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Tod in Innsbruck

Tod in Innsbruck

Titel: Tod in Innsbruck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Avanzini
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Schlüsselloch. Ein leises Stöhnen war zu hören, vielleicht bildete er es sich aber auch nur ein.
    »Wir müssen den Schlüsseldienst holen«, sagte er zu Frau Wimmer.
    »Aber nein, Herr Robert, ich hab doch einen Reserveschlüssel, seit sich die Antonia einmal versehentlich ausgesperrt hat.«
    Mit zitternden Fingern sperrte Robert auf.
    »Brigitte?«
    Das Stöhnen kam aus ihrem Zimmer. Mit wenigen Schritten durchquerte er den engen Flur. Frau Wimmer tappte wie ein neugieriger Dackel hinter ihm her.
    Er riss die Zimmertür auf. »Bri…«
    Dann erstarrte er. Frau Wimmer stieß einen heiseren Schrei aus.
    Brigitte war splitternackt. Mit kreisenden Hüften und wogenden Brüsten ritt sie auf einem Mann, dessen Gesicht mit den hohen Wangenknochen und dem grau melierten Kinnbart ihm bekannt vorkam. Er konnte es aber nicht einordnen.
    Ohne in ihren obszönen Bewegungen innezuhalten, drehte Brigitte den Kopf zur Tür und lachte.
    »Hallo, Frau Wimmer. Wollen Sie auch mitmachen? Meinem Exmann und Ihnen würde so eine Nummer bestimmt guttun.«
    Keuchend taumelte Robert zurück, packte Frau Wimmer am Arm und floh aus der Wohnung.
    Kurz bevor die Tür ins Schloss fiel, hörte er Brigittes spitze Lustschreie.
    »Entschuldigen Sie, Herr Robert«, stammelte Frau Wimmer. Schamröte färbte ihre Wangen. »Ich hab wirklich geglaubt, es ist was passiert.«
    »Schon gut, Sie können ja nichts dafür.«
    »So ein Flittchen«, murmelte sie. »Seit die Antonia nicht mehr da ist, nimmt sie sich alles Mögliche heraus. Pietätlos ist das.«
    »In ein paar Wochen ist sie ja wieder da, die Antonia.«
    Frau Wimmer starrte Robert mit offenem Mund an.
    »Die kommt nimmer heim.«
    »Was? Wieso?«
    »Die liegt doch im Sterben. Im Hospiz.«
    »Antonia? Aber …«
    »Bauchkrebs hat sie. Die Frau Brigitte hat’s mir erzählt. Ich wollt sie ja besuchen, die Antonia, aber meine Beine machen nicht mehr mit.«
    Robert schluckte. »Bauchspeicheldrüsenkrebs? Sind Sie sicher?«
    Die alte Frau nickte. »Dabei ist sie erst dreiundsechzig. Das ist ja kein Alter.«
    Mariedl Wimmer verschwand in ihrer Wohnung und winkte Robert zu. »Grüßen Sie sie von mir, wenn Sie sie besuchen, gell?«
    »Mach ich, Frau Wimmer. Wiedersehen.« Fassungslos stolperte Robert treppab.
    Er hatte Antonia immer gemocht, ihre Umsicht, ihre Ruhe, die Fürsorglichkeit, die sie ausstrahlte. Ihr ganzes Leben hatte sich die arme Frau abgearbeitet. Und jetzt das. Ausgerechnet ein Pankreas-Ca, eine der bösartigsten Krebsarten!
    Brigitte schien die Krankheit der Mutter wenig zu kümmern. Zu Roberts Erstaunen war sie vollkommen nüchtern gewesen. Anscheinend malte sie auch wieder. Auf der Staffelei hatte er eine begonnene Skizze gesehen, wie in alten Zeiten.
    Plötzlich stutzte er. Wieso um alles in der Welt hatte sie Paul erzählt, Antonia sei verreist? Was war denn nun richtig? Krebs oder Kreuzfahrt?
    Wie in Trance nahm er den Strafzettel von der Windschutzscheibe und stieg in seinen Twingo. Er fuhr los, quer durch die Stadt, ohne zu überlegen, wohin er wollte.
    Als er wieder zu sich kam, befand er sich auf dem Südring. Die Ampel an der Grassmayr-Kreuzung zeigte Rot. Robert bremste. Sein Blick fiel auf eine schlanke Gestalt in Minirock und schwarzen Lackstiefeln, die sich am Mast einer Straßenlaterne räkelte. Die Nutte kam näher, wedelte mit ihrer Plüschstola, lächelte.
    »Na, Kleiner, wie wär’s?«, rief sie durchs halb geöffnete Fenster.
    Er zögerte.
    »Du siehst aus, als hättest du’s bitter nötig.«
    Sie hatte den Türgriff schon in der Hand, da sprang die Ampel auf Grün. Der Twingo heulte auf, als Robert das Gaspedal durchdrückte.
    »Scheißkerl!«
    Im Rückspiegel sah er den hochgereckten Mittelfinger der Stricherin.
    Er lachte bitter und schüttelte sich, um die Bilder von Brigitte und ihrem Liebhaber loszuwerden. Er kannte ihn, hatte ihn erst vor Kurzem gesehen. Aber wo? Natürlich! Im Klavierkonzert von diesem Wunderkind. Sergej Sofronsky, der Pianist.
    Robert schüttelte den Kopf. Wenigstens hatte er wieder was gelernt: Sein schlechtes Gewissen gegenüber seiner Exfrau konnte er sich ein für alle Mal abschminken. Sie kam ganz gut ohne ihn zurecht. Viel besser, als er gedacht hatte.
    Dafür sorgte er sich jetzt um Antonia. Sosehr er ihr die Kreuzfahrt gegönnt hätte, er glaubte eher an den Krebs. Er nahm sich vor, im Hospiz anzurufen und Antonia möglichst bald zu besuchen; sich zu vergewissern, dass sie eine adäquate Schmerztherapie bekam. Etwas anderes

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