Tod in Seide
abzuwickeln. Aber einige Umzugslastwagen vorfahren und sie in einer Nacht- und Nebelaktion beladen zu lassen – nun, das ist mehr als seltsam.«
»Gestern Nacht?«, fragte ich. »Woher wissen Sie davon?«
»Bryan Daughtry rief mich an. Er hat noch sehr viele Kontakte zum Fuller Building.«
Ich erinnerte mich daran, dass Daughtry eine Galerie in der Fiftyseventh Street ein paar Stockwerke unterhalb der Suite der Caxtons gehabt hatte, bevor er auf Grund der Steuergeschichte ins Gefängnis musste.
»Was hat er noch gesagt?«
»Einer der Hausverwalter, der Mann, der den Frachtaufzug betreibt, dachte, er könne sich ein paar Dollar dazu verdienen, indem er Daughtry Bescheid sagte. Er hatte Recht. Bryan fuhr sofort hin und gab dem Kerl einhundert Dollar. Er hat mit eigenen Augen gesehen, was da vor sich ging. Um elf Uhr nachts wurden unter Aufsicht einer ganzen Wachmannschaft die Gemälde und Skulpturen in einen Lastwagen geladen. Aber Caxtons Angestellte hielten dicht. Kein Wort, wohin oder weshalb die Sachen weggeschafft wurden. Ich bin mir sicher, er hat ihnen ihre Loyalität gut genug bezahlt.«
»Was ich nicht verstehe ist, warum Sie oder Daughtry das irgendetwas angeht«, sagte Chapman.
»Natürlich. Deshalb war ich mir ja, wie ich vorhin sagte, nicht sicher, was ich tun sollte, als Daughtry mich mitten in der Nacht anrief. Sowohl Bryan als auch ich hatten einige Geschäfte mit Deni gemacht. Ich hatte vor kurzem mit ihr zusammen einige Gemälde auf einer Auktion ersteigert.« Er wandte sich an Mike. »Sie zweifeln doch immer, Detective. Rufen Sie bei Christie’s an. Im Mai haben wir zusammen einige zweitrangige Impressionisten erstanden, die recht günstig angeboten wurden.«
»War Lowell auch beteiligt?«
»Aber nein, überhaupt nicht. Aber viele von den Sachen, die wir kauften – nun, es war einfach sinnvoller, dass Deni sie einstweilen aufbewahrte, bis wir entschieden hatten, ob wir sie behalten oder weiterverkaufen würden. Schließlich hatte Lowell ja bewachte Lagerhäuser und war versichert. Sogar ihre Wohnung war sicherer als jeder provisorische Aufbewahrungsort, den wir hätten organisieren können. Ich brauchte nichts Schriftliches von Deni, um einzuwilligen, dass sie etwas behielt, das wir zusammen gekauft hatten. Wir hatten ja eine Beziehung, Detective. Sie hat nicht versucht, mich zu bescheißen, wenn Sie den Ausdruck verzeihen.«
»Also denken Sie, dass unter den Sachen, die Lowell jetzt wegschafft, auch Bilder sind, die Ihnen gehören?«
»Möglich. Und ich unterstelle ihm nicht einmal Absicht. Es gibt schließlich keinen Grund, warum Lowell über Denis jüngste Geschäfte im Detail Bescheid wissen sollte. Ich denke ja nur, dass es mir möglich sein sollte, mir die Sachen anzusehen, bevor er sie aus der Stadt bringt. Ich habe die Unterlagen und Rechnungen für alles. Ich bitte Sie nicht, zu entscheiden, was mir gehört und was nicht. Darum kümmert sich mein Anwalt. Er wollte, dass ich Ihnen gegenüber ein bisschen, nun, übertreibe.«
»Wie meinen Sie das?«
Wrenley rutschte nervös auf dem Stuhl hin und her. »Ich rief meinen Anwalt heute Vormittag an. Das Problem ist natürlich, dass mich Lowell weder in die Galerie noch in die Wohnung lässt; sie ist ja noch ihr gemeinsames Zuhause. Mein Anwalt schlug vor, dass ich zu Ihnen komme, Miss Cooper. Hören Sie, ich möchte nicht lügen, aber er riet mir zu schwören, dass in Lowell Caxtons Galerie Sachen sind, die Deni und mir gehören. Vielleicht könnten Sie dann eingreifen und mit einem Durchsuchungsbefehl danach suchen.« Er trommelte mit den Fingern auf der Armlehne des Sessels. »Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, was Deni mit einigen der Bilder getan hat. Ich kann nicht ›schwören‹, wo sie sind – es wäre nur eine Vermutung, aber nicht unbedingt die Wahrheit. Bryan Daughtry ist sehr hilfsbereit gewesen. Ich werde mir auch sein Lagerhaus ansehen. Vielleicht sind einige der Dinge, nach denen ich suche, dort.«
»Können Sie mir eine Liste der Sachen geben, auf die Sie Anspruch erheben?«, fragte ich.
»Ich habe jetzt keine bei der Hand, aber ich kann sie innerhalb von ein, zwei Tagen vorbereiten lassen.« Wrenley legte seine Hände auf die Knie und sah zu Boden, bevor er weitersprach. »Wenn man eine so junge und gesunde Frau wie Deni liebt, dann kann man sich einfach nicht vorstellen, dass sie eines Tages geht, die Tür hinter sich zumacht und … nie, nie mehr zurückkommt. Das Geschäftliche war wirklich das Letzte,
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