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Tod in Innsbruck

Tod in Innsbruck

Titel: Tod in Innsbruck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Avanzini
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ein und trank das Glas ex.
    * * *
     
    Vera blickte auf den Plastikbecher vor sich, der Kaffee enthielt. Kalten Kaffee. Seit einer halben Stunde saß sie hier und wartete darauf, dass der Kripo-Chef endlich seine Befragung fortsetzen würde. Sie beobachtete ihn aus dem Augenwinkel. Heisenberg hatte in aller Ruhe eine Zigarette zu Ende geraucht. Jetzt erhob er sich halb aus seinem Bürostuhl und kramte in seinen Gesäßtaschen, schüttelte den Kopf, kramte in seinen Westentaschen. Schließlich fasste er sich ans Ohr und zog einen Bleistiftstummel hinter seiner Ohrmuschel hervor. Er schrieb etwas auf einen Block und unterstrich es mehrfach. Endlich blickte er auf und brach sein Schweigen.
    »Frau Meyring, es heißt, Sie hätten Luca Briguglia näher gekannt. Stimmt das?«
    »Er war mein Arbeitskollege.«
    »Hatten Sie ein Verhältnis mit ihm?«
    Vera sah in Heisenbergs Augen. Sie waren gerötet und tränten. »Ja.«
    Heisenberg blinzelte.
    »Ein Arbeitsverhältnis.«
    »Sie wissen genau, was ich meine«, knurrte der Alte. »Hatten Sie eine Liebesbeziehung mit Briguglia?« Er beugte sich so über den Schreibtisch, dass Vera jede einzelne Pore seiner Haut erkennen konnte; und die beiden schwarzen Haarbüschel, die aus den Nasenlöchern sprossen.
    »Nein.«
    »Wie erklären Sie sich dann, dass uns Zeugenaussagen vorliegen, die das Gegenteil besagen?«
    Vera wandte den Kopf ab, um Heisenbergs Mundgeruch zu entkommen.
    »Ihre Zeugen irren sich. Oder sie lügen.«
    Heisenberg ließ sich langsam in den Stuhl zurücksinken und schien nachzudenken. Es sah aus, als sitze er auf einem Gelege hochempfindlicher Eier und brüte. »Erzählen Sie mir etwas über Briguglia. Wie war er?«
    »Ich kannte ihn erst seit Kurzem. Er war ein brillanter Jazzpianist, ein fabelhafter Musiker. Und ein krankhafter Verführer. Er konnte seine Hände nicht bei sich behalten, hat alle Frauen angemacht, die das Blue Note ohne männliche Begleitung besucht haben, sofern sie unter siebzig waren.« Vera lächelte. »Gegen dreiundzwanzig Uhr hat er meistens zu spielen aufgehört. Dann musste ich ihm sagen, an welchem Tisch eine Frau alleine saß, und er hat sein Glück versucht und seinen Charme spielen lassen.« Sie überlegte kurz. »Anscheinend hat er ab und zu auch Männer vernascht.« Vera versuchte, eine Haarsträhne um ihren Finger zu wickeln, doch die Strähne war zu kurz. »Bei mir wollte er auch landen, aber ich habe ihn abblitzen lassen.«
    »Warum sollte Ihnen jemand eine Affäre mit Briguglia unterstellen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Hm«, brummte Heisenberg. »Am Abend vor dem Mord haben Sie mit Briguglia gestritten. Sie sind dabei gesehen worden, wie Sie ihm eine Ohrfeige verpasst haben. Geben Sie das zu?«
    »Ja. Und ich schäme mich dafür.«
    »Worum ging es in dem Streit?«
    »Luca hat eine Sechzehnjährige angemacht, ein halbes Kind. Auf schmierige Art. Ich habe ihn zur Rede gestellt, er hat mich provoziert, da ist es passiert.« Wie ein Film lief die Szene vor Veras innerem Auge ab. Sie hatte überreagiert, weil sie von vornherein wütend auf ihn gewesen war. Wegen Bernies Verleumdung. Luca war ein Windhund, aber kein schlechter Mensch, und Mette konnte auf sich selbst aufpassen.
    »Wann haben Sie Briguglia zuletzt gesehen?«
    »An ebendiesem Donnerstagabend. Nach dem Konzert von Mette Kindler im Landesmuseum. Nach der Ohrfeige bin ich wutschnaubend gegangen.«
    »Wohin sind Sie gegangen?«
    »Nach Hause. Ich war todmüde und bin sofort ins Bett gefallen.«
    »Kann das irgendjemand bezeugen?«
    Das Telefon am Schreibtisch schellte.
    Hektisch griff Heisenberg nach dem Hörer, riss ihn von der Gabel, dabei stieß er seinen Kaffeebecher um, der aber schon leer war. »Ich habe doch gesagt, dass ich nicht gestört werden will!« Die Hängebacken des Kripo-Chefs, die ihm Ähnlichkeit mit einer Bulldogge verliehen, wackelten bedenklich. »Wenn es so wichtig ist, dann stellen Sie endlich durch, Linda, anstatt zu quatschen.«
    Vera bedauerte diese Linda, ohne sie zu kennen. Ob Heisenberg seine Frau auch so anfauchte? In den Krimis, die sie kannte, waren die Ermittler Opernliebhaber. Oder gute Köche. Schöngeister jedenfalls. Sie schüttelte den Kopf.
    »Heisenberg«, fauchte Heisenberg. Dann presste er den Hörer ans Ohr, als wollte er hineinkriechen. Seine buschigen Augenbrauen wölbten sich immer weiter nach oben. »Aha … ja … interessant.« Er kritzelte etwas auf seinen Block. »Gut … ja, ich verstehe. Dann muss ich Sie bitten, bei

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