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Tod in Seide

Tod in Seide

Titel: Tod in Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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den Kopf und sah die goldenen Dienstmarken, die sie mir vors Gesicht hielten. »Sean Iverson und Tom Bellman, Abteilung für Sonderermittlungen«, sagte einer von ihnen und deutete auf sich und dann auf seinen Begleiter. »Wir möchten, dass Sie mit uns nach unten kommen. Der Krankenhausdirektor hat uns ein Zimmer zur Verfügung gestellt, in dem wir Sie vernehmen können. Wir müssen noch einmal alles mit Ihnen durchgehen.«
    Ich stand auf und deutete den Gang hinunter. »Aber ich möchte hier bei Mercer bleiben. Wir warten darauf, dass er …«
    »Wir bleiben ja in der Nähe, Alex. Wir bringen Sie sofort wieder hierher, wenn er aufwacht.«
    »Warum arbeitet das Morddezernat nicht an diesem Fall?« Ich hatte keine Anstalten gemacht, aufzustehen, und die beiden Männer schienen genervt zu sein. Es war mir klar, dass ich langsam paranoid wurde, aber ich wollte, dass die Ermittlungen in dieser Angelegenheit von Detectives geleitet wurden, die mich kannten und die mit Mercer befreundet waren.
    »Kommen Sie schon«, sagte Iverson und drehte sich um. »Man wird so einen Fall nicht an einen Ihrer Freunde übergeben. Wir haben Befehl von oben.« Er sah über die Schulter und lächelte mich an. »Man hat uns sogar gesagt, dass Sie schwierig sein können.«
    »Ich hätte gern, dass Detective Chapman mitkommt, falls es Ihnen …«
    »Und wir hätten gern, dass er nicht mitkommt, falls es Ihnen nichts ausmacht. Er war nicht dabei, es ist nicht sein Fall, und wir würden das gern auf unsere Weise handhaben, in Ordnung, Frau Staatsanwältin?«
    Ich nahm meine Papiertüte und folgte den beiden gehorsam den Gang entlang zu den Aufzügen und hinunter in ein kleines Büro, an dessen Tür ein Schild mit der Aufschrift Sicherheitsdienst angebracht war.
    Fast drei Stunden lang quetschten mich Iverson und Bellman über alles aus, was seit meiner Rückkehr von Martha’s Vineyard gestern Vormittag geschehen war. Ich selbst hatte dies in meinen zehn Jahren als Anklägerin mit Tausenden von Zeugen gemacht, und ich war gleichermaßen beeindruckt und verärgert, welch präzise und detaillierte Informationen sie von mir verlangten. Immer und immer wieder drängten sie mich, mich an jedes Geräusch, jede Bewegung und jeden Schritt, den ich am Vormittag in der Galerie mit Mercer gemacht hatte, zu erinnern. Ich strengte alle meine Sinne an, um den Tathergang so genau wie möglich zu rekonstruieren. Auf Grund ihres unversöhnlich wirkenden Gesichtsausdrucks war ich mir sicher, dass ich irgendeinen Test nicht bestand.
    Als Iverson seinen Notizblock zuklappte und aufstand, sah ich sie mit dem gleichen fragenden Blick an, den auch ich so gut von Zeugen und Zeuginnen kannte. Da ich wusste, dass mir keiner der beiden versichern würde können, dass meine Antworten gut oder richtig gewesen waren, hielt ich den Mund.
    »Tommy wird Sie wieder hinauf zur Intensivstation bringen, Alex. Für heute wär’s das, aber wir müssen Sie bitten, in ein paar Tagen noch einmal mit uns in die Twentyfirst Street zu kommen und uns durch die Galerie zu führen, in Ordnung?«
    »Sicher. Was immer Sie brauchen.«
    Detective Bellman und ich schwiegen auf dem Rückweg. Er geleitete mich zu Mercers Kabine und verabschiedete sich mit einem Händedruck. Mike hatte einen Schreibtischstuhl aus der Schwesternstation neben das Bett gestellt. Er saß nach vorne gelehnt mit dem Rücken zur Tür. Seine Hand lag auf der von Mercer und er sprach leise. Ich konnte die Namen von Freunden hören, mit denen sie zusammengearbeitet hatten, und wusste, das Mike Polizeianekdoten erzählte, nur um mit seinem stummen Freund zu reden. Mercer lag noch genauso da wie vor einigen Stunden, als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte.
    »Hey, Mercer«, sagte Mike. »Coop ist wieder da.« Dann wandte er sich an mich: »Wo bist du gewesen, Blondie?«
    Ich erzählte ihm von der Vernehmung. »Diese Kerle müssen sie ziemlich in die Mangel genommen haben, Mercer. Sie sieht beschissen aus. Ich wünschte, du könntest sie jetzt sehen. Ich sollte mir einen deiner Infusionsschläuche ausleihen, Mann, und ihr zur Stärkung ein bisschen Dewar’s in die Venen pumpen. Wer waren die beiden?«
    »Iverson und Bellman.«
    »Verdammt, Mercer. Krieg deinen Hintern aus dem Bett. Den beiden Anfängern würde ich nicht mal einen ungedeckten Scheck anvertrauen. Haben Sie dich gut behandelt, Coop?«
    Ich nickte.
    Etwa um Mitternacht brachte uns eine Polizistin vom sechsten Bezirk ein paar Becher heiße Suppe in die

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