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Tod in Innsbruck

Tod in Innsbruck

Titel: Tod in Innsbruck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Avanzini
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    Als sie fertig war, stellte der Dude sich wieder an die Bar. Vera atmete auf.
    Bei jedem Gang in die Küche warf sie einen verstohlenen Blick zu Robert, der wie ein fleischgewordener Vorwurf auf dem Barhocker kauerte.
    Bitte, geh nach Hause. Geh endlich.
    Doch den Gefallen tat er ihr nicht.
    Irgendwann nach dem wer weiß wievielten Bier sank sein Kopf auf den Tresen.
    »Den müssen wir wohl raustragen«, meinte der Dude, als alle anderen Gäste gegangen waren.
    »Vielleicht sollten wir ihm ein Taxi rufen?«
    »Bin ich die Caritas? Kommt nicht in Frage. Soll er schauen, wie er nach Hause kommt. Los, pack mal mit an!«
    Sie fassten Robert an den Oberarmen und zogen ihn hoch. Zu zweit hievten sie ihn vom Barhocker, der mit Getöse umfiel, und schleiften ihn hinaus.
    »Vlllibbt«, lallte er. »Total … vlllibbt.«
    »Da hast dir ja einen lustigen Vogel ang’lacht«, spottete der Dude. »Jetzt sag schon, dass du auch in ihn verliebt bist, vielleicht findet er dann heim.«
    »Ich verliebe mich grundsätzlich nie«, sagte Vera trocken.
    Roberts Antwort war ein Würgen. Er fiel auf die Knie und übergab sich mitten auf den Gehsteig. Vera wandte sich rasch ab, sie konnte den Anblick des Häufchens Elend nicht mehr ertragen.
    Der Dude sperrte das Lokal ab.
    »Ob Luca krank ist?«, fragte Vera. Gestern im Konzert war er noch kerngesund gewesen. Ob es mit ihrer Ohrfeige zu tun hatte?
    »Mach dir keine Sorgen. Ist nicht das erste Mal, dass er sich freinimmt und vergisst, mich vorher zu fragen.« Der Dude strich sich über die Glatze. »Aber wenn er diesmal wieder eine ganze Woche wegbleibt, schmeiß ich ihn endgültig raus.«
    Vera verabschiedete sich und ging. Sie schluckte. Das schlechte Gewissen fühlte sich an wie Stacheldraht, der um ihren Hals lag und langsam zusammengedreht wurde.
    Was war sie nur für ein Ekelpaket? Sie hatte einen wehrlosen Blinden geschlagen und beleidigt, obwohl sie nicht mal wusste, ob er Isa je begegnet war. Und Robert? Er hatte sich ihretwegen betrunken und zum Idioten gemacht. Hatte sich bis auf die Knochen blamiert. Sie hätte ihm wenigstens ein Taxi bestellen sollen.
    Kurz vor ihrer Haustür hielt sie es nicht mehr aus. Sie drehte um und lief zurück. Als sie durch die Triumphpforte trat, lag die Leopoldstraße verlassen vor ihr wie ein dunkles Tuch. Nur in der Ferne leuchtete die Bergisel-Schanze im Scheinwerferlicht. Der Gehsteig vor dem Blue Note war leer. Kein Robert weit und breit.
    * * *
     
    Wieder stieg Übelkeit in ihm auf. Wie von einer unsichtbaren Hand wurde sein Rückgrat durchgebogen. Ein Schwall stinkender Flüssigkeit schoss aus seinem Mund. Und schon kam die nächste Welle.
    Als sein Magen endgültig leer war, erhob Robert sich schwankend. Wenn nur der Druck auf die Schläfen endlich nachließe!
    Er schwor sich, nie wieder so viel zu trinken. Ihm graute vor dem Brummschädel, den er morgen haben würde.
    Der Brummschädel würde aber nicht das Schlimmste sein. Sobald er nüchtern war, würde er sich in Grund und Boden schämen.
    Bremsen quietschten. Ohne es zu merken, war er auf die Straße gelaufen.
    Jemand hupte.
    Eine Blondine saß am Steuer des Wagens, der aus dem Nichts aufgetaucht war, fuchtelte mit den Händen und zeigte ihm einen Vogel. Wut verzerrte ihren roten Mund.
    Robert stützte sich auf die Kühlerhaube.
    »’tschulligung«, murmelte er und schwankte weiter.
    Frauen. Warum sind sie so schön? Und warum so grausam?
    Er setzte zu einem Kopfschütteln an, doch dabei wurde ihm wieder übel, also ließ er es bleiben.
    Er verstand Frauen nicht, auch nicht nach neun Bier, Punkt.
    * * *
     
    Am nächsten Morgen fuhr Vera mit dem Bus nach Pradl und stattete erneut dem Eduard-Wallnöfer-Heim einen Besuch ab. Diesmal hatte sie Glück. Bernie lag angezogen auf dem Bett.
    »Was willst du?« Ihre Stimme klang weinerlich. Sie setzte sich auf und starrte Vera aus verquollenen Augen an.
    »Du siehst gar nicht gut aus.«
    »Ich bin immer noch nicht ganz gesund.«
    »Drückt dich das schlechte Gewissen?«
    »Was?« Die teigigen Wangen des Mädchens entfärbten sich.
    »Du hast mich schon verstanden. Ich bin hergekommen, um Klartext zu reden.«
    »Ich bin krank. Lass mich in Ruhe, oder ich rufe einen Erzieher.«
    »Nur zu, ich habe kein Problem damit, wenn mehr Leute von deinen haarsträubenden Lügen erfahren.«
    »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    Vera setzte sich aufs Bett und packte Bernie am Arm. Sie beschloss, hoch zu pokern. »Jetzt hör mir mal gut

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