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Tod in Seide

Tod in Seide

Titel: Tod in Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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öffnete die Tür und fand die junge Frau gegen das Waschbecken gelehnt. Sie starrte ihr schmales, fast unkenntliches Gesicht im Spiegel an und fuhr sich mit dem Finger über die grünen und blauen Stellen. Ich trat neben sie und legte meinen Arm um sie. Sie drehte sich um und lehnte sich mit der unverletzten Seite ihres Gesichts an meine Schulter. Ihre Brust hob und senkte sich, als sie versuchte zu sprechen, aber vor lauter Schluchzen brachte sie keinen Satz heraus.
    »Sprechen Sie nicht, Josie. Lassen Sie es einfach raus.«
    Ihr Körper wurde immer schwerer, während sie einige Minuten lang in meinen Armen weinte. Sie löste sich aus meiner Umarmung und wusch sich das Gesicht im Waschbecken. »Puh, ich hatte bis eben keine einzige Träne geheult. Ich war so bemüht, alles richtig zu machen und kooperativ zu sein, aber jetzt bin ich völlig ausgelaugt. Es ist, als ob er mir alles genommen hat.«
    »Sie sind am Leben, Josie, und das ist das Wichtigste. Was Sie letzte Nacht getan haben war richtig, denn Sie sind mit dem Leben davongekommen. Sie werden am Ende Sieger sein. Der schwierige Teil ist, ihn zu kriegen – das ist Mercers Aufgabe. Ihn zu überführen ist mit einer Zeugin wie Ihnen überhaupt kein Problem. Wir werden Sie nicht enttäuschen – das verspreche ich Ihnen.«
    Ich führte sie zum Büro der Detectives zurück. Mercer sagte Josie, dass er sie am Montag anrufen werde, um mit ihr einen Termin zu vereinbaren, an dem sie sich die Verbrecherfotos von Sexualstraftätern ansehen würde, und wir verabschiedeten uns von ihr.
    »Jetzt müssen wir uns nur noch ausdenken, was wir dieses Wochenende mit dir machen werden. Battaglia glaubt dich auf der Insel in Sicherheit.«
    »Fahr’ mich nach Hause, und ich schwör’ dir, dass ich morgen den ganzen Tag zu Hause bleiben werde. Ich werde ausschlafen, lesen, alte Filme ansehen. Niemand weiß, dass ich in der Stadt bin. Es wird himmlisch sein.«
    Mercer rief in seinem Büro an, um zu sehen, ob es irgendwelche Nachrichten für ihn gab. Nichts. Dann rief er im Morddezernat Manhattan Nord an, um zu fragen, ob irgendeiner der Zeugen, die dieses Wochenende zurückerwartet wurden, eine Nachricht für Mike Chapman hinterlassen hatte. Von der Telefonistin erhielt er die Auskunft, dass im Laufe des Nachmittags zwei Anrufe eingegangen waren. Mercer ließ sich die Nachrichten vorlesen und bat sie, dem Lieutenant auszurichten, dass er die Sache im Griff hätte. Dann wiederholte er sie für mich. »Preston Mattox wird am Montag Nachmittag aufs Revier kommen, um mit Mike und mir zu reden. Und Marina Sette hat angerufen. Sie hat keine Nummer hinterlassen, sie sagte, dass sie aus dem Hotel auschecken musste, nachdem sie einige Drohanrufe bekommen hatte. Sie wusste nicht, wo sie Staatsanwältin Cooper erreichen könne, also fragte sie, ob Mike oder ich uns morgen Vormittag mit ihr treffen könnten.«
    »Wo? In deinem Büro?«
    Er sah auf die Notizen, die er sich in seinem Block gemacht hatte. »Sie sagte, dass sie bei einem befreundeten Künstler in Chelsea übernachtet. Dort wird gerade in einer brandneuen Galerie namens Focus eine Vernissage für Ende der Woche vorbereitet. Sie befindet sich in einem renovierten Lagerhaus auf der Twentyfirst Street, einen Block von Denis Galerie entfernt. Sie sagte, sie würde dort im Büro auf uns warten, Sonntag Vormittag um neun Uhr. Und sie will, dass wer immer die Verabredung einhält – Mike oder ich –, dich mitbringt.«
    »Warum ich?« Ich meinte es nicht wirklich ernst. Aber mein Traum von einem faulen Sonntagvormittag im Bett mit dem Kreuzworträtsel der Times verflüchtigte sich in Windeseile.
    Mercer sah von seinem Block auf. »Miss Sette sagt, dass du die Einzige bist, bei der sie sich wohl fühlt, die einzige, der sie vertraut. Sie sagt, sie hätte Informationen über den Mord an Denise Caxton, die du sicher hören möchtest.«
    20
    Ich rief das Four Seasons Hotel an, und die Rezeption bestätigte, das Marilyn Seven heute in aller Herrgottsfrühe ausgecheckt hatte.
    »Willst du, dass ich Chapman anrufe und ihn frage, ob er morgen mit uns kommt?«
    »Lass ihn mit seiner Mutter in die Kirche gehen. Ich glaube, wir sind uns gestern gegenseitig auf die Nerven gefallen. Falls es dir nichts ausmacht, würde ich gern ohne ihn gehen.«
    »Warum diese Geheimnistuerei von Miss Sette? Was meinst du?«
    »Ich weiß es nicht. Sie wollte auf keinen Fall, dass Lowell Caxton erfährt, dass sie in der Stadt ist. Natürlich fiel es ihm nicht

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