Tod in Lissabon
Nummern zu groß ist.«
Wir suchten erfolglos die Werft und den Parkplatz ab. Ich setzte mich auf den Kiel eines Bootes, rauchte, sah aufs Meer und kam mir nützlich vor. Wir gingen ins A Bandeira Vermelha und tranken aus vinho verde destillierten aguardente , den António in 5-Liter-Flaschen aus Minho mitgebracht hatte.
Faustinho setzte zu einer weiteren ausführlichen Beschreibung des Jungen an, weil er das Gefühl hatte, ich würde ihm nicht glauben. António und ich lehnten uns an den Tresen und sahen gleichgültig zu, wie Faustinho die Größe des Jungen an seiner eigenen Schulter anzeigte.
Ich schlenderte durch den warmen Abend nach Hause und drückte mich eine Weile an der Treppe zum Speicher herum, aber dann ging ich doch gleich ins Bett und schlüpfte nackt zwischen die Laken, Luísas Geruch noch immer auf meiner Haut.
29
16. Juli 1964,
Pensão Isadora, Praça da Alegria, Lissabon
Manuel Abrantes schreckte aus dem Schlaf und starrte auf den abgetretenen Bettvorleger. Sein Gesicht war schweißnass, sein Kopf schwer vom Alkohol. Er erkannte das Zimmer nicht wieder, bis der Geruch eines billigen Parfüms und ein leichtes Schnarchen seiner Erinnerung auf die Sprünge halfen. Er blickte über seine Schulter und versuchte erfolglos, sich an ein Gesicht oder einen Namen zu erinnern. Sie war jung, ein bisschen dick und hatte einen leichten Damenbart. Das Laken um die Hüften geschlagen, lag sie auf dem Rücken, ihre weit auseinander liegenden Brüste waren in ihre Achselhöhlen gerutscht. Ihr Alentejo-Akzent fiel ihm wieder ein.
Er stand auf, wischte sich den Schweiß aus dem Schnauzer und ekelte sich vor dem Geruch des Mädchens, der immer noch an ihm haftete. Er fand ein Handtuch, ging den Flur hinunter ins Bad und duschte in einer gusseisernen Duschwanne unter tröpfelndem, lauwarmem Wasser. Der leichte Kopfschmerz, der eingesetzt hatte, beunruhigte ihn nicht weiter, im Gegensatz zu den Schmerzen in seinem Penis. Sie erzählten einem ja immer, dass sie sauber waren, aber …
Er zog sich an. Sein Hemd befand sich in einem erschreckenden Zustand. Am Vortag war es glutheiß gewesen, und er hatte zu viel getrunken, sodass er doppelt geschwitzt hatte. Er musste vor der Arbeit zu Hause in Lapa vorbeifahren und ein frisches Hemd anziehen. Dieses hier war jedenfalls ruiniert. Er sah aus wie ein erfolgloser Handelsvertreter und nicht wie ein noch nicht einmal zwanzigjähriger agente de ia classe bei der Polícia Internacional e de Defesa do Estado.
Er legte eine Münze auf den Nachttisch und ging. In der Praça da Alegria suchte er seinen Wagen, bis ihm einfiel, dass er ihn im Bairro Alto hatte stehen lassen. Er ging die Rua da Gloria hinunter und nahm den elevador den Hügel hinauf, wo er seinen in der Rua de Dom Pedro V geparkten Wagen fand und nach Lapa fuhr. Das Haus war still. Der Rest der Familie verbrachte den Sommer in der Villa in Estoril. Er rasierte sich, duschte erneut und zog sich frische Sachen an.
Dann betrachtete er sich im Spiegel, zupfte das Hemd über seine Wampe und steckte es dann wieder in den Hosenbund, unschlüssig, was besser aussah. Er wollte in absoluter Topform bei der Arbeit erscheinen, und der Tag hatte schon schlecht angefangen, auch wenn er hoffte, dass er sich jetzt wieder so weit im Griff hatte, dass alles seinen gewohnten Lauf nehmen würde.
Er fuhr auf die Avenida Marginal und stellte erst am Stadtrand fest, dass die Luft heute kühler und sauberer war. Nach fünf Tagen drückender Schwüle schimmerte das Meer wieder blau, der Himmel war wolkenlos, die beiden Stahlpfeiler der Ponte Salazar, der in Bau befindlichen Hängebrücke über den Tejo, zeichneten sich gestochen scharf vor der breiten friedlichen Mündung ab. Die Arbeiter waren bereits draußen auf der riesigen Betonrampe und trafen Vorbereitungen, das erste Kabel über den Fluss zu spannen.
In Belém machte er Halt, um sich in Antiga Confeitaria einen Kaffee und eine pastel de nata , ein mit Sahnecreme gefülltes Gebäckstück, zu gönnen. Es wurden drei daraus, bevor er eine Zigarette rauchte. Den Körper gereinigt, den Magen besänftigt, begann er, sich auf seine Arbeit zu freuen. Er war seit zweieinhalb Jahren bei der PIDE und hatte es keinen einzigen Tag bereut. Das erste Jahr hatte er in der Lissaboner Zentrale in der Rua António Maria Cardoso in Chiado verbracht, wo er seinen Vorgesetzten sein natürliches Talent für diese Art Arbeit bewiesen hatte. Sie mussten ihm nicht einmal erklären, wie man
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