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Tod in Lissabon

Tod in Lissabon

Titel: Tod in Lissabon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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entwickelt er sich bloß in eine Richtung.«
    »Die Briten werden Ihnen nie so viele Tonnen abnehmen können wie wir.«
    »Trotzdem kaufen sie. Um Sie vom Markt auszuschließen.«
    »Was halten Sie vom aktuellen Wolfram-Preis?«, fragte Felsen.
    »Er ist hoch.«
    »Kaufen Sie?«
    Abrantes rutschte auf seinem Stuhl hin und her.
    »Ich habe Vorräte«, sagte er. »Der Preis steigt.«
    »Wenn sich der Wolfram-Preis, wie Sie sagen, nur in eine Richtung entwickelt, werden Sie zwar teurer verkaufen können, aber auch teurer einkaufen müssen … das heißt, wenn Sie am Markt bleiben wollen.«
    Abrantes schielte mit seinem im Schatten liegenden Auge über seine wie aus Granit gemeißelte Nase.
    »Was schlagen Sie vor, Senhor Felsen?«
    »Ich schlage vor, dass Sie Ihren Wolfram-Verkauf auf meine Rechnung ausdehnen.«
    »Ich habe keine Zweifel daran, dass Sie das Geld haben, aber haben Sie auch eine Vorstellung, wie Sie das schaffen wollen?«
    »Vielleicht kennen Sie das Land besser als ich.«
    Abrantes stopfte ein Stück Brot und Käse in den Mund und spülte es mit aguardente hinunter.
    »Eine Menge von dem Wolfram, das zu mir gebracht wird, ist nicht rein«, sagte er. »Es ist mit Quarz und Eisenkies durchsetzt. Wenn wir Fabriken errichten, um das Wolfram zu reinigen, bekommen wir mehr Mineralien und können Qualität garantieren.«
    Felsen nickte.
    »Ich müsste die finanzielle Kontrolle behalten«, sagte Abrantes. »Ich will nicht für jeden Stein, den ich kaufe, um Erlaubnis fragen, und ich möchte einen Anteil an den Profiten oder, wenn es keine Profite gibt, eine garantierte Beteiligung am Umsatz.«
    »Wie viel?«
    »Fünfzehn Prozent.«
    Felsen stand auf und ging zur Tür.
    »Das können Sie vielleicht auf eigene Rechnung mit kleinen Umsätzen erreichen, aber für die Mengen, von denen ich spreche, kann ich Ihnen nicht einmal annähernd so viel anbieten.«
    »Von was für Umsätzen reden wir denn?«
    »Eher tausende als hunderte von Kilos.«
    Der Portugiese überschlug das im Kopf.
    »Wenn ich mich mit Ihnen zusammentue, bin ich weg vom Markt …«
    »Ich werde Sie nicht daran hindern, weiter auf eigene Rechnung zu handeln.«
    »Wie lange werden Sie am Markt aktiv sein? Ich habe keine Garantie, dass Sie …«
    »Senhor Abrantes. Dieser Krieg … dieser Krieg, für den wir das ganze Wolfram brauchen, wird alles ändern. Wissen Sie, was in Europa geschieht? Deutschland kontrolliert alles von Skandinavien bis nach Nordafrika, von Frankreich bis nach Russland. Die Briten sind erledigt. Deutschland wird die europäische Wirtschaft kontrollieren, und wenn Sie mit mir zusammenarbeiten, werden Sie ein Freund Deutschlands sein. Um Ihre Frage zu beantworten, Senhor Abrantes: Wir werden auf dem Markt bleiben, solange Sie, Ihre Kinder und Kindeskinder leben, und noch länger.«
    »Zehn Prozent.«
    »Einen solchen Anteil kann das Unternehmen nicht verkraften«, sagte Felsen und wandte sich zur Tür.
    »Sieben.«
    »Ich glaube, Sie verstehen nicht, wohin sich dieses Geschäft entwickeln wird, Senhor Abrantes. Sonst wüssten Sie, dass ein einziges Prozent Sie zum reichsten Mann in der Beira machen würde.«
    »Kommen Sie, setzen Sie sich«, sagte er. »Wir können darüber reden. Wir müssen essen. Mittlerweile müssen Sie wissen, wie wichtig es für uns ist, zu essen.«
    »Ich weiß«, sagte Felsen und nahm wieder Platz.
    Das Mädchen brachte einen sämigen Eintopf mit Schweinefleisch, Leber und Blutwurst, stellte weiteres Brot und einen Krug Rotwein auf den Tisch. Die beiden Männer aßen allein. Abrantes erklärte Felsen, dass das Gericht sarrabulho hieß und das Beste war, was das Mädchen von ihrer Mutter gelernt hatte.
    Joaquim Abrantes mochte irgendwann einmal ein Bauer gewesen sein, doch das war er jetzt nicht mehr. Das bedeutete keineswegs, dass er lesen oder schreiben konnte, wie Felsen bei ihrer Verhandlung über eine Vereinbarung feststellte. Er besaß das Haus, an das sich seitlich und rückwärtig zwei weitere anschlossen. Er hatte Vieh, er genoss guten Wein und gutes Essen. Er hatte seine junge Frau. Er war auf seltsame Weise primitiv. Wenn sich ihre Blicke manchmal kurz trafen, hatte Felsen das Gefühl, auf den Kopf eines Bullen zu starren. Der Mann hatte überraschende Einsicht in wirtschaftliche Zusammenhänge und Zahlen, jedoch keinerlei Begriff von Landkarten oder Entfernungen, die er nicht selbst zurückgelegt hatte. Er hatte einen ausgeprägten Machtinstinkt und mochte niemanden außer seinem alten, halb

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