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Tod in Innsbruck

Tod in Innsbruck

Titel: Tod in Innsbruck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Avanzini
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Gelegenheit in mein Büro zu kommen, damit wir die Aussage protokollieren können. Danke für Ihren Anruf. Auf Wiederhören, Herr Dr. Nemetz.«
    Veras Herz setzte einen Schlag aus.
    Robert?
    Was hatte das zu bedeuten?
    Schweigend ging Heisenberg im Büro auf und ab. Nur sein Schnaufen war zu hören. Vera überlegte, womit er sie als Nächstes konfrontieren würde. Sie wappnete sich.
    »Wo waren wir stehen geblieben? Ah, ja. Gibt es Zeugen dafür, dass Sie zur Tatzeit geschlafen haben?«
    »Nein.«
    »Doch.«
    »Nein!«
    »Sie lügen.«
    »Für wie blöd halten Sie mich? Wieso sollte ich …«
    Heisenberg vergrub seine Rechte in der Westentasche, in der es raschelte. »Weil Sie Ihrem Geliebten versprochen haben, die Affäre geheim zu halten, seiner krankhaft eifersüchtigen Exfrau wegen. Die muss es aber ohnehin spitzgekriegt haben, sie hat sie nämlich belastet. Und Herr Nemetz hat das soeben richtiggestellt. Sosehr ich den Hut vor Ihrer Loyalität ziehe – es gibt keinen Grund, weiterhin zu schweigen.«
    Zischend sog Vera Luft ein.
    Der Kripo-Chef zog eine Selbstgedrehte aus der Westentasche, fuhr mit der Zunge über den Papierrand, drückte ihn fest und behielt die Zigarette unangezündet im Mund.
    »Oder wollen Sie bestreiten, die fragliche Nacht mit Dr. Nemetz verbracht zu haben?« Sie tanzte in seinem Mundwinkel, während er sprach.
    »Ähm … nein, ich …«
    »Dann ist unser Gespräch zu Ende. Sie können gehen.«
    Vera schluckte. Robert hatte also für sie gelogen. Aber warum?
     
    Wenig später ging sie am Innrain entlang und warf einen giftigen Blick zurück auf die gelbe Fassade des Landespolizeikommandos. Die Österreicher hatten eine Vorliebe für diese Farbe und nannten sie liebevoll »Schönbrunnergelb«, nach dem gleichnamigen Schloss in Wien. Vera würde sich den Farbton als »Verhörgelb« einprägen.
    Ein Auto näherte sich, blinkte und blieb wenige Meter vor ihr stehen. Ein himmelblauer Twingo. Das Fenster öffnete sich surrend.
    Veras Herz schlug schneller, als sie die zuckende Nase erkannte.
    »Darf ich dich nach Hause bringen?«, fragte Robert.
    »Nein.« Sie sah über ihn hinweg, als hätte sie an der Johanneskirche etwas Interessantes entdeckt.
    »Ich wollte dir nur sagen, dass …«
    »Wie kommst du dazu, falsch auszusagen? Ich brauche dein Alibi nicht. Ich habe nichts verbrochen.«
    »Wenn du einsteigst, erkläre ich es dir.«
    »Nein, Robert.«
    »Aber Vera, ich will doch nur mit dir reden.«
    »Reden bringt uns nicht weiter.« Sie schluckte. »Ich hätte mich nie auf dich einlassen sollen. Tut mir leid, dass du dir falsche Hoffnungen gemacht hast. Und jetzt lass mich bitte einfach in Ruhe.«
    Sie wandte sich ab. Mit weit ausholenden Schritten lief sie weiter, drängte sich durch eine Gruppe von Schülern, die vor dem Finanzamt auf den Bus wartete.
    »Du bist ja vollkommen verbohrt!«, rief er ihr nach. Dann heulte der Motor auf, und die Reifen quietschten.
    Vera wollte nur nach Hause. Nichts als duschen und schlafen. Und morgen, morgen würde sie sich endlich um das Wesentliche kümmern. Um Sergej Sofronsky.

DREIZEHN
     
    Als sich die Tür hinter dem letzten Schüler dieses Tages geschlossen hatte, ging Sofronsky an seinen Schreibtisch und ließ sich in den Sessel fallen. Er stützte den Kopf in die Hände. Eigentlich sollte er noch üben, aber er konnte sich nicht dazu aufraffen. Der stumme Krieg mit Sonja kostete ihn so viel Energie. Seit Tagen sprach sie nicht mehr mit ihm, sah ihn nur kalt und spöttisch an oder ignorierte ihn ganz. Wenn er ein Gespräch erzwang, artete es in Streit aus. So konnte er nicht mehr weitermachen. Sogar die Scheidung wäre besser als dieser Zustand. Auch wenn er dann auf eine Menge Luxus verzichten müsste, vor allem auf das Haus und den Konzertflügel.
    Am besten wäre es natürlich, sich mit Sonja zu versöhnen.
    Sie hatte ja recht, gekränkt zu sein. Dummerweise hatte sie von der Geschichte mit Isabel erfahren, obwohl er wirklich äußerst vorsichtig gewesen war. Er musste seinen Fehler wiedergutmachen. Ihr beweisen, dass er es ernst meinte. Und endlich die Finger von seinen Schülerinnen lassen, ein für alle Mal.
    Er betrachtete das Hochzeitsfoto, das auf seinem Schreibtisch stand. Wie hübsch Sonja gewesen war. Grazil wie eine Balletttänzerin, mit einem Porzellanpuppengesicht, sprühenden Augen und schimmerndem Haar, das bis zum Po reichte. Auch heute, mit dreißig, sah sie immer noch ausgesprochen attraktiv aus. Leider war sie auch

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