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Tod in Lissabon

Tod in Lissabon

Titel: Tod in Lissabon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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Feuermal auf dem Kopf, deshalb nimmt er den Hut nie ab.«
    »Hast du auch eine Telefonnummer von ihm?«
    Er gab mir den vollständigen Namen und meinte, ich solle im Telefonbuch nachsehen.
    Ich ging in mein Büro. Carlos hatte den Durchsuchungsbefehl für Valentims Lagerraum. Ich trug ihm auf, die Mercedes-Broschüren zu besorgen und in der Computerfirma vorbeizubringen, und ließ Jamie Gallacher aus den tacos holen. Während der Wärter ihn brachte, rief ich Lourenço Gonçalves’ Wohnung in Benfica an, doch es nahm niemand ab.
    Ich versuchte, Gallacher weitere Informationen über den Wagen zu entlocken. Er war in schlechter Verfassung, wirkte jedoch erleichtert und hilfsbereit. Als ich merkte, dass er anfing zu fantasieren, ließ ich ihn zurück in seine Zelle bringen.
    Ich setzte mich an meinen Schreibtisch und verfasste in eineinhalb Stunden einen sechsseitigen Bericht über die bisherige Ermittlung. Kurz bevor ich fertig war, kam Carlos herein und verkündete, dass der Wagen als ein Modell der C-Klasse identifiziert worden war. Ich schloss den Bericht ab, sammelte die Aussageprotokolle und schickte alles zusammen zu Narciso. Danach versuchte ich erneut erfolglos, Gonçalves zu erreichen. Er musste auch eine Geschäftsadresse haben, doch mir fehlte die Energie, der Sache nachzugehen.
    Um halb zwölf saß ich vor Narcisos Schreibtisch und sah zu, wie er seine SG Gigantes rauchte und meinen Bericht behutsam betastete, als wäre er ein Wertgegenstand. Dann trat er ans Fenster. Er war ein kleiner Mann Mitte vierzig, der so viel Sorgfalt auf seine Erscheinung verwandte, dass man denken konnte, er sollte jeden Moment im Fernsehen auftreten. Selbst bei hoher Luftfeuchtigkeit klebte sein Hemd nie an seinem Rücken, und seine Ärmelfalten waren immer gestochen scharf. Er sah cooler und mächtiger aus als jeder andere Polizist im Gebäude.
    »Wie läuft es mit Agente Pinto?«, fragte er, ein Thema, das ich schon fast wieder vergessen hatte.
    »Mit Agente Pinto ist alles in Ordnung, er wird einmal ein guter Polizist werden.«
    »Beantworten Sie bitte meine Frage, Inspektor.«
    »Ich weiß, dass ihn keiner mag.«
    »Und Sie?«
    »Ich habe keine Probleme mit ihm.«
    »Ich habe gehört, dass es am Samstagabend gegenüber eine Schlägerei gegeben hat. Sie haben sich die Hand verletzt.«
    »Und das war nicht seine erste handgreifliche Auseinandersetzung?«
    »Ich bin bloß überrascht, dass Sie ihn mögen.«
    »Eine schwierige Persönlichkeit, aber das stört mich nicht.«
    Narciso wandte mir sein glattes, attraktives Gesicht zu, das im Laufe des sonnigen Wochenendes eine Spur dunkler geworden war, ohne deshalb freundlicher zu wirken – es war reglos und kühl wie eh und je.
    »Das Einzige, was mir an Ihrem Bericht Sorge bereitet, ist Senhora Oliveiras haltloser Vorwurf des Missbrauchs.«
    »Ich nehme an, sie hat keine Anzeige erstattet.«
    »Nein, das hat sie nicht«, sagte er. »Sie ist gestern gestorben.«
    »So wie Sie das sagen, hört es sich an wie ein natürlicher Tod.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Überdosis«, sagte er. »Sie wurde in ihrem Wagen gefunden, in einer Straße in São João do Estoril, etwa dreihundert Meter vom Haus einer Freundin entfernt, bei der sie übernachtet hatte.«
    »Wie rücksichtsvoll«, sagte ich und spürte die Last einer weiteren Schuld auf meinen Schultern.
    »Wir untersuchen die Angelegenheit.«
    »Wer untersucht sie?«
    »Inspektor Abílio Gomes.«
    »Bitten Sie ihn, sich von Dr. Aquilino Dias Oliveira über jede Minute seines Samstagabends Rechenschaft ablegen zu lassen.«
    »Womit wir wieder bei Ihrem Bericht wären.«
    »Der Anschuldigung, meinen Sie.«
    »Eine Anschuldigung, die eine psychisch instabile Frau, die bereits wegen einer Barbiturat-Abhängigkeit behandelt worden ist, informell und ohne jegliche Beweise gegenüber einem nicht zuständigen Beamten geäußert hat.«
    »Hat das Hausmädchen irgendetwas gesagt?«
    »Meines Wissens nicht.«
    »Es gehört also Ihrer Ansicht nach nicht in einen offiziellen Ermittlungsbericht?«
    »Sie haben bisher gute Arbeit geleistet, Inspektor. Lassen Sie uns sehen, was sich in Valentim Ameidas Schuppen findet. Ich möchte unverzüglich Ihren Bericht sowie das Protokoll seiner anschließenden Vernehmung lesen.«
    Ich schnappte mir Carlos, besorgte uns einen Wagen und fuhr nach Norden Richtung Odivelas. Am Campo Grande standen wir eine halbe Stunde im Stau. Ich berichtete ihm von Teresa Oliveira, was uns beide mehrere Minuten verstummen

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