Tod in Lissabon
Ich denke, dass eine etwas verschwiegenere Vorgehensweise angezeigt ist, aber Sie sollten freie Bahn haben.«
»Woher haben Sie denn diese geheimdienstliche Information?«
»Es ist keine geheimdienstliche Information, sondern lediglich eine Beobachtung des britischen Charakters. Sie wissen wahrscheinlich genauso wenig über Kricket wie ich. Aber man berichtet mir, es ginge vor allem um ein faires Spiel. Sie werden nach den Regeln spielen und Salazar als brave Jungs all Ihre Verstöße melden. Und Salazar wird Sie, wenn wir sein Fell weiterhin richtig streicheln, ignorieren.«
Poser nahm eine der Zigaretten, die Felsen ihm anbot, zündete sie an und steckte sie in seine Handprothese. Er nippte an seinem Kaffee, leckte sich über die Lippen und tupfte sie mit dem Taschentuch ab, als würden sie schmerzen. Dann lehnte er sich zurück und klopfte sich auf die stolzgeschwellte Brust.
»Das ist alles?«, fragte Felsen. »Sie haben mich den weiten Weg aus der Beira kommen lassen, nur um mir zu erzählen, wie brillant Sie sind?«
»Nein«, sagte Poser, »nur um ein paar von Ihren Zigaretten zu rauchen. Die Marke gefällt mir.«
Felsen sah ihn fragend an.
»Ja«, bestätigte er, »ich habe von Ihnen gelernt, Felsen. Ein Witz. Kommt in diplomatischen Kreisen selten vor.«
»Wann ist denn Ihre Hochzeit mit Salazar geplant, Poser?«
»Ich fürchte, bis zur Hochzeit wird es noch eine Weile dauern«, sagte er grinsend.
»Frohe Weihnachten, Poser.«
»Das wünsche ich Ihnen auch, Felsen«, sagte der Preuße und hob seine Prothese zu einem halben Salut. »Sie werden übrigens in meinem Büro erwartet.«
Von Posers guter Laune angesteckt, dachte Felsen für einen Augenblick, es könnte Eva sein. Doch dann stieg ein verbrannter Geruch in seine Nase. Poser riss die Zigarette aus seiner Prothese. Sie hatte ein Loch in den Handschuh gebrannt und ihn ruiniert.
»Scheiße«, sagte Poser.
»Kommt das in diplomatischen Kreisen auch eher selten vor?«, fragte Felsen.
In Posers Büro saß mit dem Rücken zur Tür, die Füße auf die Fensterbank gelegt und in die von den Palmen im Garten gefilterte, blasse Wintersonne blickend, Gruppenführer Lehrer.
»Heil Hitler«, sagte Felsen. »Was für eine Überraschung, Herr Gruppenführer, was für eine wunderbare Überraschung.«
»Verschwenden Sie nicht Ihren schwäbischen Charme an mich, Herr Sturmbannführer.«
»Sturmbannführer?«
»Sie sind befördert worden. Genau wie ich. Ich bin jetzt Herr Obergruppenführer, wenn Sie das über die Lippen bringen. Ab März operieren wir unter der Schirmherrschaft des Wirtschafts- und Verwaltungshauptamts, auch WHVA genannt, falls Ihnen das was sagt«, meinte Lehrer, um nach einer Pause hinzuzufügen: »Offensichtlich nicht.«
»Wird man jetzt auch schon befördert, wenn man die gesteckten Ziele nicht erreicht …«
»Nein, wenn man unmögliche Ziele fast erreicht. Ich weiß, dass die Bedingungen nicht leicht waren und Sie nicht die volle Kontrolle über die Operation hatten, doch Sie haben trotz alledem beträchtliche Fortschritte erzielt und, was noch wichtiger ist, Reichsführer Himmler konnte vor dem Führer glänzen und Fritz Todt ärgern, wobei Letzteres am befriedigendsten war.«
»Ich kann Ihnen nur danken, dass Sie den weiten Weg gemacht haben, um mir diese Ehre zu übermitteln, Herr Obergruppenführer.«
Lehrer nahm die Füße von der Fensterbank, drehte sich mit seinem Stuhl um und sah Felsen direkt an. Die Beförderung hatte ihre Spuren hinterlassen, der Blick unter seinen buschigen schwarzen Augenbrauen strahlte eine noch größere und brutalere Autorität aus.
»Wissen Sie, was für Temperaturen zurzeit in Russland herrschen?«
»Jetzt?«, fragte Felsen entnervt. »Gut unter null, nehme ich an.«
»Minus zwanzig Grad in Moskau. Minus dreißig, wenn Sie irgendwo in der Tundra stecken … und es wird auch nicht wärmer. Sich daran zu erinnern fällt nicht immer leicht bei fünfzehn Grad plus, dem blauen Meer, dem Kasino in Estoril und dem Champagner …«
»Die Decken …«
»Vergessen Sie die verfluchten Decken. Die Qualität war ohnehin total beschissen. Ich bin froh, richtiggehend froh, dass die britischen Bemühungen um die Vorkaufsrechte so erfolgreich waren. Jetzt vergammeln die ganzen Decken in ihren Lagern, anstatt unsere zu verpesten.«
»Dabei wirkte Poser so fröhlich.«
»Was Sie nicht wissen, ist, dass Poser eine Kopfprothese trägt. Da drin ist gar nichts echt«, sagte Lehrer. »Wissen Sie, wer an der
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