Tod in Tanger (Thriller) (German Edition)
Augenblick später standen sie am Telefon. Elsa nahm den Hörer ab. Der Schwarzbart stand naben ihr und horchte mit ihr an der Muschel.
„Hallo?“
Elsa spürte ihren Puls schlagen. Und dann hörte sie eine Stimme, die ihr eigentlich so vertraut war und ihr in diesem Moment doch so fremd vorkam.
Es war Robert.
Robert Jensen. Oder Steiner. Oder irgend jemand anderes. Was weiß ich schon über diesen Mann? dachte sie.
„Ist alles in Ordnung, Elsa?“
„Ja, sicher... Was sollte denn nicht in Ordnung sein?“
„War nur eine Frage.“
„Wo bist du jetzt?“
„Paris. Wird noch ein bißchen dauern.“
„Schade.“
„Ist leider nicht zu ändern, Elsa. Ich komme morgen oder übermorgen. Vorher rufe ich aber noch an.“
„Robert...“
„Ja?“
Elsa versuchte den Kloß herunterzuschlucken, der ihr auf einmal im Hals zu stecken schien.
„Robert, ich liebe dich.“
Eine kurze Pause folgte. Elsa sah in das Gesicht des Schwarzbarts, der nur wenige Zentimeter neben ihr stand. In seinen Augen blitzte es. Es war keine Kunst, in diesem Augenblick seine Gedanken zu lesen.
Irgend etwas schien Robert mißtrauisch gemacht zu haben. Es konnte alles mögliche sein, was nicht gestimmt hatte. Vielleicht der Tonfall in Elsas Stimme, vielleicht ein Geräusch aus dem Hintergrund, daß nicht paßte.
Elsa schluckte.
Im Gesicht des Schwarzbarts zuckte ein Muskel.
Vielleicht zwei, vielleicht auch drei Sekunden waren vergangen, dann kam das, worauf sie beide - der Schwarzbart und Elsa - aus unterschiedlichen Gründen warteten.
„Ich liebe dich auch, Elsa“, sagte Robert.
Elsa suchte nach einem Zeichen in seinem Tonfall, einem Zeichen dafür, daß er etwas bemerkt hatte. Aber was sollte er schon bemerkt haben?
Es ist eine Illusion, darauf zu hoffen! sagte sie sich selbst. Eine verdammte Illusion... Aber an irgendetwas mußte sie sich schließlich klammern - und warum nicht daran?
Es war letztlich nicht weniger vielversprechend, als auf das Wohlwollen dieser Männer zu vertrauen.
„Ich muß jetzt Schluß machen“, hörte sie wie in Trance Roberts Stimme an ihrem Ohr.
„Mach's gut.“
„Du auch.“
Robert legte auf.
Der Schwarzbart nahm Elsa den Hörer aus der Hand und hängte ihn ein. Sie sah ihm an, daß er nicht zufrieden mit ihr war. Er blickte sie mit zusammengekniffenen Augen an. Der Narbige stand etwas abseits, und Elsa war froh darüber. Er hätte sie vermutlich geschlagen. Der Schwarzbart schien weniger roh zu sein.
„Ich habe alles gemacht, wie Sie gesagt haben,“ sagte Elsa unsicher.
Der Schwarzbart nickte.
„Ja. Ich hoffe, daß er nichts gemerkt hat.“
„Hat er nicht.“
„Woher wollen Sie das so genau wissen? Einen Moment lang dachte ich...“
„Ich weiß es eben!“
Der Schwarzbart zuckte mit den Schultern.
„Na gut. Was glauben Sie, was passiert, wenn er doch Verdacht geschöpft hat?“
„Ich weiß nicht. Ich denke, er wird sofort hierher kommen und...“
„Und versuchen, Sie hier herauszuhauen?“ Er lachte. „Sie kennen diesen Mann wirklich nicht! Wenn Steiner etwas gemerkt hat, dann wird er sich sofort aus dem Staub machen.“
Er packte sie rauh am Handgelenk, so daß es schmerzte. Um seinen Mund zuckte es nervös. „Wir wären dann ziemlich sauer!“ zischte er. „Wir müßten dann nämlich mit unserer Suche wieder so gut wie von vorne anfangen!“
Jetzt meldete sich der Narbige zu Wort. Er sprach Italienisch. Elsa sah aus den Augenwinkeln, wie er dabei eine Illustrierte durchblätterte.
Was er sagte war ganz offensichtlich an den Schwarzbart gerichtet, aber Elsa fühlte instinktiv, daß es dabei um sie ging. Um sie und ihr Schicksal. Vielleicht um ihren Tod. Der Schwarzbart gab eine kurze Erwiderung.
Warum habe ich nur nie Italienisch gelernt? hämmerte es in Elsas Kopf.
„Was hat er gesagt?“ fragte Elsa den Schwarzbart.
„Daß Steiner vielleicht Ihretwegen in unsere Falle gehen wird.“ Er machte eine unbestimmte Geste. „Ich habe ihm erwidert, daß ich nach allem, was ich über Steiner weiß, ihn nicht für einen Romantiker halte.“
„Was werden Sie jetzt tun?“
„Eine Zeitlang abwarten. Was sonst?“ In der Nacht schlief Elsa nicht gut, was nicht nur darin begründet lag, daß man sie mit Handschellen an ihr Bettgestell gefesselt hatte und sie sich kaum bewegen konnte.
Es war vor allem die schreckliche Ungewißheit, die sie plagte. Noch glaubten diese Männer, daß sie ihnen zu irgendeinem Zweck
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