Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod in Kreuzberg

Tod in Kreuzberg

Titel: Tod in Kreuzberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Ditfurth
Vom Netzwerk:
fragte er.
    »Wirst du sehen.«
    »Warum entführst du uns?«
    »Aber wie kommst du denn darauf? Wir machen eine Spazierfahrt. Entführung, so etwas würden wir nie tun.« Die anderen beiden Typen lachten fröhlich.
    Manchen macht es Spaß zu töten. Das hatte Schmelzer gesagt. Ob Ali und seine Komplizen zu dieser ominösen Killerbande gehörten? Sie sahen nicht so aus, aber wie sahen bitteschön Killer aus? Schmelzer hatte sie gewarnt, und er hatte recht gehabt. Diese Killer fielen nicht auf, weil sie wie alle anderen Menschen in der Stadt wohnten, Spießer wie du und ich, der Oberkiller lässt sich von Mama verwöhnen. Wohnt in einer Sozialwohnung in einer elenden Gegend. Killer sind doch reich und genießen den Luxus. Matti wusste natürlich, dass er sich Klischees erzählte, aber Alis Existenz widersprach allem, was man sich über einen Berufsmörder zusammenreimte. Guter Schüler, braver Sohn. Aber Schutzgelderpresser passte auch nicht dazu. Oder hatte Mustafa ihn angelogen? Nein, unmöglich. Dazu war der zu dumm und zu eingeschüchtert von Ali. Ob diese Typen zu seiner ehemaligen Schulbande gehörten?
    Twiggy erreichte die Autobahn und fädelte sich in den starken Verkehr Richtung Norden ein. Dornröschen war in sich versunken. Matti legte seine Hand auf ihre und drückte sie. Dornröschen reagierte nicht. Ihre Augen starrten in die Nacht, vielleicht hatte sie schon abgeschlossen mit dem Leben.
    Matti überlegte, dass er ohnehin nicht im Bett hatte sterben wollen. Doch Barrikaden, auf denen man die Kugel einfing, gab es nicht mehr, die letzten Revolutionäre würden in ihren Betten sterben, während der Kapitalismus sich selbst zugrunde richtete.
    »Du fährst gut«, sagte Ali.
    Ich hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet Twiggy mich zur eigenen Beerdigung fahren würde. Mattis Gefühle hatten sich seltsam gemischt: Trotz, Angst, Hoffnungslosigkeit, Entsetzen, Wut. Ich will nicht, dass Twiggy und Dornröschen sterben. Wenn ich dran glauben muss, wäre es ein Abschluss. Ich habe es mir so nicht gewünscht, aber ich finde mich damit ab. Nicht schön, dass drei Hosenscheißer sie reingelegt hatten, aber man kann sich seine Mörder nicht aussuchen. Erschießen, das geht schnell. Ein kurzer furchtbarer Augenblick, und dann wäre alles schwarz. Lara ist mir vorausgegangen, wie schade, dass ich nicht ans Jenseits glaube. Nicht einmal jetzt. Mein Leben war einigermaßen in Ordnung. Ich habe nicht erreicht, was ich hätte schaffen können, doch ich bin mir treu geblieben. Gewiss war ich manchmal feige. Er erinnerte sich, wie er bei einer Demo am Kotti abgehauen war vor der Bullenübermacht, obwohl er eine Zwille und eine Hosentasche voll Krampen gehabt hatte. Andere waren standhaft geblieben und niedergeknüppelt worden. Aber insgesamt hatte er sich gut geschlagen. Vor allem hatte er nie einen Genossen verraten. Er hat sich nicht eingelassen auf die Verlockungen der Bullen: Ermittlungen einstellen, Strafminderung und überhaupt. Er hatte sich nie eingelassen auf die Verlockung, zum Feuilletonlinken zu werden, wortradikal mit Augenzwinkern, was die Salonbolschewisten als superschick bejubelten, auch weil es so schön folgenlos war. Es war Revolutionär geblieben, obwohl die Revolution abgesagt worden war, ohne dass ihn einer gefragt hatte.
    Der Boxermotor schnurrte, und Matti hätte sich so gewünscht, dass er diesmal in einer Rauchwolke explodieren würde. Eine Chance, sie brauchten nur eine einzige Chance. Die Makarovs waren unter der Bank im Laderaum. Eine einzige Chance. Vielleicht könnte Twiggy scharf bremsen, aber da würde sich ein Schuss lösen und womöglich nicht nur einer. Wenn Twiggy gegen einen Brückenpfeiler oder Baum führe oder sonst einen Unfall verursachte, wäre es das Gleiche. Matti zweifelte nicht, dass der Freund fieberhaft nachdachte, was er tun konnte, um die drei Typen loszuwerden. Twiggy starrte nach vorn wie Dornröschen. Die sah aus, als wäre sie nicht anwesend, aber natürlich suchte auch sie einen Plan.
    Wenn nicht auf der Fahrt, dann beim Aussteigen. Nein, er wollte nicht sterben. Es war zu früh. Einen Augenblick dachte er: Du bist zu feige, zu sterben. Du wirst immer Schiss haben. Nimm es an, es ist besser, als im Bett zu sterben. Es geht schnell. Kein Leiden, kein Krankenhaus, keine Pflege. Und Matti staunte, was für einen Mist sich ein Hirn ausdenken konnte, um mit der Angst fertig zu werden.
    »Und dann die B 96, Richtung Oranienburg«, sagte Ali vergnügt.
    Der Typ ist pervers,

Weitere Kostenlose Bücher