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Tod in Lissabon

Tod in Lissabon

Titel: Tod in Lissabon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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beim Personal der pastelaria prompt eine Niete. Ich ging ins Café Bella Italia , dessen Barkeeper Catarina gesehen hatte, als sie nach dem Treffen in der Pensão Nuno einen Kaffee getrunken hatte. Ein anderer Barkeeper hatte Dienst, doch er verwies mich an eine alte Frau, die am Fenster saß.
    »Es ist ihre erste Schicht«, sagte er. »Vormittag bis zum frühen Abend. Auf dieser Straße passiert nichts, das sie nicht mitkriegt.«
    Ich redete mit ihr. Ihre Haut war wie Krepppapier. Sie trug weiße Handschuhe mit einem Knopf am Handgelenk, ein gestärktes blaues Kleid und Lederschuhe mit flachen Absätzen. Als ich ihr das Foto des Mädchens zeigte, nickte sie. Sie hatte sie mit einem Mann gesehen, dessen Beschreibung auf Jamie Gallacher passte.
    »Sie haben keinen glücklichen Eindruck gemacht«, sagte sie und wandte sich wieder dem Foto zu.
    Fünf Meter die Straße hinunter war die Ampel, wo die Avenida Cinco de Outubro die Avenida Duque de Ávila kreuzte und wo Catarina laut Jamie Gallachers Aussage in den Wagen gestiegen war. Die Kreuzung war von Wohn- und Bürogebäuden gesäumt. Am Freitagnachmittag mussten jede Menge Leute auf dem Weg ins Wochenende gewesen sein. Ich ging zu der Bushaltestelle gegenüber dem Bella Italia . Gegen acht stiegen hier immer mehr Menschen aus. Wenn Gallacher das Mädchen geschlagen hatte, musste irgendwer, der an dieser Bushaltestelle gewartet hatte, das beobachtet haben.
    Eine Gruppe Portugiesen zu disziplinieren ist nie eine leichte Aufgabe, selbst wenn sie aus einer Familie stammen und auf dem Weg zu einem gemeinsamen Mittagessen sind, aber wenn sie auf dem Weg zur Arbeit aus einem Bus steigen, sind sie wie eine aufgescheuchte Herde. Doch ich hatte Glück und Jamie Gallacher auch. Ich fand eine fünfundzwanzigjährige Marketing-Managerin, die für eine internationale Computerfirma in der Avenida Cinco de Outubro arbeitete. Sie hatte gesehen, wie ein Mann das Mädchen geschlagen hatte, das daraufhin weiter die Avenida Duque de Ávila hinuntergegangen war. An der Ampel hatten drei Wagen gehalten. Der erste war klein und silbern gewesen, der zweite groß und dunkel, der dritte weiß. Der Fahrer des zweiten Wagens hatte sich über den Beifahrersitz gebeugt und etwas gerufen. Das Mädchen war auf die Straße getreten, und sie hatten kurz miteinander geredet. Dann war die Ampel umgesprungen, der silberne Wagen war angefahren, und das Mädchen war auf der Beifahrerseite eingestiegen. Der Wagen hatte die Avenida Cinco de Outubro überquert und war weiter in Richtung des Gulbenkian-Museums und des Museums für Moderne Kunst gefahren.
    »Haben Sie erkannt, was für ein Auto es war?«
    »Ich habe eigentlich die ganze Zeit das Mädchen beobachtet«, sagte sie. »Ich hatte gesehen, wie er sie geschlagen hat, und wäre eingeschritten, wenn er sie weiter belästigt hätte. Doch das tat er nicht. Er stieß gegen ein parkendes Auto und löste die Alarmanlage aus.«
    »Hat das Auto, in das das Mädchen eingestiegen ist, teuer ausgesehen?«
    »Es war neu, und die Scheiben waren getönt … mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Sie können ja meinen Kollegen fragen, der es auch gesehen hat. Als Mann weiß er wahrscheinlich, was für ein Wagen es war.«
    Der Kollege erinnerte sich an das Auto und war sich absolut sicher, dass es ein schwarzer Mercedes gewesen war.
    »Meinen Sie, Sie könnten mir Serie und Modell nennen, wenn ich Ihnen ein paar Kataloge schicken lasse?«
    Er zog ratlos die Brauen hoch.
    Ich notierte mir die Telefonnummern der beiden und ging zu Fuß zum Gebäude der Polícia Judiciária. Dabei machte ich einen kleinen Umweg, um zu Luísas Mansardenfenster hochzublicken. Ich wusste, dass sie nicht zu Hause war, aber ich wollte es genießen, jung und albern zu sein, wobei mir leider nur Letzteres gelang.
    Ich schaute in der Personalabteilung des Polizeigebäudes vorbei, um Jorges Hinweis auf den Privatdetektiv nachzugehen, der Catarina in der Pensão Nuno hinterhergeschnüffelt hatte. Ich fragte einen der älteren Kollegen, ob er pensionierte Polizisten kannte, die jetzt private Aufträge erledigten. Er gab mir eine Liste mit sechs Namen.
    »Weißt du von einem oder mehreren dieser Typen, wie sie aussehen?«
    »Bei fast allen. Wenn ich sie nicht persönlich gesehen habe, kenne ich zumindest ihr Foto.«
    »Klein, untersetzt, graue Haare, kein Bart, braune Augen … trägt einen schwarzen Hut mit schmaler Krempe, den er nie abnimmt.«
    »Lourenço Gonçalves. Er hat eine Glatze und ein rotes

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