Tod in Tanger (Thriller) (German Edition)
Jahre, schätze ich.“
„Und seit wann ist Robert hier in Tanger?“
„Ich weiß es nicht, aber als ich hier angefangen habe, hattte er das Haus wohl noch nicht lange.“
Elsa machte eine unbestimmte Bewegung mit der Hand. „Er ist ein reicher Mann“, murmelte sie.
Und Aziz nickte. „Ja, sehr reich.“
„Was denken Sie über Robert?“
Aziz machte auf einmal einen ziemlich hilflosen Eindruck. In den Händen hielt er noch die Apparatur, die er zur pH-Wert-Bestimmung des Wassers gebraucht hatte. Er zuckte leicht mit den Schultern und lächelte etwas verlegen.
„Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll...“
Elsa kam in den Sinn, daß sie Aziz mit dieser Frage vielleicht überforderte. Schließlich lebte er von Robert... Aber sie bohrte dennoch weiter. Sie mußte einfach mehr über den Mann erfahren, den sie liebte und in dessen Haus sie lebte.
„Sie werden doch sicher eine Meinung über einen Mann haben, für den Sie schon seit fast drei Jahren arbeiten!“
„Ich bin sehr zufrieden hier und kann mich nicht beklagen. Ich habe einen guten Job - und nicht nur ich, sondern auch meine Frau und meine Töchter. Sie kommen hierher zum Putzen. Wir alle verdanken Mr. Jensen viel.“
„Das meine ich nicht.“
„Dann verstehe ich Sie nicht.“
„Was ist er für ein Mensch?“
„Er ist sehr verschlossen, Miss.“
„Was heißt das?“
„Daß er nicht gerne mit anderen über seine Angelegenheiten redet! Aber ist das nicht auch sein gutes Recht? Alles in allem weiß ich nicht viel über ihn, obwohl ich schon seit drei Jahren fast täglich sein Haus betrete. Etwas merkwürdig ist das schon.“ Er zuckte mit den Schultern. „Er vertraut mirimmerhin so weit, daß er mir seinen Haustürschlüssel überläßt.“
„Ich meine...“
„Hören Sie, vielleicht können wir uns ein anderes Mal ein wenig unterhalten, aber im Augenblick habe ich eigentlich alle Hände voll zu tun...“
Er wandte sich bereits halb um.
„Nur noch eins!“
„Was?“
„Womit verdient Robert sein Geld?“
„Das geht mich nichts an. Hat er es Ihnen nicht gesagt?“
„Nein.“
„Haben Sie ihn gefragt?“
„Schon, aber... Ich werde nicht schlau aus der Sache. Aus allem hier.“
„An diesen Zustand sollten Sie sich gewöhnen.“
„Weshalb?“
„Weil der Besitzer dieses Hauses einen gewissen Hang zur Geheimniskrämerei hat. Ich habe es aufgegeben, mich über irgend etwas zu wundern. Und Sie sollten dasselbe tun.“
„Ich weiß nicht...“
„Es ist ein Rat, mehr nicht.“
„Gut.“
„Stellen Sie sich eine Rose auf einem Misthaufen vor.“
„Eine Rose auf einem Misthaufen? Etwas merkwürdig, nicht?“
Aziz entblößte seine Zähne, als er ein breites Lächeln aufsetzte. „So etwas gibt es, Miss.“
„Wenn Sie es sagen.“
„Sie sollten sich an der Rose freuen, Miss - und nicht in dem Mist graben, auf dem sie gewachsen ist!“
Dann wandte er sich mit einer entschlossenen Bewegung um und ging davon.
6.
Vom Madrider Bahnhof Chamartin aus hatte Robert die Untergrundbahn genommen, war ein paar Stationen gefahren und dann an einer bestimmten Stelle ausgestiegen. Er kannte sich in Madrid aus, aber hier Ort - und vor allem in dem Hotel, vor dem er jetzt stand - war er noch nie gewesen.
Er hatte das extra so arrangiert.
Es sollte sich später niemand an ihn erinnern.
Das Hotel war eine Absteige, aber genau richtig für seine Zwecke. Man kümmerte sich in solchen Etablissements nicht besonders um die Gäste. Und ein Teil der Gäste schätzte das.
Die Fassade hätte eine Überholung dringend nötig gehabt, aber damit machte sie unter den anderen Gebäuden der Straße keine Ausnahme. Es war eine heruntergekommene Gegend.
Als Robert das schäbige, enge Foyer betrat, knarrte der Fußboden. An der Rezeption saß ein dicker Mann mit roter Trinkernase, der sich über eine Illustrierte beugte und Kreuzworträtsel zu lösen versuchte.
Robert trat näher, und blickte schließlich auf.
„Que quisiera, senor?“
Robert antwortete auf englisch. British English. Der arroganteste Tonfall, den er hervorbringen konnte.
Und wie die meisten Briten erwartete auch Robert von seinem kontinentalen Gegenüber, daß er ihn verstand.
„Ich möchte ein Zimmer.“
„No problemo, senor! Ihren Passport bitte!“
Robert holte das Dokument aus der Jackentasche und schob es über den Tisch. Der Dicke mit der roten Nase holte ein Buch hervor und trug die Nummer des Passes ein.
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