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Tod in Seide

Tod in Seide

Titel: Tod in Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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du, ich kenn’ das nicht? Du hast gerade einen halben Tag für Mercer gebetet und dir wahrscheinlich geschworen, in Zukunft netter zu mir zu sein.« Er zwinkerte mir zu und stopfte sich erneut ein Stück Sandwich in den Mund. »Also – ich habe gestern Omar Sheffields Akte gelesen.« Mike konnte sich schon wieder konzentrieren. »Er war wirklich ein Profi in dieser Sache. Der Gefängnisdirektor erhielt eine ganze Reihe von Beschwerden über ihn. Lowell Caxton hat eventuell Recht gehabt. Sieht so aus, als ob Omar sich bei den Gefängnisjuristen herumtrieb und viele der Scheidungsfälle direkt aus dem Law Journal übernahm. In einem Urteilsspruch erwähnte der Richter sogar, auf welche Privatschule die beiden Kinder gingen. Omar merkte sich das und drohte, die Kinder vor der Schule abzufangen und zu entführen. Die Frau drehte durch und gab ihrem Mann die Schuld. Dabei war es die ganze Zeit Omar, mit freundlicher Unterstützung des ehrenwerten Richters.«
    »Hat man ihn denn niemals wegen schwerer Belästigung festgenommen?«
    »Nein. Das Schlimmste, was ihm passierte, war, dass er einmal in Einzelhaft kam.« Das hieß, 23 Stunden am Tag allein in einer Zelle, und man durfte weder die Bibliothek benützen noch Post verschicken oder empfangen. »Und seine Haftentlassung verschob sich um ein paar Monate. Aber der Gefängnisdirektor sagte mir, dass es jetzt ein noch größeres Problem gibt, dank des Freedom of Information Act, des Gesetzes zur Wahrung des Rechts auf Auskunft. Die Gefangenen schreiben an Behörden wie zum Beispiel die Wahlämter und können auf Grund des Gesetzes jede Privatadresse erfragen. Ein Typ hat auf diese Weise die neue Anschrift seiner Exfreundin herausgefunden, die er sechs Jahre lang verfolgt und schikaniert hatte. Ich sag’s dir, in der Strafjustiz regieren wirklich die Affen den Zoo.« Den letzten Satz konnte man kaum verstehen, da Mike die letzten Bissen des Sandwiches verdrückte und den Senf von seinen Fingern leckte, bevor er sie an einer Serviette abwischte.
    »Habt ihr im Besucher Verzeichnis schon einen Eintrag für Denise Caxton gefunden?«
    »Bisher noch nicht, aber ich geh’s selber noch einmal durch. Vielleicht hat sie sich unter einem anderen Namen eingetragen. Hast du dir mittlerweile darüber Gedanken gemacht, wo du die nächsten Wochen bleiben wirst, wenn du nicht gerade im Büro bist?«
    Ich nickte. »Ich werde bei Jake Tyler sein. Vielleicht kannst du mich daheim vorbeifahren, damit ich mir ein paar Klamotten holen kann.«
    »Ich schick’ dir jemand anderen mit. Ich geh’ heute hier nicht weg.«
    Es hatte keinen Sinn, Mike davon abbringen zu wollen. Er würde so lange an Mercers Seite bleiben, bis die kritische Phase vorüber war, egal wie lange das noch dauern würde.
    Es war fast sechs Uhr, als eine Krankenschwester kam und uns sagte, dass sie uns zur Intensivstation bringen würde. »Er schläft jetzt. Der Doktor meinte, Sie würden ihn sehen wollen. Danach zeige ich Ihnen, wo Sie es sich bequemer machen können.«
    Mercer lag in einer Kabine direkt gegenüber der Schwesternstation. Ich konnte das Piepsen der Monitore hören, noch bevor wir die Tür erreichten, vor der zwei Zivilpolizisten Wache hielten. Ich blieb in der Tür stehen und sah auf Mercers kräftige Gestalt, die die ganze Länge und Breite des Krankenhausbettes einnahm. In seiner Nase und in einem seiner Unterarme steckten Schläuche. Er rührte sich nicht und reagierte nicht, als Mike »Hey, Kumpel« sagte, das Laken anhob, um sich den Verband um Mercers Brust anzuschauen, und ihn sanft an der Schulter streichelte.
    »Er muss sich von einer Menge Betäubungsmittel erholen«, sagte die Krankenschwester. »Ich hole sie in ein paar Minuten noch einmal. Warten Sie so lange in dem Raum dort drüben.«
    Sie führte uns den Gang hinunter in ein Zimmer, in dem schon Angehörige von anderen Patienten, die in Lebensgefahr schwebten, warteten. Mike hielt das Geplapper der nervösen Menschen um ihn herum nicht aus. »Ich gehe zu Mercer.«
    »Aber dort ist kein Platz …«
    »Dann mache ich eben Platz. Ich will mit ihm sprechen.« Er warf mir einen Blick zu, der die gleiche Wirkung hatte, als ob er »allein« hinzugefügt hätte, und ging davon.
    Ich versuchte vergeblich, nicht dauernd an die Ereignisse des heutigen Tages zu denken und mein pochendes Kopfweh zu ignorieren. Nachdem ich gerade meine Hand vor die Augen hielt, bemerkte ich nicht, wie sich zwei Männer vor mir aufpflanzten.
    »Alexandra Cooper?«
    Ich hob

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