Tod in Lissabon
auf ihren Hals.
»Was machst du in Reguengos?«, fragte er.
»Ich arbeite an einem Webstuhl. Ich mache mantas. « Decken.
»Hat die Fabrik über den Sommer geschlossen?«
»Nein. Ich habe Urlaub bekommen, um meinen Onkel zu besuchen.«
Sobald sie es ausgesprochen hatte, wollte sie es zurücknehmen. Sie hatte ihren Onkel nie zuvor erwähnt. Das fiel auch Manuel auf, doch er tat so, als hätte er es gar nicht bemerkt. Am Ende würde sowieso alles rauskommen. Sie faltete die Hände um ihr Knie, als könnte sie so verhindern, dass ihr weitere Geheimnisse entschlüpften. Bei diesem Mann musste sie vorsichtig sein.
»Irgendwo im Süden gibt es eine große Messe für mantas , stimmt’s?«, fragte Manuel.
»In Castro Verde.«
»Da war ich noch nie.«
»In Lissabon ist die Nachfrage nach mantas nicht besonders groß«, sagte sie, und er kam sich ein wenig dumm vor.
»Das stimmt«, sagte er. »Ich stamme aus der Beira.«
»Ich weiß.«
»Woher?«
»Der Käse auf dem Brot«, sagte sie, um ihm zu demonstrieren, dass sie wieder hellwach war.
»Mein Vater hat ihn mitgebracht, dazu chouriços , morcelas und presuntos . Ohne Frage die beste Blutwurst und der beste Schinken in Portugal.«
»Gegen einen guten paio Alentejano ist auch nichts einzuwenden.«
»Die Hitze. Die Hitze tut ihm nicht gut. Sie macht das Fleisch scharf.«
»Wir haben unsere Kühlmethoden.«
»Natürlich, Kork.«
»Und die Korkeichen werfen Eicheln ab, mit denen wir die Schweine füttern, damit das Fleisch …«
»Vielleicht hast du Recht«, sagte er und genoss es, sich so mit einer Frau zu unterhalten. »Wenn wir an den Alentejo denken, denken wir immer nur an die Hitze.«
Und an die Kommunisten, dachte sie.
»Und an den Wein«, sagte sie.
»Ja, ein exzellenter tinto , aber ich persönlich ziehe einen Dão vor.«
»Ja, Sie kommen ja auch aus dem Norden.«
»Wenn das hier alles vorbei ist, würde ich dir gern zeigen …«, begann er und ließ den Satz unvollendet.
Sie erstarrte innerlich und betrachtete intensiv das Ohr des Mannes, der vor sich hin lächelnd auf die gegenüberliegende Wand starrte. Dann drehte er sich um, und ihre Blicke trafen sich.
»Wenn was alles vorbei ist?«, fragte sie.
»Dieser Widerstand.«
»Wessen Widerstand … gegen was?«
»Dein Widerstand«, sagte er und blickte auf sie herab.
Er strich mit Daumen und Zeigefinger über ihren schlanken Knöchel und weiter bis zu ihrer Fußspitze. Sie hätte am liebsten laut geschrien, doch Panik schnürte ihr die Kehle zu. Sie presste ihren Hinterkopf an die Wand und schloss kurz die Augen, um sich zu sammeln. Als sie sie wieder aufschlug, war er näher an die Pritsche getreten und lächelte sie an. Sein Gesicht kam noch näher, und er öffnete die vollen roten Lippen unter seinem Schnauzer.
»Filho da puta« , murmelte sie leise, als er ihr so nahe gekommen war, dass ihr Atem sich vermischte. Sein Kopf schnellte zurück, als hätte sie ihn geohrfeigt.
Mit einem Mal war die Freundlichkeit aus seinem Gesicht verschwunden. Seine Züge wurden hart, sein Blick verschleierte sich, und er kniff die Augen zusammen. Mit seiner großen weichen Hand packte er eine Strähne ihres blonden, fettigen Haars und riss ihren Kopf herum.
Dann drückte er sie mit der Faust in ihrem Nacken auf die Pritsche und zerrte an ihrem Rock. Ihre Stimme versagte. Kein Laut kam über ihre Lippen. Er schob den Rock über ihre Hüften. Sie schlug blindlings hinter sich. Er riss ihren Kopf zurück und schlug ihr Gesicht gegen die Wand. Wie ein wildes Tier zerfetzte er ihren Slip. Ihr wurde schwarz vor Augen, und sie nahm alles nur noch verschwommen wahr. Nur ein einziges Mal, als ein stechender Schmerz zwischen ihre Beine fuhr, wimmerte sie wie ein kleines Kind in der Nacht.
In weniger als einer Minute war es vorbei. Sie rutschte von der Pritsche und spürte den kalten Betonboden an ihrer Wange. Sie erbrach das Käsebrot und das Wasser. Er versuchte, sie aufzuheben, doch ihr Körper zog nach unten wie ein totes Gewicht. Er trat sie heftiger als beabsichtigt in den Bauch. Es war, als ob in ihrem Innern etwas zerbrach. Er packte ein Bein und ihr Haar, rammte ein Knie in ihren Magen und hievte sie zurück auf die Pritsche. Der Schmerz schoss bis in ihren Kopf.
Er drehte sie um, schnallte sie wieder fest und setzte ihr den Kopfhörer auf. Schwer atmend kniff er sich in die Nase und schleuderte Schweiß und Schleim auf den Boden. Dann schaltete er die Anlage wieder ein, zog sich hastig den
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