken. Er drehte den Kopf zur Seite und starrte in das halb volle Bierglas, als wäre es ihm peinlich.
    Vera überlegte. Warum bot er ihr das an? Nur weil er nett war? Oder wollte er etwas anderes? Und wenn ja, wollte sie das auch?
    »Ich hoffe, du hältst mich nicht für aufdringlich.«
    Sie schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich bildete sie sich alles nur ein. »Ich komme gern vorbei. Aber bestimmt bist du ein überarbeiteter Arzt, der nie Zeit hat.«
    Er lachte leise. »Stimmt. Wie wär’s gleich jetzt? Wenn du hier fertig bist?«
    Nein, nein, nein, flüsterte eine Stimme in ihrem Inneren.
    Robert griff nach seinem Bierglas und streifte dabei Veras Handrücken. Sie fühlte, wie die Härchen an ihren Armen sich aufstellten.
    Ja, ich will. Ja!, schrie eine andere Stimme in ihrem Kopf. Eine, die lange unterdrückt worden war.
    »Okay.« Aus dem Augenwinkel sah sie, dass Mireille Mathieu verzweifelt gestikulierte, vermutlich schon seit Längerem. Vera seufzte und ließ sich vom Barhocker gleiten.
    * * *
     
    Die schlaksige Kellnerin hatte nur Augen für Robert. Am liebsten wäre sie wohl in ihn hineingekrochen. Endlich drehte sie ihren Kopf und schaute herüber.
    Brigitte zeichnete einen Geldschein in die Luft.
    Langsam rutschte das Flittchen vom Barhocker und stakste auf sie zu.
    Was er an der findet? Abgebissenes Haar, eckige Gesichtszüge. Oben flach wie ein Brett, unten Elefantenfüße, die in geschmacklosen Schuhen stecken.
    Ob sie im Bett erfinderisch war? Während ihrer Ehe hatte Robert nie viel Wert auf extravaganten Sex gelegt.
    Vielleicht ist er erst jetzt auf den Geschmack gekommen, dachte Brigitte mit Bedauern.
    Sie grub die Fingernägel in ihre Oberschenkel. »Ich möchte bezahlen.« Viel lieber hätte sie der Schlampe ganz andere Sachen an den Kopf geworfen. Aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt. Es gelang ihr sogar, ein Lächeln zu bemühen.
    Sie ließ sich

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