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Tod in Lissabon

Tod in Lissabon

Titel: Tod in Lissabon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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feuchten Händen das Gesicht ab. Dann schüttelte ich meine Hände trocken, rückte meine Krawatte zurecht und zog meine Jacke aus. Auch bei geschlossenen Fensterläden war es stickig und heiß.
    »Dann lass mal hören, Valentim.«
    »Sie wissen, was passiert ist.«
    »Ach, plötzlich weißt du, warum wir hier sind«, sagte ich. »Aber ich möchte es von dir hören. Du hast es arrangiert. Du hast Bruno erzählt, dass Catarina auf so etwas stehen würde. Jetzt erzähl du deine Version.«
    »Sie sagte, sie wollte es ausprobieren … aber nur mit jemandem, den sie kannte.«
    »Das hat sie gesagt? Sie hat dir den Vorschlag gemacht? Eine Fünfzehnjährige einem Zwanzigjährigen?«
    »Zweiundzwanzig«, sagte er und wartete einen Moment ab. »Das hat Sie ins Grübeln gebracht, was, Inspektor?«
    »Dass deine Mutter fünfzehn war, als sie dich bekommen hat? Na und? Das ist noch lange kein flotter Dreier. Das ist der Fehltritt eines jungen Mädchens.«
    Der Hass des Jungen, dessen Leben als ein Fehler begonnen hatte, war förmlich mit Händen zu greifen. Er ließ den Kopf sinken, doch als er ihn wieder hob, lag ein Lächeln in seinem Blick.
    »Vielleicht sind die Mädchen heutzutage älter«, sagte er. »Was wissen Sie schon?«
    »Ich habe eine Tochter, die nicht viel älter ist als Catarina.«
    »Und Sie wissen, was in ihrem absolut jungfräulichen Kopf abgeht?«
    »Jedenfalls kein flotter Dreier.«
    »Um so sicher zu sein, müssen Sie schon mit ihr darüber geredet haben.«
    »Halt die Klappe«, sagte ich und spürte, das ich kurz vorm Überkochen stand.
    »Jedenfalls wissen Sie bestimmt, dass Mädchen heutzutage nicht mehr so verwirrt und unsicher sind … über das, was sie wollen.«
    »Und was glaubten sie früher zu wollen?«, fragte Carlos und rettete mich.
    »Die große Liebe.«
    »Und heutzutage?«
    »Heute wissen sie, dass es auch Sex ohne Liebe gibt, und das interessiert sie«, sagte Valentim. »Ich bin kein Revolutionskind wie der Inspektor. Ich habe den Katholizismus und das traditionelle salazaristische Familienethos nicht mit der Muttermilch eingesogen, keine Frauen am Arbeitsplatz, keine Titten und Ärsche auf der Straße …«
    »Wenn das eine Rechtfertigung sein soll«, sagte Carlos, »dann komm zum Punkt.«
    »Es ist keine Rechtfertigung, sondern lediglich eine Meinung, warum ein Mädchen von heute, ein Mädchen wie Catarina, die bestimmt keine Jungfrau mehr war, den Vorschlag machen konnte, den sie gemacht hat, und warum der Kommissar das bezweifelt.«
    »Wie kommt es, dass die nächste Generation immer denkt, sie hätte den Sex erfunden?«
    »Nicht erfunden, bloß revolutioniert.«
    Schweißtropfen juckten unter meinem Kragen und schickten sich an, meine Wirbelsäule hinunterzulaufen. Dieser Valentim ging mir unter die Haut wie eine tückische Mangofliege in Guinea.
    »Was war es denn, das du in Catarinas Stimme gehört hast, dass du ihr nachgelaufen bist?«
    »Talent.«
    »Es muss doch noch etwas anderes gewesen sein, dass der große Valentim, dem immer alle Mädchen nachlaufen, von sich aus …«
    »Sie hatte blonde Haare und blaue Augen, was in Portugal ziemlich ungewöhnlich ist. Ich wollte eine Abwechslung.«
    Eine Zeit lang sagte niemand etwas. Valentim zog die Augenbrauen hoch.
    »Ich möchte, dass du noch eine Weile über die Frage nachdenkst, während du uns erzählst, was in diesem Raum geschehen ist. Dafür bist du doch intelligent genug, oder?«
    »Wo soll ich anfangen?«
    »Wann habt ihr die Drogen genommen?«
    »Sobald wir hier waren. Bruno hatte einen Joint, den wir geraucht haben. Ich hatte ein paar Pillen. Wir haben jeder eine genommen … damit Sie nicht fragen müssen.«
    »Woher hattest du das E?«
    »Von der Straße.«
    »Nicht von Teresa?«, fragte ich.
    »Nun, ich bin sicher, dass Teresa Ihnen bei Ihren Ermittlungen schon sehr hilfreich war, deshalb sollen Sie sie meinetwegen haben. Ja, die Tabletten waren von Teresa.«
    »Welche Wirkung hatte das E?«, fragte Carlos.
    »Es enthemmt einen, es macht einen verliebt in die Menschen, die man liebt.«
    »Und am Ende fickt man sich selbst«, sagte Carlos zufrieden.
    »Vielleicht würden Sie das tun, Agente«, sagte Valentim.
    »Sieht das Zimmer noch genauso aus wie gestern?«
    »Der Stuhl stand zehn Zentimeter weiter rechts«, sagte er.
    Ich rollte schweigend meinen Hemdsärmel auf und entblößte einen spitzen braunen Ellenbogen.
    »Okay, okay«, sagte er und hob die Hände, »wir haben das Bett verschoben.«
    »Zeig es uns.«
    Er schob

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