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Tod in Lissabon

Tod in Lissabon

Titel: Tod in Lissabon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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Blick zu Carlos, der ihr auch nicht weiterhalf.
    »… dass wir uns nicht gut verstanden haben.«
    »Mütter und Töchter müssen nicht immer …«
    »… Rivalinnen sein«, beendete sie den Satz für mich.
    »Rivalinnen?«, fragte ich, und sie bemerkte meine Überraschung.
    »Ich glaube kaum, dass Ihnen das dabei helfen wird, Catarina zu finden.«
    »Ich wüsste gern mehr über ihren psychischen Zustand. Ob sie dazu neigt, sich in gefährliche Situationen zu begeben. Sie ist ein selbstbewusstes Mädchen. Das hätte des Beginn einer …«
    »Wie kommen Sie darauf, dass sie selbstbewusst ist?«
    »Sie ist Sängerin in einer Band … das erfordert doch Selbstbewusstsein.«
    »Es war keine besonders erfolgreiche Band«, sagte sie und wechselte das Thema. »Ja, Sie haben Recht, sie kann älter wirken, als sie ist.«
    »Haben Sie das mit ›Rivalinnen‹ gemeint?«
    Unsere Blicke trafen sich, doch sie hielt meinem nicht lange stand. Sie schien sich am Couchtisch abzustützen, indem sie mit ihren beringten Fingern darauf trommelte.
    »Ich habe nicht … Ich frage mich, was er Ihnen erzählt hat«, sagte sie mit einem Blick zur Tür.
    »Erzählen Sie mir einfach, was geschehen ist.«
    »Hat er Ihnen erzählt, dass ich Catarina mit meinem Bruder im Bett erwischt habe?«
    »Warum sollten Sie das als Rivalität empfinden?«
    »Er ist zweiunddreißig Jahre alt.«
    »Aber er ist Ihr Bruder.«
    »Ich sehe keinen Grund, warum ich die Ängste einer mittelalten Frau mit einem Mann diskutieren sollte, der meine vermisste Tochter sucht. Tatsache ist, wenn sie ihn kriegen kann …«
    »Das hat Ihr Mann auch gesagt.«
    »Das ist doch zwecklos.«
    »Vielleicht könnte Ihr Bruder uns helfen …«
    »Ich weiß nicht, was das bringen sollte … Ich habe Catarina nicht mit meinem Bruder im Bett erwischt. Es war mein Liebhaber«, sagte sie kühl, nachdem sie ihr Versteckspiel aufgegeben hatte.
    »Treffen Sie den Mann noch?«
    »Sind Sie verrückt, Inspektor?«
    »Und Ihre Tochter?«
    Schweigen.
    »Das weiß ich nicht«, sagte sie nach einer Weile.
    »Ich werde mit ihm sprechen müssen«, sagte ich.
    Carlos gab ihr das Notizbuch. Sie schrieb grimmig und setzte einen Punkt, der sich bis zum Einband durchgedrückt haben musste.
    »Wie hat Ihr Mann es herausgefunden?«
    Sie reckte das Kinn wie ein Boxer, der jetzt alles einstecken konnte. Wahrheiten, Halbwahrheiten und Lügen gingen ihr durch den Kopf.
    »Sie können sich die Atmosphäre in diesem Haus vorstellen … zwischen mir und Catarina. Mein Mann hat mit ihr geredet. Er kann gut mit Worten umgehen. Er hat es ihr entlockt.«
    »Hat sie Ihren Liebhaber … Paulo Branco verführt?«
    »Es heißt, zartem jungem Fleisch zu widerstehen sei schwer«, sagte sie gequält.
    »Ihre Tochter hat auch Drogen genommen. Ihr Mann weiß von Haschisch. Wissen Sie, ob sie auch härtere Sachen nahm?«
    »Ich könnte den Unterschied nicht benennen. Ich habe nie Drogen genommen.«
    »Aber Sie wissen, wie Sie sich fühlen, wenn Sie eine Schlaftablette nehmen, Senhora Oliveira?«
    »Ich schlafe ein.«
    »Am nächsten Morgen, meine ich.«
    Sie blinzelte.
    »Fühlen Sie sich nicht irgendwie isoliert, auf Distanz zur wirklichen Welt? Ist Ihnen nie etwas Ähnliches an Catarina aufgefallen oder möglicherweise auch das Gegenteil? War sie nervös, hyperaktiv, überdreht?«
    »Das weiß ich wirklich nicht«, sagte sie.
    »Heißt das, Sie haben nichts bemerkt, oder …?«
    »Das heißt, dass es mir in letzter Zeit egal war.«
    Danach sagte lange niemand etwas, und die Klimaanlage machte ihre Präsenz geräuschlose spürbar.
    »Woher hatte sie das Geld?«, fragte ich.
    »Ich habe ihr fünftausend Escudos die Woche gegeben.«
    »Was ist mit Kleidung?«, fragte ich.
    »Ich habe ihre Kleidung gekauft bis … bis zum letzten Jahr«, sagte sie.
    »Haben Sie die Sachen gekauft, die sie anhatte?«
    »Den Rock nicht. So etwas Kurzes hätte ich ihr nie gekauft. Er bedeckte ja kaum ihren Slip, aber so ist halt die Mode …«
    »Kommt sie gut in der Schule zurecht?«
    »Ich habe nichts Gegenteiliges gehört.«
    »Keine Probleme mit Fehlstunden?«
    »Das hätte man uns bestimmt mitgeteilt. Jedes Mal, wenn ich sie dort abgesetzt habe, ist sie hineinspaziert wie ein Lämmchen.«
    »Entschuldigen Sie mich einen Augenblick«, sagte ich und ging hinaus.
    Ich fand Dr. Oliveira in seinem Arbeitszimmer. Er rauchte eine Zigarre und las den Diário de Notícias . Ich sagte, dass ich seiner Frau Catarinas Tod jetzt mitteilen wolle, und fragte

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