Tod in Seide
angelegte Ermittlung am Laufen haben. Es geht dabei um Preisabsprachen zwischen Auktionshäusern und Kunsthändlern. Seit Monaten schicken wir Vorladungen raus – vielleicht hast du ja den Artikel in der Times gesehen.«
»Falls ja, habe ich nicht weiter darauf geachtet. Ich erinnere mich jedenfalls nicht daran.«
»Für uns fällt das unter das Kartellgesetz. Weißt du, was Gebotsmanipulationen sind?«
»Nicht in der Kunstbranche. Erklär’s mir, Kim, und das nächste Mal, wenn dir ein Sittlichkeitsverbrechen auf Bundeseigentum auf den Schreibtisch flattert, helf ich dir dabei.« Ich sagte es nur halb im Scherz, denn alle paar Jahre behielt sich ihr Büro in der Tat die Gerichtsbarkeit über eine Vergewaltigung in einem Krankenhaus der Veterans Administration oder auf einem Militärstützpunkt vor.
»Man munkelt, dass sich einige der größten Kunsthändler der Stadt zu einem Ring zusammengeschlossen und sich abgesprochen haben, nicht gegeneinander für Gemälde zu bieten, an denen sie alle ein Interesse haben. Diese Art der geheimen Absprache hält die Preise auf Auktionen niedrig – eine illegale Einschränkung des freien Wettbewerbs. Danach veranstalten die Händler dann eine ›Endrunde‹, um es mit ihren eigenen Worten zu sagen.«
»Und das wäre?«
»Eine zweite Auktion, aber diesmal unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Der Händler, der den Zuschlag bei der öffentlichen Auktion bekam, verkauft das Gemälde für einen weitaus höheren Preis, und die Mitglieder des Rings teilen sich dann den Gewinn. Die Agenten, die das seit Jahren untersuchen, können deinem Team die ganze Sache detailliert beschreiben.«
»Irgendwelche konkreten Verbindungen zu Denise Caxton?«
»Genaues weiß man noch nicht. Aber wir haben Unterlagen sowohl von Lowell und Denise Caxton als auch von Bryan Daughtry angefordert und, offen gesagt, noch von Tausenden anderen. Alle wichtigen Galeristen werden vorgeladen – Leo Castelli, Knoedler, Pace Wildenstein, alle im Bereich zeitgenössische Kunst. David Findlay und Acquavella – Moderne und Impressionismus. Sogar an Sotheby’s und Christie’s gingen unsere unfreundlichen Briefe raus. Ich sage nicht, dass irgendjemand von denen im Verdacht steht – es gibt keine Anschuldigung, dass sie etwas angestellt oder sich an den Ausverkäufen beteiligt hätten –, aber wir versuchen, einen Eindruck von der Art und dem Umfang der Betrügereien zu bekommen.«
»Gibt es irgendwelche vorläufigen Ergebnisse?«
»Wir versinken unter einer Papierlawine: Reise- und Telefonunterlagen, Rechnungen, Korrespondenz zwischen den Auktionshäusern und einigen der Händler.«
»Kann ich mit meinen Detectives gegen Ende der Woche rüberkommen, falls wir den Fall nicht innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden aufklären?«
»Deshalb habe ich angerufen. Schließlich gibt es keinen Grund, warum du das Rad neu erfinden solltest. Sobald du die juristische Vollmacht hast, die selben Unterlagen einzusehen wie wir, können wir dir vielleicht einen Haufen Arbeit ersparen.«
»Tausend Dank, Kim. Ich ruf dich morgen oder übermorgen an.«
Da ich an meinem Schreibtisch genug zu tun hatte, um ihn bis kurz nach sechs Uhr nicht mehr zu verlassen, gelang es mir, McKinney für den Rest des Tages aus dem Weg zu gehen. Ich fuhr nach Hause, drehte meine Klimaanlage auf und füllte den Eiskübel in Erwartung des Besuchs von Mercer und Mike. Ich rief bei Lumi, dem wundervollen italienischen Restaurant drüben auf der Lexington Avenue an und reservierte für acht Uhr einen Tisch für drei Personen, nachdem ich mich vergewissert hatte, dass sie Mercers Lieblingsnudelgericht, Cavatelli mit Erbsen und Schinken, auf der Tageskarte hatten. Danach machte ich es mir vor dem Fernseher bequem, um die Abendnachrichten anzusehen. Mike, das wusste ich, würde mit Sicherheit nicht das Jeopardy-Finale um fünf vor halb acht verpassen.
Ich hatte den Portiers gesagt, dass sie die Detectives, die sie ohnehin gut kannten, einfach durchlassen sollten. Mercer traf als Erster ein, und wir waren uns einig, dass es überhaupt keinen Grund gab, mit unserem ersten Drink auf Mike zu warten. Ich mixte ihm einen Ketel One mit zwei Oliven und viel Eis und schenkte mir einen Dewar’s ein.
»Was hast du in Brooklyn rausgefunden?«
»Dass Omar noch nicht einmal auf der Welt war, als das Haus das letzte Mal bewohnt war. Der ganze Block ist ein einziger Trümmerhaufen. Die 84er-Streife hat einige Informanten in der Gegend für mich
Weitere Kostenlose Bücher