Tod in Kreuzberg
beobachteten Matti und Gaby und lachten, sie hinter vorgehaltener Hand.
Ein Bus fuhr vorbei, die Fahrgäste glotzten.
Endlich durfte Matti begründen, warum er sich umgestylt hatte. Gaby grinste, aber sie verstand. Vor allem, dass sie besser nicht allein die Göktans beobachtete. Es konnte ja sein, dass einer von denen ein Mörder war. Da lachte sie nicht mehr.
Sie hakte sich bei Matti ein, und der brachte sie zu seinem Taxi, das auf dem Center-Parkplatz stand. Sie fuhren vor das Haus, in dem die Göktans wohnten.
»Da oben.« Matti zeigte zu den Fenstern der Wohnung, in denen Licht brannte. »Vielleicht haben wir Glück, und die kommen wieder zusammen raus. Diesmal würde ich Berkan folgen.«
Es erschien nach einer Dreiviertelstunde aber Ali in einer dunkelblauen Kapuzenjacke, weißen Turnschuhen und Jeans. Er blickte sich um und ging los, zielstrebig und schnell. Matti startete den Motor und rollte hinterher. »Vorsicht! Vorsicht!«, murmelte er.
Ali ging den gleichen Weg wie beim letzten Mal. Die Turnschuhe schimmerten in der Dämmerung. Wenn Matti hielt, schaltete er das Licht aus, ließ aber die Bremslichter leuchten.
Kurz vor der Kreuzung der Schivelbeiner mit der Schönfließer Straße verbreiterte sich die Fahrbahn auf zwei Spuren pro Richtung.
Ali marschierte in die Schönfließer Straße, vorbei an einer großen Baustelle, wo offenbar ein Büropalast hochgezogen wurde, und verschwand in einer Kneipe. Neben der Tür ein Schild mit dem Halbmond auf rotem Hintergrund. Eine große Milchglasscheibe im Fenster ließ Streulicht auf die Straße fallen.
»Und nun?«, fragte Gaby.
»Warten.«
»Irre aufregend.«
Matti stellte sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite mit dem Heck zum Bürgersteig in eine Parklücke und schaltete das Licht aus. Sie hatten den Eingang im Blick.
»Hoffentlich gibt’s hinten keine Tür«, sagte sie.
»Lauf doch mal außen herum«, sagte Matti. »Wir machen eine Handystandleitung, während du unterwegs bist.«
»Okay, mein Gebieter«, sagte Gaby und stieg aus.
Es rauschte eine Weile am Ohr, dann sagte sie: »Ich bin in der Dänenstraße. Da ist eine Papistenburg …«
»Was?«
»’ne Kirche«, stöhnte Gaby. »Ich geh rein, die werden schon einen Hinterausgang haben.«
Er hörte ihren Atem, dann klackte es. »Mein Gott, ist die schwer«, schimpfte Gaby. »Aber ich komm rein.«
Jetzt hatte er Hall im Hörer. Er hörte ihre Schritte. Dann klackte es wieder. »Ich bin auf dem Hinterhof der Betanstalt«, flüsterte sie. »Scheiße, da ist eine Mauer. Das Ding ist abgesichert wie ein Knast. Na ja, ist ja so was Ähnliches … aber ich sehe eine Tür.« Es klapperte. »Abgeschlossen«, fluchte Gaby. »Wenn hier einer nicht reinkommt, dann der liebe Gott.«
»Der kommt von oben«, antwortete Matti, »und schlüpft dann durch den Schornstein.«
»Du verwechselst ihn mit dem Weihnachtsmann. Außerdem haben die bestimmt Stacheldraht in den Schornstein eingebaut. Da reißt sich der liebe Gott das Ärschlein auf.« Es klackte, dann Schleifgeräusche, ein dumpfer Schlag.
»Gaby! Alles klar?« Er hatte die Hand am Zündschlüssel.
»Ja«, flüsterte sie. »Bin über die Mauer geklettert.«
»Pass auf!«
»Ruhe«, sagte sie.
Er hörte nur ihren Atem.
»Geh nicht zu dicht ran«, flüsterte er.
»Ruhe!«
Etwas knackte. »Au!«, schnaufte sie. »So ein Scheißding.«
»Was ist los?«
»So ein Stängel mit grünem Zeug dran … Ich glaube, man nennt das einen Ast. Mitten ins Gesicht«, schimpfte sie leise.
Er hörte ihrer Stimme an, wie nervös sie war.
»Pass auf oder komm lieber zurück.«
»Quatsch.«
Wieder ein Knacken.
»Alles klar.«
»Jetzt halt doch mal die Klappe«, schimpfte sie. »Also, die Kneipe hat eine Hintertür. Es ist ein Fenster drin, ich sehe das Licht.« Stille, dann: »Jetzt geht sie auf.«
Matti spürte ihre Anspannung.
»Ein Typ kommt raus … noch einer.« Sekundenlanges Schweigen. »Sie rauchen.«
»Ist Ali dabei?«
»Nein. Ich schleich mich ran.«
»Vorsicht!«
Er hörte ein Knacken, dann einen unterdrückten Fluch. »Was ist?«
»Pst!«
Schweigen. Im Hintergrund hörte er Männerstimmen, aber er verstand nicht, was sie sagten. Zwei Stimmen, dann ein Klacken, eine dritte Stimme. Jugendlicher, jedenfalls heller, aber ein Mann.
»Ali ist da«, sagte sie leise.
»Komm zurück«, sagte er.
»Pst!«
Stimmengemurmel. Ein Pfeifen. Er sah den Hubschrauber, der blinkend aus dem Nachthimmel auftauchte, um sich gleich wieder von ihm
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