Tod in Lissabon
Schmidt mit seinen hundert Kilo ins Rutschen gerät, reißt er noch die halbe Rückfront ein.«
Er lächelte, als wäre sein Mund eine frische Schnittwunde, wandte sich ab und schnupperte erneut. Sie mochte ihn nicht. Für einen Gestapo-Mann wirkte er ein wenig zu intelligent. Was war mit den Tölpeln passiert? Waren die alle nach Stalingrad geschickt worden?
Eva nahm in ihrem Wohnzimmer Platz und rammte ihre Hände in die Manteltaschen. Schmidt lehnte sich an den Türrahmen und beobachtete, wie Müller sich weiter den Flur hinuntertastete.
»Sagen Sie ihm, dass er in den beiden letzten Zimmern nach hinten heraus aufpassen muss. Man spürt es an den Bodendielen.«
Schmidt sah sie an, nickte und wandte sich wortlos wieder ab. Sie wollte rauchen, wagte jedoch nicht, die Hände aus den Taschen zu nehmen, weil sie, so wie sich ihr Magen anfühlte, garantiert zittern würden.
»Er riecht sie zuerst«, sagte Schmidt nach einer Weile.
»Was?«
»Juden«, sagte Schmidt. »Er sagt, sie riechen nach ranzigem Käse.«
»Sagen Sie ihm, dass ich was in der Küche habe.«
»Juden?«, fragte er sachlich.
»Käse«, sagte Eva. »Ich möchte nicht, dass er die ganze Wohnung demoliert, bloß weil ich ein Stück Gruyère in der Küche habe, das mir vor sechs Wochen jemand geschenkt hat.«
»Hält der sich nicht?«, fragte er. »Gruyère.«
»Wo finden die bloß Leute wie Sie?«
Er stieß sich vom Türrahmen ab und durchquerte beunruhigend behände das Zimmer, als hätte er genug Höflichkeiten ausgetauscht und würde nun die üblichen Methoden anwenden. Er stützte seine fleischigen Arme auf die Lehnen ihres Sessels und beugte sich so dicht über sie, dass sie die Stoppeln über seiner Oberlippe studieren konnte.
»Sie haben nette Beine«, sagte er.
»Ganz im Gegensatz zu Ihren Manieren.«
»Ich hoffe, dass wir Sie in die Prinz-Albrecht-Straße bringen«, sagte er, blickte in ihren Schoß und wieder in ihre Augen. »Dort können wir machen, was wir wollen.«
»Schmidt!«, brüllte Müller aus dem hinteren Teil der Wohnung, und Eva fuhr zusammen. »Kommen Sie hierher!«
Schmidt lächelte und löste sich von dem Sessel. Er ging den Flur hinunter, während Eva unter ihrem Mantel eine Hand zwischen ihre Beine drückte und die Schenkel zusammenkniff, um sich nicht in die Hose zu machen. Ihre Eingeweide bebten.
»Halten Sie meinen Gürtel fest«, sagte Müller.
»Der Fußboden ist komplett hinüber«, sagte Schmidt mit dem fachmännischen Blick eines Bauingenieurs.
Eva zwang sich aufzustehen und ebenfalls den Flur hinunterzugehen.
»Seien Sie um Himmels willen vorsichtig«, sagte sie. »Bis zur Straße fallen Sie sieben Meter tief. Den Sturz überleben Sie nicht, wenn Sie nicht schon vorher von Trümmern erschlagen werden.«
»Sie macht sich Sorgen um Sie, Müller.«
Müller tastete sich vor und reckte den Hals um den Türrahmen, während Schmidt den Gürtel hielt und Eva lächelnd zuzwinkerte.
»Wahrscheinlich steht sie auf Dünne«, fügte er hinzu.
»Halten Sie Ihr Maul, Schmidt, und ziehen Sie mich wieder hoch.«
Ohne den Blick von Eva zu wenden, spannte Schmidt den Unterarm an, und wenig später tauchte Müller mit einem Satz auf und prallte gegen seine Brust. Schmidt legte einen Arm um ihn.
Dann ging er selbstbewusst zwei Schritte den Flur hinunter und betrat das Schlafzimmer zur Linken. Der komplette Boden fing an zu schlingern. Balken ächzten. Stuck und Mauerwerk bröckelten ab und fielen staubend zu Boden. Man hörte ein lautes Knacken, und Schmidt tauchte mit aschfahlem Gesicht wieder im Türrahmen auf. In der Decke über ihren Köpfen klaffte ein Riss.
»Sie verdammter Idiot«, sagte Müller und machte einen Satz zurück.
»Da drinnen ist niemand«, sagte Schmidt und ging mit zusammengekniffenen Arschbacken den Flur hinunter.
»Wir gehen jetzt.«
»Hast du nichts gerochen?«, fragte Schmidt, der seine Fassung langsam wieder fand.
»Nur die Scheiße in deiner Hose.«
Eva führte sie zurück ins Wohnzimmer. Müller war wortkarg und sichtlich wütend über den Fehlschlag. Schmidt öffnete eine Tür und drehte sich zu Eva um.
»Was ist da drinnen?«, fragte Müller und zeigte auf eine alte Truhe, die sie aus dem beschädigten Zimmer gerettet hatte. Es war keine große Truhe. Ein erwachsener Mann hätte nie darin Platz gefunden.
»Bücher«, sagte Eva. »Versuchen Sie mal, Sie anzuheben.«
Müller versuchte, die Truhe zu öffnen, doch der Deckel war verschlossen.
»Aufmachen«, sagte er.
»Ich
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