Tod in Innsbruck
also wieder, und ihre Mutter blieb verschwunden. Robert hatte Antonia in keinem Hospiz und keiner Klinik der Umgebung ausfindig machen können. Auch ihr Hausarzt, ein alter Studienkollege von ihm, hatte nichts von einem Pankreaskarzinom gewusst.
Ich werde Brigitte anrufen .
Er musste wissen, wie es ihr ging. Vielleicht erwischte er sie in einer Phase des Selbstmitleids, und vielleicht ließ sie sich auf eine Entziehungskur ein. Einen Platz in einer Spezialklinik bekäme sie sofort, er bräuchte nur seine Beziehungen spielen zu lassen. Wenn er früh genug anrief und sie nüchtern genug war, konnte er sie außerdem nach ihrer Mutter fragen.
Morgen kümmere ich mich darum.
Zuerst musste er schlafen. Einfach nur schlafen und seine Kopfschmerzen loswerden.
ACHTZEHN
»Guten Morgen, Linda.«
»Soll ich Ihnen einen Kaffee kochen?«
»Ja, bitte. Oder nein, doch nicht.« Um vier Uhr früh war Heisenberg mit heftigen Magenschmerzen aufgewacht. Zwar hatten sie sich inzwischen gebessert, aber er wollte lieber vorsichtig sein.
Kaum hatte er sich in den Bürosessel fallen lassen, klopfte es.
Wurz. Er schwenkte einen Zettel und grinste. »Prantl hat eben was rübergefaxt, Chef. Die Analyse der Gewebeproben ist fertig. Halten Sie sich fest.«
»Machen Sie’s nicht so spannend.«
Wurz legte das Fax auf seinen Schreibtisch. Heisenberg kniff die Augen zusammen und versuchte, die medizinischen Fachbegriffe zu entschlüsseln.
»Qualitativer Nachweis«, murmelte er. »General-Unknown-Analyse … Quantifizierung …« Er ließ die Schultern sinken und griff zum Telefonhörer, um Prantl anzurufen.
»Nicht nötig, Chef. Ich habe schon mit ihm telefoniert und kann es Ihnen erklären. In den Körperflüssigkeiten und Gewebeproben von Briguglia sind zwei Substanzen festgestellt worden: Ketamin und Xylazin. Ketamin wird sowohl in der Suchtgiftszene verwendet als auch in der Humanmedizin, als Narkotikum. Das Xylazin aber, das kommt nur in der Veterinärmedizin vor.« Wurz schnaufte vor Aufregung. »Das Verhältnis der Substanzkonzentrationen«, er hatte das Wort sorgfältig ausgesprochen, als hätte er Angst gehabt, darüber zu stolpern, »ist typisch für die sogenannte ›Hellabrunner Mischung‹. Man verwendet sie vor allem zur Betäubung von Wildtieren, zum Beispiel in Zoos.«
»Sehr interessant«, brummte Heisenberg. »Vermutlich wird es bei Sofronskys Proben ähnlich aussehen. Wann bekommen wir diese Ergebnisse?«
»Anfang nächster Woche, sagt Prantl.«
»Dann müssen wir nur noch herausfinden, ob die Meyring Kontakt zu Tierärzten hatte. Forschen Sie in ihrer Verwandtschaft, im Bekanntenkreis.«
»Das macht Mitterhofer gerade.«
Zorn wallte in Heisenberg auf. Wofür war er eigentlich noch hier, wenn jeder eigenmächtig tat, was er wollte?
»Ich hoffe, es ist Ihnen recht, Chef. Ich dachte, so verlieren wir keine Zeit.«
Das Telefon klingelte. Linda hatte eine Musikgymnasiastin in der Leitung. Sie hielt den Anruf für so wichtig, dass sie ihn durchstellte.
»Heisenberg? Mit wem spreche ich?«
»Hallo, mein Name ist Laube. Bernadette Laube. Ich bin eine … ich war eine Schülerin von Professor Sofronsky. In den Nachrichten habe ich gehört, dass jemand festgenommen wurde, eine Vera M. Stimmt das?«
»Hören Sie, ich kann Ihnen über laufende Ermittlungen keine Auskünfte geben. Wenn Sie was auszusagen haben, dann tun Sie’s.«
»Ja, sicher. Es ist nur … so … schrecklich.« Sie schluchzte.
Heisenberg sah zu Wurz hinüber und verdrehte die Augen. »Wie alt sind Sie?«
»Sechzehn.«
Er durfte das Mädchen nicht verschrecken. Sachte, sachte. »Hör zu, Bernadette, ich darf doch Du sagen? Beruhige dich erst mal. Atme tief durch. Und dann erzähl mir ganz langsam, was du auf dem Herzen hast.«
»Ich war eine gute Freundin von Isabel Meyring und habe mit ihr im selben Zimmer gewohnt, im Schülerheim. Sie ist vor Kurzem gestorben.«
»Das ist uns bekannt.«
»Danach kam ihre Schwester zu mir, Vera. Sie hat herausgefunden, dass Isa missbraucht wurde. Und sie wollte wissen, von wem.«
»Wusstest du denn etwas?«
»Ich hab Isas Tagebuch gefunden. Da stand alles drin. Alles von Sofronsky und ihr.«
»Und das hast du Vera Meyring erzählt.«
»Nein, nicht gleich. Weil … weil er mein Klavierlehrer war und ich ihn schützen wollte. Deshalb hab ich zuerst gelogen. Ich habe ihr gesagt, dass es Luca Briguglia war.«
»Warum gerade der?«
»Einfach so. Weil er ein stadtbekannter Weiberheld ist. Und weil Vera
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