Tod in Wolfsburg (German Edition)
langsam
und mühsam den Kopf. »Er ist tot?«
»Das ist er. Seit gestern. Er dürfte in den späten Abendstunden
getötet worden sein.«
Philippa machte einen langen Hals, um einen Blick zu erhaschen, aber
Johanna legte rasch einen Arm dazwischen. »Ist das euer Dealer und
Vergewaltiger? Dein Freund?«
Rabea sah ihr direkt ins Gesicht. »Das ist unser Dealer und
Vergewaltiger, aber er ist nicht mein Freund.«
»Wie heißt er?«
»Ich habe kein gutes Namensgedächtnis.«
»Verstehe. Man hält schließlich dicht, nicht wahr? Über den Tod
hinaus.« Johanna nahm den Arm zurück und schob das Bild zu Philippa hinüber.
»Ist dein Namensgedächtnis vielleicht besser?«
Philippas Augen huschten über die Aufnahme. Sie stutzte, blickte
hoch und musterte dann Rabea auffällig lange von der Seite. Als die nicht
reagierte, lächelte sie. Ein seltsames Lächeln, bei dem Johanna eine Gänsehaut
bekam.
»Das ist er nicht.«
Rabeas Kopf fuhr herum. »Was redest du da? Natürlich ist er das.«
»Er ist es nicht. Diesen Typen hier habe ich noch nie gesehen und du
wahrscheinlich auch nicht.«
Rabea funkelte Philippa an. »Guck doch mal richtig hin, und denk dir
die Verletzung weg, dann siehst du, dass er es ist.«
»Er ist es nicht.«
»Selbstverständlich.«
»Nein. Du willst den Scheißkerl bloß schützen, aber bei dem Spiel
mache ich nicht mit!«
»Was? Spinnst du?«
»Ich spinne nicht, und ich lasse mich nicht länger herumstoßen,
weder von ihm noch von dir!«, blaffte Philippa mit glühenden Wangen.
»Halt einfach die Klappe, das ist besser für uns alle!«, erwiderte
Rabea.
»Besser für dich, weil du Rico raushauen und für dich alleine haben
willst, oder was? Meinst du wirklich, du kannst über alles bestimmen?«
Rabea holte aus, aber Johanna war schneller und packte ihr
Handgelenk. Zwei Sekunden später war Beran zur Stelle.
»Schluss! Hinsetzen! Ruhe!«, herrschte die Polizistin die Mädchen an
und platzierte sie mit festem Griff auf ihre jeweiligen Stühle.
Einen Moment hörte man nur das schwere Atmen der beiden. Johanna sah
von einer zur anderen.
»Hier wird niemand mehr gehauen. Und auch nicht rausgehauen«, sagte
sie leise. »Und nur zu eurer Information: Die Spurenanalyse hätte in Kürze
sowieso ergeben, dass dieser tote Mann hier, Tom Siender, nicht der
Vergewaltiger von Karen war.« Sie fasste Rabea ins Auge. »Rico also, Rc. Wo ist
er? Und wie lautet sein Nachname?«
»Ich weiß es nicht.«
»Ein Vorsprung nützt ihm gar nichts mehr. Wir werden ihn schnappen.
Was ist in der Nacht passiert?«
»Ich weiß es nicht.«
Johanna hatte vorerst genug. Sie wollte aufstehen und die Befragung
abbrechen, als es klopfte. Sie nickte Beran zu, und Reinders trat ein. Er kam
zu ihr an den Tisch und drückte ihr einen Zettel in die Hand.
»Hier ist der Text einer Kurznachricht, die unser Kandidat aus
Braunschweig gestern Abend noch losgeschickt und danach gelöscht hat, die aber
wiederhergestellt werden konnte. Sie ging laut Handyadressbuch an einen Rico
Lappa, der auch für Kaunta arbeitet«, flüsterte er. »Außerdem wurden in dem
Wagen Spuren von Kokain gefunden und, ziemlich gut versteckt, etliche
Pistolen.«
Johanna runzelte die Stirn. »Der Typ wurde totgeschlagen, aber die
Waffen hat man zurückgelassen? Hm …«
»Vielleicht waren die nur scharf auf das Kokain. Außerdem waren die
Pistolen sehr gut versteckt.«
»Na, ich weiß nicht.« Johanna war nicht überzeugt. Sie schüttelte
den Kopf und wandte sich dem Zettel zu. ›Werd sie vor Wohng abfangen, Klartext
reden. S.M. Kommt dann best. nicht
auf Idee, dummes Zeug bei Bullen zu labern. Kannst dich verlassen.T.‹
Die Kommissarin sah hoch. »Danke, Reinders, ich komme gleich.« Sie
drehte sich zu Beran um. »Mach die Papiere fertig und informiere bitte die
Eltern – die Mädchen werden dem Haftrichter vorgeführt.«
Sofia Beran nickte. »Alles klar.« Sie winkte den beiden. »Na los.«
Reinders spendierte ihr ein Essen in der Kantine, und Johanna nahm
es ohne zu zögern an. Bratwurst und Sauerkraut war nur bedingt ihr Fall, aber
wider Erwarten schmeckte es sehr gut. Eine Weile saßen sie schweigend über ihre
Teller gebeugt und langten hungrig zu. Johanna spürte, wie die Erschöpfung
durch ihren Körper kroch und ihr Gehirn lahmlegen wollte, aber es war immer
noch nicht vorbei. Sie konnte sich keine Auszeit leisten. Schließlich legte
Reinders sein Besteck beiseite und griff zu einer Papierserviette.
»Ich habe ein Zivilfahrzeug zu
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