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Tod in Innsbruck

Tod in Innsbruck

Titel: Tod in Innsbruck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Avanzini
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Kruzi… Was schauen S’ denn so verdattert, Mitterhofer? Natürlich ärgere ich mich. Jetzt können wir ganz von vorne anfangen. Die Meyring müssen wir laufen lassen. Wer im Ziegelstadel sitzt, kann weder morden noch Leichendumping begehen.«
    Prantl zeigte auf ein kreisrundes Loch im Bauch des Opfers. »Haben Sie schon gesehen, dass der Nabel entfernt wurde?«
    »Bei Briguglia die Augen, bei Sofronsky der Pimmel und jetzt der Nabel. Was sagt uns das?«, murmelte Heisenberg.
    In Wurz’ Augen blitzte etwas auf. »Der Mörder entfernt die Schwachstelle des Opfers. Bei Briguglia waren es die Augäpfel – er war blind. Sofronsky hat Schülerinnen missbraucht, also der …«
    »Schon klar, worauf Sie hinauswollen. Aber welche menschliche Schwäche kann mit dem Nabel zu tun haben?«
    »Nabel … Nabelschnur … Geburt«, sagte Wurz.
    »Vielleicht konnte die Tote keine Kinder bekommen? Oder sie hat abgetrieben.«
    »Guter Hinweis, Mitterhofer.« Ächzend erhob sich Heisenberg. Seine Knie fühlten sich taub an. »Oder das Opfer hat sehr wohl ein Kind geboren. Ein ganz bestimmtes Kind, nämlich unseren Mörder.«
    »Sie meinen, das könnte die Mutter unseres Täters sein?«, murmelte Wurz. »Interessant. Das wäre auch ein Grund, warum er sie zerstückelt und weggebracht hat. Vielleicht wohnt er im selben Haus.«
    »Und die zerstückelten Gliedmaßen, die wir im Wald gefunden haben, das war dann wohl die Großmutter«, sagte Mitterhofer.
    Heisenberg winkte ab. »Lauter Spekulationen. Lassen wir das. Die Leichenteile vom Gramartboden könnten allerdings tatsächlich mit zur Serie gehören, nach den neuesten Erkenntnissen.« Er fühlte sich mit einem Mal müde und zerschlagen. Heute Morgen war er mit Elan aufgestanden, guten Mutes, der Meyring das Geständnis abzuringen und damit den Fall zu Ende zu bringen. Und jetzt brach das Gebäude, das er so mühsam errichtet hatte, Stück für Stück zusammen. Die Fassade war schon abgebröckelt. Er versuchte noch, das Dach abzustützen, obwohl er erkennen musste, dass der Dachstuhl aus wurmstichigem Holz zusammengefügt war.
     
    Als zwei Stunden später ein zweiter Koffer mit zerstückelten Gliedmaßen auftauchte, fühlte Heisenberg sich, als hätte ihm jemand einen Tritt verpasst, obwohl er schon am Boden lag. Er verfolgte das Geschehen wie in Trance.
    Eine junge Holländerin hatte den Koffer bei der Annasäule gefunden, als sie mit ihrem Freund für ein Erinnerungsfoto posierte.
    Emotionslos wohnte Heisenberg am späten Vormittag der Obduktion in der Gerichtsmedizin bei. Er stand vollkommen neben sich. Erst als die attraktive Rothaarige die Leber aus dem Torso löste und sie auf den kleinen Metalltisch klatschte, klang das wie eine Ohrfeige, und Heisenberg kam zu sich. Sein Magen rebellierte. Er schaffte es vor die Tür und erbrach sich ins Gebüsch, das irgendein Menschenfreund womöglich extra zu diesem Zweck vor den Eingang des gerichtsmedizinischen Instituts gepflanzt hatte.
    Bei der anschließenden Besprechung in seinem Büro waren alle gedrückter Stimmung, außer Wurz, der durch demonstratives Hochkrempeln der Ärmel und aufmunternde Blicke in alle Richtungen eine Extraportion Elan und Tatkraft signalisierte. Was Heisenberg fast so sehr auf den Magen schlug wie die Tatsache, dass er um einen Auftritt in »Tirol heute« nicht umhinkommen würde. Wenn ein Verrückter Leichenteile mitten in der Innenstadt entsorgte, am helllichten Tag, dann ließ sich das beim besten Willen nicht unter Verschluss halten. Die Medien lechzten nach Informationen.
    »Das ist doch eine große Chance«, sagte Wurz. »Wir müssen die Bevölkerung um Mithilfe bitten. Wenn wir die beiden Koffer im Fernsehen zeigen, melden sich bestimmt Zeugen. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand den Täter mit den Koffern gesehen hat, ist doch sehr groß.«
    »Worauf Sie einen lassen können«, brummte Heisenberg. »Die Telefone werden heiß laufen. Jeder zweite Innsbrucker wird den Täter gesehen haben wollen. Und jeder wird ihn anders beschreiben.«
    »Wir können ja Wetten abschließen«, sagte Bartsch, der lässig die Beine übereinandergeschlagen hatte. »Ich tippe auf siebenundvierzig Anrufer. Wer sagt mehr?«
    Der hatte leicht lachen. Schließlich lag auf seinen Schultern nicht halb so viel Verantwortung. Und es war auch nicht Bartsch, den die Bürgermeisterin angerufen hatte, sondern er, Heisenberg. Wie ein Schulbub fühlte er sich, als ihm das rührige Stadtoberhaupt die Leviten las. Sie sprach von

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