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Tod in Innsbruck

Tod in Innsbruck

Titel: Tod in Innsbruck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Avanzini
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haben eine Abmachung. Wenn sie eine Entziehungskur macht, werde ich sie wieder unterstützen. Wenn sie sich zu Tode saufen will, dann möchte ich weder dabei zuschauen noch derjenige sein, der den Schnaps bezahlt.«
    »Ach komm, du übertreibst. Ich habe gestern Abend mit ihr telefoniert. Sie war vollkommen nüchtern. Ich glaube, sie bemüht sich, sich wieder aufzurappeln.«
    »Mach dir doch nichts vor. Ohne professionelle Hilfe ist das nicht zu schaffen, das weißt du so gut wie ich.« Robert nahm einen Schluck Tee. »Was ist eigentlich mit ihrer Mutter? Ich habe x-mal versucht, sie anzurufen, aber sie meldet sich nie.«
    »Stell dir vor, Antonia ist auf Reisen.«
    »Was?«
    »Deine gute Exschwiegermutter hat einen betuchten älteren Herrn kennengelernt, und nun macht sie mit ihm eine Kreuzfahrt. Zwei Monate sollen sie unterwegs sein.«
    Robert stellte die Teetasse so schwungvoll ab, dass der halbe Tee überschwappte. »Machst du Witze?«
    »Ist es für dich so unvorstellbar, dass ältere Leute auch das Sp-Wort kennen?«
    »Brigittes Mutter ist im letzten Jahr kaum aus dem Haus gegangen. Seit ihrer missratenen Hüftoperation hat sie bei jedem Schritt Schmerzen. Sie ist nicht der Typ, der …«
    »Na ja, gewundert habe ich mich auch. Ich hätte es ihr nicht zugetraut. Umso schöner für sie.«
    »Ja glaubst du diesen Unsinn etwa? Brigitte lügt doch, wenn sie den Mund aufmacht.«
    »Was soll denn sonst mit ihrer Mutter sein? Denkst du, dass sie sie ermordet und in Säure aufgelöst hat, um die Rente zu kassieren?« Paul schüttelte den Kopf. Wenigstens hatten seine Wangen jetzt wieder Farbe bekommen. »Du bist ja paranoid.«
    Robert presste seine Lippen zusammen. Paul konnte sich in seiner Gutmütigkeit nicht vorstellen, wie weit manche Menschen aus Bosheit und Berechnung gehen würden. Speziell Brigitte gegenüber schien er mit Blindheit geschlagen zu sein. Andererseits sah er, Robert, manchmal Gespenster. Er machte sich viel zu viele Sorgen. Antonia war zwar gesundheitlich angeschlagen, aber erst Anfang sechzig. Warum sollte sie nicht einen Mann kennengelernt haben? Er würde es ihr von Herzen gönnen.
    »Du hast ja recht. Ab und zu male ich den Teufel an die Wand.«
    Paul lachte. »Genau. Und manchmal vertreibst du ihn auch. Mir geht es jedenfalls schon viel besser. Ich glaube, ich werde jetzt einchecken, ohne mich dabei vor Angst zu übergeben.«
    »Guten Flug. Und vergiss das Sp-Wort nicht!«
    »Ach, Robert, das ist mein Wunsch an dich. Dass du das Sp-Wort wieder in den Mund nimmst. Hör auf, Trübsal zu blasen. Geh aus, hau ordentlich auf die Pauke und vergiss die Katastrophenfrau. Wenn ich zurückkomme, will ich dich wieder lachen sehen.«
     
    Während er den Fürstenweg entlangfuhr, musste Robert an Pauls Worte denken. Gelacht hatte er wirklich schon lange nicht mehr. Die Sache mit Vera ging ihm immer noch verdammt nahe.
    »Vergiss sie«, hatte Paul gesagt. »Es gibt doch zig Schönere, Klügere, Liebenswertere als ausgerechnet diese Vera.«
    Schon möglich. Aber sie war die Erste, bei der er dieses unbeschreibliche Gefühl gehabt hatte. Ein Gefühl wie … wie … als käme man nach über dreißigjähriger Suche zum ersten Mal an. Zu Hause.
    Das Piepen des Handys riss ihn aus seinen Gedanken. Unbekannte Nummer.
    »Nemetz.«
    »Hallo?«
    Stille. »Hallo?«
    »Ja bitte?«
    »Spreche ich mit Herrn Robert?« Es war die dünne Stimme einer alten Frau, und sie kam ihm vage bekannt vor.
    »Ja, Robert Nemetz.«
    »Bitte, Sie müssen kommen, Herr Robert. Da stimmt was nicht. Ich hab Angst, dass da was passiert ist.«
    »Wer spricht denn überhaupt? Wo ist was passiert?«
    »Die Wimmer Mariedl bin ich. Die Nachbarin von der Brigitte.«
    »Was ist mit Brigitte?«
    »Schreie hab ich g’hört. Laute Schreie. Geläutet hab ich. Aber sie macht nicht auf.«
    »Ich komme, so schnell ich kann.«
    Mit quietschenden Reifen bog er auf den Südring und verließ ihn gleich wieder in Richtung Zentrum. Mit siebzig Stundenkilometern statt der vorgeschriebenen dreißig schoss er durch Mariahilf und St. Nikolaus. Mit hundert Sachen jagte er die Haller Straße entlang, erreichte das Olympische Dorf und stand zehn Minuten nach dem Anruf im Halteverbot, direkt vor Brigittes Haus. Frau Wimmer wartete im Treppenhaus auf ihn. Sie trug einen hellblauen Schlafrock mit violetten Punkten und rang die Hände vor Aufregung.
    Robert läutete Sturm und hämmerte mit den Fäusten gegen die Tür. Keine Reaktion. Er legte das Ohr ans

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