Tod in Lissabon
klatschend gegen den Wagen und brachte ihn ins Schleudern. Das Grübeln hatte Felsen nervös gemacht. Er verspürte ein unangenehmes Gefühl zwischen den Schultern und hatte auf einmal den Verdacht, dass die Rückbank seines Wagens nicht leer war.
Wieder mal betrunken, dachte er seufzend.
Auf einem langen geraden Stück der Straße kam ihm ein Auto entgegen, und beide Fahrzeuge blendeten ab. Als der andere Wagen näher kam, nutzte Felsen das Licht, um im Rückspiegel einen prüfenden Blick nach hinten zu werfen. Nichts. Er streckte die Hand aus und fuhr über den Sitz. Einfach nur betrunken.
Die Straße wand sich in Serpentinen durch einen dunklen Kiefernwald vorbei an Malveira da Serra und weiter den Berg hinauf. Felsen kurbelte am Lenkrad und ließ es dann wieder durch seine Finger gleiten. Auf seiner Oberlippe hatten sich winzige Schweißtröpfchen gebildet.
Auf der Kuppe des Hügels bog er ab, fuhr durch das Dorf Azóia und weiter in Richtung Leuchtturm, wo sein Haus in seinen eigenen Hof gekauert dem Wetter trotzte. Als er ausstieg, um das Tor zu öffnen, blähte der Wind seine Lunge, und Regen prasselte auf seine heißen Ohren. Er fuhr den Wagen vor die Garage und ging zurück, um das Tor zu schließen. Im Licht der Außenlampe erkannte er Fußspuren, die über den feuchtschlammigen Boden zum Haus führten.
Er verglich sie mit seinen eigenen Abdrücken und stellte fest, dass sie kleiner waren. Er schluckte. Die Polizei hatte ihn gewarnt, dass auf den Straßen der Serra da Sintra Banditen ihr Unwesen trieben. Er fuhr den Wagen in die Garage, öffnete das Handschuhfach und nahm die alte Walther P48 heraus, die er aus dem Krieg aufbewahrt hatte, überprüfte das Magazin und steckte die Waffe in den Hosenbund. Er machte sich Sorgen, dass die Munition durch die Seeluft korrodiert sein könnte, und versuchte sich zu erinnern, wann er das verdammte Ding zum letzten Mal geölt hatte.
Dann stolperte er ins Haus und sah sein maskenartiges Gesicht im Flurspiegel. Vielleicht war das alles. Er war betrunken und hatte die Fußspuren des Gärtners gesehen. Das musste es sein. Der Gärtner reichte ihm nicht einmal bis zur Schulter und hatte geradezu elfenhafte Füße. Er spitzte die Ohren und hörte doch nur die Ohrgeräusche, die ihn seit seiner Rückkehr aus Afrika plagten.
Er putzte sich die Füße ab und ging den Flur hinunter. Seine Ledersohlen knarrten laut auf den Holzdielen. Er schaltete das Licht in der Küche an. Leer. Er ging weiter ins Wohnzimmer und machte auch hier eine Lampe an. Der Rembrandt blickte auf ihn herab. Er ging zur Anrichte und goss sich ein Gläschen aguardente aus einer unbeschrifteten Flasche ein. Der hochprozentige Schnaps klärte seinen Kopf kurz, und die Paranoia legte sich ein wenig. Er zündete sich eine Zigarette an, zog zweimal hastig daran und drückte sie wieder aus. Dann nahm er die Pistole aus dem Hosenbund und drehte sich um.
Neben der Tür stand ein Mann. Sein graues Haar war aus der Stirn gekämmt, die Schultern seines blauen Regenmantels glänzten feucht, und in der Hand hielt er eine Pistole.
»Schmidt«, sagte Felsen, erstaunlich ruhig, wenn man bedachte, dass ihm der Name durch den Kopf schoss wie eine gezündete Handgranate.
Schmidt fasste den Griff seines Revolvers fester, und der etwa zehn Zentimeter lange Lauf der Waffe beschrieb einen kleinen Kreis. Er war überrascht, dass Felsen bei seinem Anblick nicht vollkommen perplex reagierte, sondern vielmehr eine Walther in der Hand hielt. Wie konnte der Mann bereit und bewaffnet sein? Wusste er etwas?
»Sie sollten die Pistole lieber runternehmen«, sagte Schmidt.
»Das könnten Sie ganz genauso gut tun.«
Keiner der Männer rührte sich. Schmidt atmete laut durch seine gebrochene Nase. Seine Lippen waren fest aufeinander gepresst, der Stress der Situation ließ seine Kiefernmuskeln mahlen, während sein Verstand so angestrengt arbeitete wie ein Großmeister im Schach, nur nicht mit derselben Klarheit.
»Zigarette?«, fragte Felsen.
»Ich habe aufgehört«, antwortete Schmidt. »Meine Lunge hat das tropische Klima nicht vertragen.«
»Dann vielleicht einen Drink?«
»Ich habe schon einen Cognac getrunken.«
»Ich wusste nicht, dass Sie überhaupt trinken.«
»Das tue ich normalerweise auch nicht.«
»Dann trinken Sie noch einen. Vielleicht kommen Sie ja auf den Geschmack.«
»Lassen Sie die Waffe sinken.«
»Lieber nicht«, sagte Felsen, dem das Herz bis zum Hals pochte. »Warum legen wir nicht beide unsere
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